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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Externes. Aufnahme seit Statut von 1821 mit dem achten Jahr;
Bedingung nur Lesen und Schreiben (s. Jourdain a. a. O. 30 ff.
Bücheler 475).

3) Lehrordnung. Die Geschichte dieser Lehrordnung beginnt
mit dem System der klassischen Vorbildung für alle Zweige der Be-
rufsbildung, und endet mit der vollkommenen Sonderung der klassischen
und volkswirthschaftlichen bereits in den Lyceen. Letzte, bis 1863
gültige Ordnung (Decret vom 10. April 1852). Darnach die erwähn-
ten drei Abtheilungen: 1) division elementaire: entspricht den höhern
Klassen der deutschen Volksschule; 2) division de grammaire: Elemente
der französischen, lateinischen und griechischen Sprache. Geschichte,
Geographie, Mathematik; dreijähriger Curs; 3) division superieure:
a.
erste Section: Fortsetzung der classischen Vorbildung für die Fa-
cultes des lettres; b.
zweite: Vorbereitung für die Faculte des scien-
ces;
die classische Bildung ist nicht mehr obligatorisch. Die Absicht ist
dabei wohl klar genug; die Ausführung aber ist im höchsten Grade
unklar, da man über das Verhältniß der klassischen zur gewerblichen
Bildung kein Princip hatte und hat, und doch die Freiheit der Wahl
durch den Mangel einer andern gewerblichen Vorbildungsanstalt so gut
als aufgehoben erscheint. Die großen Lücken in diesem System werden
ausgefüllt theils durch eine höchste Classe de mathematiques, theils
durch besondere Enseignements accessoires, namentlich im Zeichnen
und im Turnen. Durchstehende Prüfung als Bedingung des Ueber-
ganges von einer Klasse zur andern. Die genaue Vorschrift in der
Instruction generale vom 15. November 1854; vgl. Bücheler a. a. O.
S. 470. Die neue Ordnung von Duruy unten.

4) Lehrer. 1. Lehrerbildung. Eben so unsicher wie das
System der Lehre ist das der Lehrerbildung. Es hat eine doppelte
Grundlage. Einerseits das der systematischen Lehrerbildung in der
Ecole normale superieure, die bereits durch Decret vom 9. Brum.
an III
ins Leben gerufen, durch Decret vom 17. Mai 1808 neu
organisirt, durch Verordnung vom 6. September 1822 aufgehoben,
durch Verordnung vom 6. August 1830 wieder hergestellt, durch Ver-
ordnung vom 4. August 1848 ganz auf Kosten des Staats über-
nommen, und durch die Decrete vom 10. April 1852 und 22. August
1854 wieder neu organisirt wurden. Sie ist bestimmt, die Lehrer
der Lyceen zu bilden; ihrem Inhalte nach ist sie eine Art von Com-
bination der Faculte de lettres und des sciences, mit einer seit 1854
eingerichteten höchsten Abtheilung, welche das Doctorat für beide geben
kann. Gewöhnlicher Curs: drei Jahre, mit Abgangsprüfung; diese
gibt das Recht zum Professorat in den Lyceen. Sie steht unter der

Externes. Aufnahme ſeit Statut von 1821 mit dem achten Jahr;
Bedingung nur Leſen und Schreiben (ſ. Jourdain a. a. O. 30 ff.
Bücheler 475).

3) Lehrordnung. Die Geſchichte dieſer Lehrordnung beginnt
mit dem Syſtem der klaſſiſchen Vorbildung für alle Zweige der Be-
rufsbildung, und endet mit der vollkommenen Sonderung der klaſſiſchen
und volkswirthſchaftlichen bereits in den Lyceen. Letzte, bis 1863
gültige Ordnung (Decret vom 10. April 1852). Darnach die erwähn-
ten drei Abtheilungen: 1) division élémentaire: entſpricht den höhern
Klaſſen der deutſchen Volksſchule; 2) division de grammaire: Elemente
der franzöſiſchen, lateiniſchen und griechiſchen Sprache. Geſchichte,
Geographie, Mathematik; dreijähriger Curs; 3) division supérieure:
a.
erſte Section: Fortſetzung der claſſiſchen Vorbildung für die Fa-
cultés des lettres; b.
zweite: Vorbereitung für die Faculté des scien-
ces;
die claſſiſche Bildung iſt nicht mehr obligatoriſch. Die Abſicht iſt
dabei wohl klar genug; die Ausführung aber iſt im höchſten Grade
unklar, da man über das Verhältniß der klaſſiſchen zur gewerblichen
Bildung kein Princip hatte und hat, und doch die Freiheit der Wahl
durch den Mangel einer andern gewerblichen Vorbildungsanſtalt ſo gut
als aufgehoben erſcheint. Die großen Lücken in dieſem Syſtem werden
ausgefüllt theils durch eine höchſte Classe de mathématiques, theils
durch beſondere Enseignements accessoires, namentlich im Zeichnen
und im Turnen. Durchſtehende Prüfung als Bedingung des Ueber-
ganges von einer Klaſſe zur andern. Die genaue Vorſchrift in der
Instruction générale vom 15. November 1854; vgl. Bücheler a. a. O.
S. 470. Die neue Ordnung von Duruy unten.

4) Lehrer. 1. Lehrerbildung. Eben ſo unſicher wie das
Syſtem der Lehre iſt das der Lehrerbildung. Es hat eine doppelte
Grundlage. Einerſeits das der ſyſtematiſchen Lehrerbildung in der
École normale supérieure, die bereits durch Decret vom 9. Brum.
an III
ins Leben gerufen, durch Decret vom 17. Mai 1808 neu
organiſirt, durch Verordnung vom 6. September 1822 aufgehoben,
durch Verordnung vom 6. Auguſt 1830 wieder hergeſtellt, durch Ver-
ordnung vom 4. Auguſt 1848 ganz auf Koſten des Staats über-
nommen, und durch die Decrete vom 10. April 1852 und 22. Auguſt
1854 wieder neu organiſirt wurden. Sie iſt beſtimmt, die Lehrer
der Lyceen zu bilden; ihrem Inhalte nach iſt ſie eine Art von Com-
bination der Faculté de lettres und des sciences, mit einer ſeit 1854
eingerichteten höchſten Abtheilung, welche das Doctorat für beide geben
kann. Gewöhnlicher Curs: drei Jahre, mit Abgangsprüfung; dieſe
gibt das Recht zum Profeſſorat in den Lyceen. Sie ſteht unter der

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[302/0330] Externes. Aufnahme ſeit Statut von 1821 mit dem achten Jahr; Bedingung nur Leſen und Schreiben (ſ. Jourdain a. a. O. 30 ff. Bücheler 475). 3) Lehrordnung. Die Geſchichte dieſer Lehrordnung beginnt mit dem Syſtem der klaſſiſchen Vorbildung für alle Zweige der Be- rufsbildung, und endet mit der vollkommenen Sonderung der klaſſiſchen und volkswirthſchaftlichen bereits in den Lyceen. Letzte, bis 1863 gültige Ordnung (Decret vom 10. April 1852). Darnach die erwähn- ten drei Abtheilungen: 1) division élémentaire: entſpricht den höhern Klaſſen der deutſchen Volksſchule; 2) division de grammaire: Elemente der franzöſiſchen, lateiniſchen und griechiſchen Sprache. Geſchichte, Geographie, Mathematik; dreijähriger Curs; 3) division supérieure: a. erſte Section: Fortſetzung der claſſiſchen Vorbildung für die Fa- cultés des lettres; b. zweite: Vorbereitung für die Faculté des scien- ces; die claſſiſche Bildung iſt nicht mehr obligatoriſch. Die Abſicht iſt dabei wohl klar genug; die Ausführung aber iſt im höchſten Grade unklar, da man über das Verhältniß der klaſſiſchen zur gewerblichen Bildung kein Princip hatte und hat, und doch die Freiheit der Wahl durch den Mangel einer andern gewerblichen Vorbildungsanſtalt ſo gut als aufgehoben erſcheint. Die großen Lücken in dieſem Syſtem werden ausgefüllt theils durch eine höchſte Classe de mathématiques, theils durch beſondere Enseignements accessoires, namentlich im Zeichnen und im Turnen. Durchſtehende Prüfung als Bedingung des Ueber- ganges von einer Klaſſe zur andern. Die genaue Vorſchrift in der Instruction générale vom 15. November 1854; vgl. Bücheler a. a. O. S. 470. Die neue Ordnung von Duruy unten. 4) Lehrer. 1. Lehrerbildung. Eben ſo unſicher wie das Syſtem der Lehre iſt das der Lehrerbildung. Es hat eine doppelte Grundlage. Einerſeits das der ſyſtematiſchen Lehrerbildung in der École normale supérieure, die bereits durch Decret vom 9. Brum. an III ins Leben gerufen, durch Decret vom 17. Mai 1808 neu organiſirt, durch Verordnung vom 6. September 1822 aufgehoben, durch Verordnung vom 6. Auguſt 1830 wieder hergeſtellt, durch Ver- ordnung vom 4. Auguſt 1848 ganz auf Koſten des Staats über- nommen, und durch die Decrete vom 10. April 1852 und 22. Auguſt 1854 wieder neu organiſirt wurden. Sie iſt beſtimmt, die Lehrer der Lyceen zu bilden; ihrem Inhalte nach iſt ſie eine Art von Com- bination der Faculté de lettres und des sciences, mit einer ſeit 1854 eingerichteten höchſten Abtheilung, welche das Doctorat für beide geben kann. Gewöhnlicher Curs: drei Jahre, mit Abgangsprüfung; dieſe gibt das Recht zum Profeſſorat in den Lyceen. Sie ſteht unter der

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/330>, abgerufen am 23.11.2024.