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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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III. Der Inhalt dieses öffentlichen Rechts bezeichnet nun das-
jenige, was die Verwaltung in Beziehung auf den Elementarunterricht
in jenen drei Formen zu thun hat. Dieß nun bestimmt sich aus dem
Verhältniß der Elementarbildung zu der eigentlichen allgemeinsten Auf-
gabe der Verwaltung, der Entwicklung des Gesammtlebens der
geistigen Welt.

In der That wird der Elementarunterricht erst dann seiner Idee
entsprechen, wenn er seinen pädagogischen Grundgedanken nach nicht
als etwas für sich bestehendes, sondern als ein organischer Theil des
großen Bildungsprocesses erscheint, der durch den Erwerb der geistigen
Güter die Gesammtheit erheben und veredeln, namentlich aber die niedere
Klasse zur höhern Bildung fähig machen soll. Wir haben dieß Ver-
hältniß als das sociale Element des Elementarunterrichts bezeichnet.
Die Aufgabe des öffentlichen Rechts liegt für den Staat demnach darin,
jenes ethisch-sociale Princip der Elementarbildung recht-
lich zum Ausdruck zu bringen
, das ist, dem Elementarunterricht
einen solchen Inhalt zu geben, daß er formell und materiell den orga-
ganischen Zusammenhang mit der höhern Bildung, als Vorberei-
tung für dieselbe, enthalte. In diesem Sinn wird es das leitende
Rechtsprincip für die Verwaltung des Volksschulwesens sein, durch ihre
Bestimmungen und Thätigkeiten im Unterrichte selbst die Gewähr dafür
hinzustellen, daß der Elementarunterricht im Geiste der socialen Ent-
wicklung kein abgeschlossenes Ganze, sondern ein System sei, dessen
Schlußpunkt als Uebergang zu den höheren Bildungsstufen erscheine.
Das formelle Mittel dafür ist, daß derselbe in verschiedenen Klassen
vor sich gehe. Die Klasse ist nicht bloß eine formelle Abtheilung des
Unterrichts, sondern sie ist vielmehr der objektive Ausdruck des orga-
nischen Zusammenhangs der Elementarbildung mit der höheren Bil-
dung überhaupt, die Erklärung, daß der Elementarunterricht an und
für sich
die Aufgabe habe, nur als Stufe, Vorbereitung und Einlei-
tung zu jeder Bildung zu erscheinen. Das Klassensystem der
Elementarbildung
erscheint daher als die allgemeine Bedingung
der richtigen höheren Funktion der letzteren, und seine Aufstellung in
höher gebildeten Völkern als ein Princip des Volksschulwesens; es ist
in der That das eigentlich sociale Princip des Elementarunterrichts
und die Anerkennung desselben erscheint damit als der Punkt des öffent-
lichen Rechts des letztern oder als dasjenige Princip des Volksschul-
wesens, in welchem die höhere Idee der gesellschaftlichen Entwicklung
in der geistigen Verwaltung ihren ersten und vielleicht wichtigsten Aus-
druck findet.

Der zweite große Grundsatz des Elementarschulwesens ist nun

III. Der Inhalt dieſes öffentlichen Rechts bezeichnet nun das-
jenige, was die Verwaltung in Beziehung auf den Elementarunterricht
in jenen drei Formen zu thun hat. Dieß nun beſtimmt ſich aus dem
Verhältniß der Elementarbildung zu der eigentlichen allgemeinſten Auf-
gabe der Verwaltung, der Entwicklung des Geſammtlebens der
geiſtigen Welt.

In der That wird der Elementarunterricht erſt dann ſeiner Idee
entſprechen, wenn er ſeinen pädagogiſchen Grundgedanken nach nicht
als etwas für ſich beſtehendes, ſondern als ein organiſcher Theil des
großen Bildungsproceſſes erſcheint, der durch den Erwerb der geiſtigen
Güter die Geſammtheit erheben und veredeln, namentlich aber die niedere
Klaſſe zur höhern Bildung fähig machen ſoll. Wir haben dieß Ver-
hältniß als das ſociale Element des Elementarunterrichts bezeichnet.
Die Aufgabe des öffentlichen Rechts liegt für den Staat demnach darin,
jenes ethiſch-ſociale Princip der Elementarbildung recht-
lich zum Ausdruck zu bringen
, das iſt, dem Elementarunterricht
einen ſolchen Inhalt zu geben, daß er formell und materiell den orga-
ganiſchen Zuſammenhang mit der höhern Bildung, als Vorberei-
tung für dieſelbe, enthalte. In dieſem Sinn wird es das leitende
Rechtsprincip für die Verwaltung des Volksſchulweſens ſein, durch ihre
Beſtimmungen und Thätigkeiten im Unterrichte ſelbſt die Gewähr dafür
hinzuſtellen, daß der Elementarunterricht im Geiſte der ſocialen Ent-
wicklung kein abgeſchloſſenes Ganze, ſondern ein Syſtem ſei, deſſen
Schlußpunkt als Uebergang zu den höheren Bildungsſtufen erſcheine.
Das formelle Mittel dafür iſt, daß derſelbe in verſchiedenen Klaſſen
vor ſich gehe. Die Klaſſe iſt nicht bloß eine formelle Abtheilung des
Unterrichts, ſondern ſie iſt vielmehr der objektive Ausdruck des orga-
niſchen Zuſammenhangs der Elementarbildung mit der höheren Bil-
dung überhaupt, die Erklärung, daß der Elementarunterricht an und
für ſich
die Aufgabe habe, nur als Stufe, Vorbereitung und Einlei-
tung zu jeder Bildung zu erſcheinen. Das Klaſſenſyſtem der
Elementarbildung
erſcheint daher als die allgemeine Bedingung
der richtigen höheren Funktion der letzteren, und ſeine Aufſtellung in
höher gebildeten Völkern als ein Princip des Volksſchulweſens; es iſt
in der That das eigentlich ſociale Princip des Elementarunterrichts
und die Anerkennung deſſelben erſcheint damit als der Punkt des öffent-
lichen Rechts des letztern oder als dasjenige Princip des Volksſchul-
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in der geiſtigen Verwaltung ihren erſten und vielleicht wichtigſten Aus-
druck findet.

Der zweite große Grundſatz des Elementarſchulweſens iſt nun

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[76/0104] III. Der Inhalt dieſes öffentlichen Rechts bezeichnet nun das- jenige, was die Verwaltung in Beziehung auf den Elementarunterricht in jenen drei Formen zu thun hat. Dieß nun beſtimmt ſich aus dem Verhältniß der Elementarbildung zu der eigentlichen allgemeinſten Auf- gabe der Verwaltung, der Entwicklung des Geſammtlebens der geiſtigen Welt. In der That wird der Elementarunterricht erſt dann ſeiner Idee entſprechen, wenn er ſeinen pädagogiſchen Grundgedanken nach nicht als etwas für ſich beſtehendes, ſondern als ein organiſcher Theil des großen Bildungsproceſſes erſcheint, der durch den Erwerb der geiſtigen Güter die Geſammtheit erheben und veredeln, namentlich aber die niedere Klaſſe zur höhern Bildung fähig machen ſoll. Wir haben dieß Ver- hältniß als das ſociale Element des Elementarunterrichts bezeichnet. Die Aufgabe des öffentlichen Rechts liegt für den Staat demnach darin, jenes ethiſch-ſociale Princip der Elementarbildung recht- lich zum Ausdruck zu bringen, das iſt, dem Elementarunterricht einen ſolchen Inhalt zu geben, daß er formell und materiell den orga- ganiſchen Zuſammenhang mit der höhern Bildung, als Vorberei- tung für dieſelbe, enthalte. In dieſem Sinn wird es das leitende Rechtsprincip für die Verwaltung des Volksſchulweſens ſein, durch ihre Beſtimmungen und Thätigkeiten im Unterrichte ſelbſt die Gewähr dafür hinzuſtellen, daß der Elementarunterricht im Geiſte der ſocialen Ent- wicklung kein abgeſchloſſenes Ganze, ſondern ein Syſtem ſei, deſſen Schlußpunkt als Uebergang zu den höheren Bildungsſtufen erſcheine. Das formelle Mittel dafür iſt, daß derſelbe in verſchiedenen Klaſſen vor ſich gehe. Die Klaſſe iſt nicht bloß eine formelle Abtheilung des Unterrichts, ſondern ſie iſt vielmehr der objektive Ausdruck des orga- niſchen Zuſammenhangs der Elementarbildung mit der höheren Bil- dung überhaupt, die Erklärung, daß der Elementarunterricht an und für ſich die Aufgabe habe, nur als Stufe, Vorbereitung und Einlei- tung zu jeder Bildung zu erſcheinen. Das Klaſſenſyſtem der Elementarbildung erſcheint daher als die allgemeine Bedingung der richtigen höheren Funktion der letzteren, und ſeine Aufſtellung in höher gebildeten Völkern als ein Princip des Volksſchulweſens; es iſt in der That das eigentlich ſociale Princip des Elementarunterrichts und die Anerkennung deſſelben erſcheint damit als der Punkt des öffent- lichen Rechts des letztern oder als dasjenige Princip des Volksſchul- weſens, in welchem die höhere Idee der geſellſchaftlichen Entwicklung in der geiſtigen Verwaltung ihren erſten und vielleicht wichtigſten Aus- druck findet. Der zweite große Grundſatz des Elementarſchulweſens iſt nun

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/104>, abgerufen am 28.04.2024.