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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Zweiter Theil: Verwaltungsrechtlicher Cursus an
der Universität. Aufnahme ohne Abgangsprüfung der
Specialfachschule, auch gegen bloße Abgangsprüfung der
Vorbildungsanstalten. Ein- bis zweijähriger Cursus. Ohne
Pflicht, aber mit dem Recht auf Abgangsprüfung.
B. Handelsschulen. Frei, mit freier Prüfung. Recht auf Theil-
nahme an dem verwaltungsrechtlichen Cursus.

Die nächste Aufgabe der auf alle diese Fragen bezüglichen Literatur
wird wohl darin bestehen, sich von dem gegenwärtigen Zustande zu
befreien, der, wie schon erwähnt, den ganz bestimmten Charakter hat,
alle Fragen durch die Untersuchung der polytechnischen zu beantworten
und mit der Organisation der letzteren dieß ganze Gebiet für definitiv
erledigt zu halten. Es ist ein großer Mangel, daß die gesammte Fachbil-
dung der Landwirthschaft, gewerblichen Kunst, Forst- und Bergwirthschaft,
und Schifffahrt so gut als gar nicht existent betrachtet wird, wo es
sich um die höchste "reale" Fachbildung handelt. Doch darf man den
Technikern diese große Einseitigkeit nicht verargen, die alle ihre Thätig-
keit in der reinen Technik oder Polytechnik erschöpfen. In der That
soll man endlich die noch vielfach vorhandene Ansicht beseitigen, als ob
die höchst untergeordnete französische Ecole polytechnique das Muster
der deutschen polytechnischen Anstalten sei. Die letzteren sind vielmehr
ein ächt deutsches Institut, dessen Wesen das Bestreben ist, die höchste
und allgemeinste wirthschaftliche Bildung speciell mit der technischen zu
verbinden, was ein entschiedener Irrthum für die Ausführung, aber
richtig für die Auffassung ist. Selbst die neueste, an Mittheilungen
reiche Schrift von Koristka über die polytechnischen Institute der
verschiedenen Länder Europas hat in dieser Beziehung von dem alten
Standpunkt sich nicht losmachen können.

Was nun das gegebene Recht und die Gesetzgebung betrifft,
so ergibt sich aus dem Obigen der Grund, weßhalb es keine Gleichheit
und Gemeinschaft der letzteren gibt; nicht einmal in den einzelnen
Staaten ist dieselbe in ein Ganzes zusammengefaßt. Da, wo sie noch
am meisten systematisch auftritt, wie in Bayern, beschäftigt sie sich
doch wieder nur mit dem technischen Element der Bildung.

Sie hat vielleicht volles Recht, in dieser Beziehung auf die Aus-
bildung eines selbständigen Lehramtes zu warten; denn hier wie immer
wird sich Deutschland für sein Bildungswesen dadurch auszeichnen,
daß es seine Gesetze nach dem Vorgange der wissenschaftlichen Behand-
lung bestimmt. Bei dieser Verschiedenheit ist nun auch eine mittelbare

Zweiter Theil: Verwaltungsrechtlicher Curſus an
der Univerſität. Aufnahme ohne Abgangsprüfung der
Specialfachſchule, auch gegen bloße Abgangsprüfung der
Vorbildungsanſtalten. Ein- bis zweijähriger Curſus. Ohne
Pflicht, aber mit dem Recht auf Abgangsprüfung.
B. Handelsſchulen. Frei, mit freier Prüfung. Recht auf Theil-
nahme an dem verwaltungsrechtlichen Curſus.

Die nächſte Aufgabe der auf alle dieſe Fragen bezüglichen Literatur
wird wohl darin beſtehen, ſich von dem gegenwärtigen Zuſtande zu
befreien, der, wie ſchon erwähnt, den ganz beſtimmten Charakter hat,
alle Fragen durch die Unterſuchung der polytechniſchen zu beantworten
und mit der Organiſation der letzteren dieß ganze Gebiet für definitiv
erledigt zu halten. Es iſt ein großer Mangel, daß die geſammte Fachbil-
dung der Landwirthſchaft, gewerblichen Kunſt, Forſt- und Bergwirthſchaft,
und Schifffahrt ſo gut als gar nicht exiſtent betrachtet wird, wo es
ſich um die höchſte „reale“ Fachbildung handelt. Doch darf man den
Technikern dieſe große Einſeitigkeit nicht verargen, die alle ihre Thätig-
keit in der reinen Technik oder Polytechnik erſchöpfen. In der That
ſoll man endlich die noch vielfach vorhandene Anſicht beſeitigen, als ob
die höchſt untergeordnete franzöſiſche École polytechnique das Muſter
der deutſchen polytechniſchen Anſtalten ſei. Die letzteren ſind vielmehr
ein ächt deutſches Inſtitut, deſſen Weſen das Beſtreben iſt, die höchſte
und allgemeinſte wirthſchaftliche Bildung ſpeciell mit der techniſchen zu
verbinden, was ein entſchiedener Irrthum für die Ausführung, aber
richtig für die Auffaſſung iſt. Selbſt die neueſte, an Mittheilungen
reiche Schrift von Koriſtka über die polytechniſchen Inſtitute der
verſchiedenen Länder Europas hat in dieſer Beziehung von dem alten
Standpunkt ſich nicht losmachen können.

Was nun das gegebene Recht und die Geſetzgebung betrifft,
ſo ergibt ſich aus dem Obigen der Grund, weßhalb es keine Gleichheit
und Gemeinſchaft der letzteren gibt; nicht einmal in den einzelnen
Staaten iſt dieſelbe in ein Ganzes zuſammengefaßt. Da, wo ſie noch
am meiſten ſyſtematiſch auftritt, wie in Bayern, beſchäftigt ſie ſich
doch wieder nur mit dem techniſchen Element der Bildung.

Sie hat vielleicht volles Recht, in dieſer Beziehung auf die Aus-
bildung eines ſelbſtändigen Lehramtes zu warten; denn hier wie immer
wird ſich Deutſchland für ſein Bildungsweſen dadurch auszeichnen,
daß es ſeine Geſetze nach dem Vorgange der wiſſenſchaftlichen Behand-
lung beſtimmt. Bei dieſer Verſchiedenheit iſt nun auch eine mittelbare

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[277/0305] Zweiter Theil: Verwaltungsrechtlicher Curſus an der Univerſität. Aufnahme ohne Abgangsprüfung der Specialfachſchule, auch gegen bloße Abgangsprüfung der Vorbildungsanſtalten. Ein- bis zweijähriger Curſus. Ohne Pflicht, aber mit dem Recht auf Abgangsprüfung. B. Handelsſchulen. Frei, mit freier Prüfung. Recht auf Theil- nahme an dem verwaltungsrechtlichen Curſus. Die nächſte Aufgabe der auf alle dieſe Fragen bezüglichen Literatur wird wohl darin beſtehen, ſich von dem gegenwärtigen Zuſtande zu befreien, der, wie ſchon erwähnt, den ganz beſtimmten Charakter hat, alle Fragen durch die Unterſuchung der polytechniſchen zu beantworten und mit der Organiſation der letzteren dieß ganze Gebiet für definitiv erledigt zu halten. Es iſt ein großer Mangel, daß die geſammte Fachbil- dung der Landwirthſchaft, gewerblichen Kunſt, Forſt- und Bergwirthſchaft, und Schifffahrt ſo gut als gar nicht exiſtent betrachtet wird, wo es ſich um die höchſte „reale“ Fachbildung handelt. Doch darf man den Technikern dieſe große Einſeitigkeit nicht verargen, die alle ihre Thätig- keit in der reinen Technik oder Polytechnik erſchöpfen. In der That ſoll man endlich die noch vielfach vorhandene Anſicht beſeitigen, als ob die höchſt untergeordnete franzöſiſche École polytechnique das Muſter der deutſchen polytechniſchen Anſtalten ſei. Die letzteren ſind vielmehr ein ächt deutſches Inſtitut, deſſen Weſen das Beſtreben iſt, die höchſte und allgemeinſte wirthſchaftliche Bildung ſpeciell mit der techniſchen zu verbinden, was ein entſchiedener Irrthum für die Ausführung, aber richtig für die Auffaſſung iſt. Selbſt die neueſte, an Mittheilungen reiche Schrift von Koriſtka über die polytechniſchen Inſtitute der verſchiedenen Länder Europas hat in dieſer Beziehung von dem alten Standpunkt ſich nicht losmachen können. Was nun das gegebene Recht und die Geſetzgebung betrifft, ſo ergibt ſich aus dem Obigen der Grund, weßhalb es keine Gleichheit und Gemeinſchaft der letzteren gibt; nicht einmal in den einzelnen Staaten iſt dieſelbe in ein Ganzes zuſammengefaßt. Da, wo ſie noch am meiſten ſyſtematiſch auftritt, wie in Bayern, beſchäftigt ſie ſich doch wieder nur mit dem techniſchen Element der Bildung. Sie hat vielleicht volles Recht, in dieſer Beziehung auf die Aus- bildung eines ſelbſtändigen Lehramtes zu warten; denn hier wie immer wird ſich Deutſchland für ſein Bildungsweſen dadurch auszeichnen, daß es ſeine Geſetze nach dem Vorgange der wiſſenſchaftlichen Behand- lung beſtimmt. Bei dieſer Verſchiedenheit iſt nun auch eine mittelbare

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/305>, abgerufen am 23.11.2024.