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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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intermediaires etc. zu rein wirthschaftlichen Vorbildungsanstalten
und damit in der Universite zu einem Theile der Instruction pri-
maire
geworden, da sie keine Vorbildungs- sondern jetzt Volks- oder
Gewerbebildungsanstalten ohne öffentliche Organisation sind.

Das Recht der Lycees wird in den französischen Darstellungen
stets sehr genau in Beziehung auf den Lehrdienst und die Comp-
tabilite
behandelt; die Methodeologie und Pädagogik hat Bücheler
a. a. O. einer scharfen, aber gerechten Kritik unterzogen. Die Haupt-
punkte des öffentlichen Rechts sind:

1) Verwaltung. Unter dem Proviseur, der wieder unter dem
Recteur steht; reiner Beamteter, und seit dem Statut vom 4. September
1821 fast souveräner Herr des ganzen Lyceums. Er sollte ursprüng-
lich sowohl eine klassische als höhere gewerbliche Bildung besitzen (Dekr.
vom 17. März 1808); 31 docteurs es lettres und bachelier es scien-
ces
sein; nach der Verordnung vom 26. März 1829 genügt eines
von beiden. Der Lehrkörper der Professeurs agreges und maeitres
repetiteurs
hat gar keinen Einfluß auf die Verwaltung; er
steht vielmehr unter der beständigen Oberaufsicht des Censeur, der
zugleich das ganze Pensionnat bewacht, dem Proviseur rapportirt, und
ihn vertritt (Statut von 1821 Art. 13 ff.). Dieser steht wieder unter
dem Inspecteur (siehe oben), der unter dem Recteur de l'Academie
steht, und dieser unter dem Minister. Von irgend einer selbständigen
geistigen Thätigkeit ist dabei natürlich keine Rede.

2) Schüler. Der ursprüngliche Gedanke war, daß jedes Lycee
zugleich ein Pensionat, und als solches eine öffentliche Erziehungs-
anstalt sein sollte. Dieser Gedanke ist erhalten, nicht zum Vortheil
des Vorbildungswesens. Die Aufnahme geschieht daher auch jetzt theils
gegen Zahlung der Einzelnen, theils aber durch das streng geordnete
System der Freiplätze des Staats (bourses), welche den einzelnen
Lyceen und analog auch andern Vorbildungsanstalten verliehen wer-
den, theils als individuelle Unterstützung für die Zöglinge, theils um
die Lyceen, resp. die andern analogen Anstalten auszuzeichnen. Der
Gedanke, durch die bourses die Kluft zwischen der besitzenden Klasse,
welche die Pension zahlen können (von 950--1500 Fr. je nach der
Klasse in Paris, in den Provinzialstädten geht der Preis bis auf
600 Fr. herab) und der nicht besitzenden auszufüllen, ist als ein gänz-
lich mißlungener zu betrachten. Im Gegentheil sind die bourses da-
durch zu einem weiteren Mittel geworden, die Bildungsanstalten ab-
hängig zu machen. Daher ein tiefgreifender, zugleich socialer Unter-
schied zwischen den Eleves payants und Eleves boursiers. Die Strenge
der klösterlichen Auffassung dann modificirt durch Halbpensionate und

intermédiaires etc. zu rein wirthſchaftlichen Vorbildungsanſtalten
und damit in der Université zu einem Theile der Instruction pri-
maire
geworden, da ſie keine Vorbildungs- ſondern jetzt Volks- oder
Gewerbebildungsanſtalten ohne öffentliche Organiſation ſind.

Das Recht der Lycées wird in den franzöſiſchen Darſtellungen
ſtets ſehr genau in Beziehung auf den Lehrdienſt und die Comp-
tabilité
behandelt; die Methodeologie und Pädagogik hat Bücheler
a. a. O. einer ſcharfen, aber gerechten Kritik unterzogen. Die Haupt-
punkte des öffentlichen Rechts ſind:

1) Verwaltung. Unter dem Proviseur, der wieder unter dem
Recteur ſteht; reiner Beamteter, und ſeit dem Statut vom 4. September
1821 faſt ſouveräner Herr des ganzen Lyceums. Er ſollte urſprüng-
lich ſowohl eine klaſſiſche als höhere gewerbliche Bildung beſitzen (Dekr.
vom 17. März 1808); 31 docteurs ès lettres und bachelier ès scien-
ces
ſein; nach der Verordnung vom 26. März 1829 genügt eines
von beiden. Der Lehrkörper der Professeurs agrégés und maîtres
répétiteurs
hat gar keinen Einfluß auf die Verwaltung; er
ſteht vielmehr unter der beſtändigen Oberaufſicht des Censeur, der
zugleich das ganze Pensionnat bewacht, dem Proviseur rapportirt, und
ihn vertritt (Statut von 1821 Art. 13 ff.). Dieſer ſteht wieder unter
dem Inspecteur (ſiehe oben), der unter dem Recteur de l’Académie
ſteht, und dieſer unter dem Miniſter. Von irgend einer ſelbſtändigen
geiſtigen Thätigkeit iſt dabei natürlich keine Rede.

2) Schüler. Der urſprüngliche Gedanke war, daß jedes Lycée
zugleich ein Penſionat, und als ſolches eine öffentliche Erziehungs-
anſtalt ſein ſollte. Dieſer Gedanke iſt erhalten, nicht zum Vortheil
des Vorbildungsweſens. Die Aufnahme geſchieht daher auch jetzt theils
gegen Zahlung der Einzelnen, theils aber durch das ſtreng geordnete
Syſtem der Freiplätze des Staats (bourses), welche den einzelnen
Lyceen und analog auch andern Vorbildungsanſtalten verliehen wer-
den, theils als individuelle Unterſtützung für die Zöglinge, theils um
die Lyceen, reſp. die andern analogen Anſtalten auszuzeichnen. Der
Gedanke, durch die bourses die Kluft zwiſchen der beſitzenden Klaſſe,
welche die Penſion zahlen können (von 950—1500 Fr. je nach der
Klaſſe in Paris, in den Provinzialſtädten geht der Preis bis auf
600 Fr. herab) und der nicht beſitzenden auszufüllen, iſt als ein gänz-
lich mißlungener zu betrachten. Im Gegentheil ſind die bourses da-
durch zu einem weiteren Mittel geworden, die Bildungsanſtalten ab-
hängig zu machen. Daher ein tiefgreifender, zugleich ſocialer Unter-
ſchied zwiſchen den Elèves payants und Elèves boursiers. Die Strenge
der klöſterlichen Auffaſſung dann modificirt durch Halbpenſionate und

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[301/0329] intermédiaires etc. zu rein wirthſchaftlichen Vorbildungsanſtalten und damit in der Université zu einem Theile der Instruction pri- maire geworden, da ſie keine Vorbildungs- ſondern jetzt Volks- oder Gewerbebildungsanſtalten ohne öffentliche Organiſation ſind. Das Recht der Lycées wird in den franzöſiſchen Darſtellungen ſtets ſehr genau in Beziehung auf den Lehrdienſt und die Comp- tabilité behandelt; die Methodeologie und Pädagogik hat Bücheler a. a. O. einer ſcharfen, aber gerechten Kritik unterzogen. Die Haupt- punkte des öffentlichen Rechts ſind: 1) Verwaltung. Unter dem Proviseur, der wieder unter dem Recteur ſteht; reiner Beamteter, und ſeit dem Statut vom 4. September 1821 faſt ſouveräner Herr des ganzen Lyceums. Er ſollte urſprüng- lich ſowohl eine klaſſiſche als höhere gewerbliche Bildung beſitzen (Dekr. vom 17. März 1808); 31 docteurs ès lettres und bachelier ès scien- ces ſein; nach der Verordnung vom 26. März 1829 genügt eines von beiden. Der Lehrkörper der Professeurs agrégés und maîtres répétiteurs hat gar keinen Einfluß auf die Verwaltung; er ſteht vielmehr unter der beſtändigen Oberaufſicht des Censeur, der zugleich das ganze Pensionnat bewacht, dem Proviseur rapportirt, und ihn vertritt (Statut von 1821 Art. 13 ff.). Dieſer ſteht wieder unter dem Inspecteur (ſiehe oben), der unter dem Recteur de l’Académie ſteht, und dieſer unter dem Miniſter. Von irgend einer ſelbſtändigen geiſtigen Thätigkeit iſt dabei natürlich keine Rede. 2) Schüler. Der urſprüngliche Gedanke war, daß jedes Lycée zugleich ein Penſionat, und als ſolches eine öffentliche Erziehungs- anſtalt ſein ſollte. Dieſer Gedanke iſt erhalten, nicht zum Vortheil des Vorbildungsweſens. Die Aufnahme geſchieht daher auch jetzt theils gegen Zahlung der Einzelnen, theils aber durch das ſtreng geordnete Syſtem der Freiplätze des Staats (bourses), welche den einzelnen Lyceen und analog auch andern Vorbildungsanſtalten verliehen wer- den, theils als individuelle Unterſtützung für die Zöglinge, theils um die Lyceen, reſp. die andern analogen Anſtalten auszuzeichnen. Der Gedanke, durch die bourses die Kluft zwiſchen der beſitzenden Klaſſe, welche die Penſion zahlen können (von 950—1500 Fr. je nach der Klaſſe in Paris, in den Provinzialſtädten geht der Preis bis auf 600 Fr. herab) und der nicht beſitzenden auszufüllen, iſt als ein gänz- lich mißlungener zu betrachten. Im Gegentheil ſind die bourses da- durch zu einem weiteren Mittel geworden, die Bildungsanſtalten ab- hängig zu machen. Daher ein tiefgreifender, zugleich ſocialer Unter- ſchied zwiſchen den Elèves payants und Elèves boursiers. Die Strenge der klöſterlichen Auffaſſung dann modificirt durch Halbpenſionate und

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/329>, abgerufen am 23.11.2024.