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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Gewerbeschulwesen empfängt seine Organisation durch das Rescript
vom 5. Juni 1850; einjähriger Kursus; Verbindung mit den der Hand-
werker-Fortbildungsschulen (zwei Klassen), Entlassungsprüfungen von
sehr zweifelhaftem Werth, Vorbereitung für das technische Gewerbe-
institut; mit der naturgemäßen geringen Berücksichtigung der allge-
meinen Bildung. Die Organisation der Realschulen auf der neuen
Grundlage durch Erlaß vom 6. Oktober 1859, mit der speciellen Be-
zeichnung, "daß sie die Vorbildung zu denjenigen Berufsarten geben
solle, für welche Universitätsstudien nicht erforderlich sind." Das
System der Prüfungen ist auch hier streng durchgeführt und denselben
für den unteren Staatsdienst bestimmte Rechte gegeben. Alles Material
in Rönne, Unterrichtswesen Bd. II. Literatur in Rönne, Staatsrecht
Bd. II. §. 451. 452.

Oesterreichs gewerbliches Vorbildungswesen hat einen etwas an-
deren Charakter. Erste Entstehung mit einzelnen Versuchen seit 1751 (mecha-
nische Lehrschule), 1776 (Realhandlungsakademie), Rottenhauers Be-
richt 1795: "die Realschulen sind die Lyceen des Bürgerstandes." Dabei
fehlen ursprünglich wie jetzt die Gewerbeschulen; die beste Arbeit über
die historische Entwicklung dieses Gebietes, nur etwas zu beschränkt auf
das technische Element, aber sonst sehr reich an Mittheilungen und
Studien, ist die Arbeit von H. Biedermann (Die technische Bildung im
Kaiserthum Oesterreich 1854). Das Gewerbeschulwesen ist noch immer
den durch die Gewerbeordnung errichteten Genossenschaften -- wohl zu
sehr -- überlassen und daher noch viel zu wenig ausgebildet, ein Be-
weis für die viel zu enge Auffassung dieses Genossenschaftswesens
(Stubenrauch Bd. II. §. 411). Das Realschulwesen ist dagegen ge-
setzlich geordnet durch Entwurf vom 6. September 1848 und Verord-
nung vom 2. März 1851 (Stubenrauch Bd. II. S. 393). Grund-
lage: Eintheilung in Unter- und Oberrealschulwesen; die zwei ersten
Jahrgänge der ersteren sind in unmittelbarer Verbindung mit der Ele-
mentarschule und vertreten die Bürgerschule, Prüfungssystem §. 55.
Die specielle, nach den Ländern verschiedene Gestalt des Realschulwesens
erschöpfend von Ficker a. a. O. S. 416 ff. nebst der (einzigen) Ge-
schichte des Realschulwesens für Oesterreich. Leider lag die genauere
Darstellung des Gewerbeschulwesens außerhalb seines Planes (S. 511.
512). Sie mangelt uns, so wie eine ausreichende Statistik. Für die
übrigen Organisationen müssen wir uns auf die betreffenden Artikel in
Schmid berufen, die übrigens leider Biedermanns Arbeit nicht kennen.

Bayern. Sonn- und Feiertagsschulen nach dem Lehrplan vom
24. April 1811; Errichtung der eigentlichen Gewerbeschulen (Ver-
ordnung vom 16. Februar 1833); weitere Entwicklung (Instruction vom

Gewerbeſchulweſen empfängt ſeine Organiſation durch das Reſcript
vom 5. Juni 1850; einjähriger Kurſus; Verbindung mit den der Hand-
werker-Fortbildungsſchulen (zwei Klaſſen), Entlaſſungsprüfungen von
ſehr zweifelhaftem Werth, Vorbereitung für das techniſche Gewerbe-
inſtitut; mit der naturgemäßen geringen Berückſichtigung der allge-
meinen Bildung. Die Organiſation der Realſchulen auf der neuen
Grundlage durch Erlaß vom 6. Oktober 1859, mit der ſpeciellen Be-
zeichnung, „daß ſie die Vorbildung zu denjenigen Berufsarten geben
ſolle, für welche Univerſitätsſtudien nicht erforderlich ſind.“ Das
Syſtem der Prüfungen iſt auch hier ſtreng durchgeführt und denſelben
für den unteren Staatsdienſt beſtimmte Rechte gegeben. Alles Material
in Rönne, Unterrichtsweſen Bd. II. Literatur in Rönne, Staatsrecht
Bd. II. §. 451. 452.

Oeſterreichs gewerbliches Vorbildungsweſen hat einen etwas an-
deren Charakter. Erſte Entſtehung mit einzelnen Verſuchen ſeit 1751 (mecha-
niſche Lehrſchule), 1776 (Realhandlungsakademie), Rottenhauers Be-
richt 1795: „die Realſchulen ſind die Lyceen des Bürgerſtandes.“ Dabei
fehlen urſprünglich wie jetzt die Gewerbeſchulen; die beſte Arbeit über
die hiſtoriſche Entwicklung dieſes Gebietes, nur etwas zu beſchränkt auf
das techniſche Element, aber ſonſt ſehr reich an Mittheilungen und
Studien, iſt die Arbeit von H. Biedermann (Die techniſche Bildung im
Kaiſerthum Oeſterreich 1854). Das Gewerbeſchulweſen iſt noch immer
den durch die Gewerbeordnung errichteten Genoſſenſchaften — wohl zu
ſehr — überlaſſen und daher noch viel zu wenig ausgebildet, ein Be-
weis für die viel zu enge Auffaſſung dieſes Genoſſenſchaftsweſens
(Stubenrauch Bd. II. §. 411). Das Realſchulweſen iſt dagegen ge-
ſetzlich geordnet durch Entwurf vom 6. September 1848 und Verord-
nung vom 2. März 1851 (Stubenrauch Bd. II. S. 393). Grund-
lage: Eintheilung in Unter- und Oberrealſchulweſen; die zwei erſten
Jahrgänge der erſteren ſind in unmittelbarer Verbindung mit der Ele-
mentarſchule und vertreten die Bürgerſchule, Prüfungsſyſtem §. 55.
Die ſpecielle, nach den Ländern verſchiedene Geſtalt des Realſchulweſens
erſchöpfend von Ficker a. a. O. S. 416 ff. nebſt der (einzigen) Ge-
ſchichte des Realſchulweſens für Oeſterreich. Leider lag die genauere
Darſtellung des Gewerbeſchulweſens außerhalb ſeines Planes (S. 511.
512). Sie mangelt uns, ſo wie eine ausreichende Statiſtik. Für die
übrigen Organiſationen müſſen wir uns auf die betreffenden Artikel in
Schmid berufen, die übrigens leider Biedermanns Arbeit nicht kennen.

Bayern. Sonn- und Feiertagsſchulen nach dem Lehrplan vom
24. April 1811; Errichtung der eigentlichen Gewerbeſchulen (Ver-
ordnung vom 16. Februar 1833); weitere Entwicklung (Inſtruction vom

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[258/0286] Gewerbeſchulweſen empfängt ſeine Organiſation durch das Reſcript vom 5. Juni 1850; einjähriger Kurſus; Verbindung mit den der Hand- werker-Fortbildungsſchulen (zwei Klaſſen), Entlaſſungsprüfungen von ſehr zweifelhaftem Werth, Vorbereitung für das techniſche Gewerbe- inſtitut; mit der naturgemäßen geringen Berückſichtigung der allge- meinen Bildung. Die Organiſation der Realſchulen auf der neuen Grundlage durch Erlaß vom 6. Oktober 1859, mit der ſpeciellen Be- zeichnung, „daß ſie die Vorbildung zu denjenigen Berufsarten geben ſolle, für welche Univerſitätsſtudien nicht erforderlich ſind.“ Das Syſtem der Prüfungen iſt auch hier ſtreng durchgeführt und denſelben für den unteren Staatsdienſt beſtimmte Rechte gegeben. Alles Material in Rönne, Unterrichtsweſen Bd. II. Literatur in Rönne, Staatsrecht Bd. II. §. 451. 452. Oeſterreichs gewerbliches Vorbildungsweſen hat einen etwas an- deren Charakter. Erſte Entſtehung mit einzelnen Verſuchen ſeit 1751 (mecha- niſche Lehrſchule), 1776 (Realhandlungsakademie), Rottenhauers Be- richt 1795: „die Realſchulen ſind die Lyceen des Bürgerſtandes.“ Dabei fehlen urſprünglich wie jetzt die Gewerbeſchulen; die beſte Arbeit über die hiſtoriſche Entwicklung dieſes Gebietes, nur etwas zu beſchränkt auf das techniſche Element, aber ſonſt ſehr reich an Mittheilungen und Studien, iſt die Arbeit von H. Biedermann (Die techniſche Bildung im Kaiſerthum Oeſterreich 1854). Das Gewerbeſchulweſen iſt noch immer den durch die Gewerbeordnung errichteten Genoſſenſchaften — wohl zu ſehr — überlaſſen und daher noch viel zu wenig ausgebildet, ein Be- weis für die viel zu enge Auffaſſung dieſes Genoſſenſchaftsweſens (Stubenrauch Bd. II. §. 411). Das Realſchulweſen iſt dagegen ge- ſetzlich geordnet durch Entwurf vom 6. September 1848 und Verord- nung vom 2. März 1851 (Stubenrauch Bd. II. S. 393). Grund- lage: Eintheilung in Unter- und Oberrealſchulweſen; die zwei erſten Jahrgänge der erſteren ſind in unmittelbarer Verbindung mit der Ele- mentarſchule und vertreten die Bürgerſchule, Prüfungsſyſtem §. 55. Die ſpecielle, nach den Ländern verſchiedene Geſtalt des Realſchulweſens erſchöpfend von Ficker a. a. O. S. 416 ff. nebſt der (einzigen) Ge- ſchichte des Realſchulweſens für Oeſterreich. Leider lag die genauere Darſtellung des Gewerbeſchulweſens außerhalb ſeines Planes (S. 511. 512). Sie mangelt uns, ſo wie eine ausreichende Statiſtik. Für die übrigen Organiſationen müſſen wir uns auf die betreffenden Artikel in Schmid berufen, die übrigens leider Biedermanns Arbeit nicht kennen. Bayern. Sonn- und Feiertagsſchulen nach dem Lehrplan vom 24. April 1811; Errichtung der eigentlichen Gewerbeſchulen (Ver- ordnung vom 16. Februar 1833); weitere Entwicklung (Inſtruction vom

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/286>, abgerufen am 10.05.2024.