muß sie für dieselbe mit Anstalten sorgen, welche für jeden die Möglich- keit bieten, sie auch unabhängig von den Familienverhältnissen zu ge- nießen. Diese Anstalten der Verwaltung für den von der Erziehung getrennten Elementarunterricht sind die Volksschulen, und die Ge- sammtheit der auf dieselben bezüglichen Vorschriften und Thätigkeiten bilden das Volksschulwesen.
Das Volksschulwesen ist demnach, als das öffentliche Recht des Elementarunterrichts, ein organischer selbständiger Theil der Verwaltung. Sie ist keine Pädagogik, sondern enthält nur die An- wendung der Grundsätze der letztern, so weit die Verwaltung den Elementarunterricht selbst herstellt. Die Gränzen und Formen nun, innerhalb deren dieß letztere geschieht, bilden ihrerseits dem Inhalt dieses öffentlichen Rechts oder der Verwaltung des Volksschulwesens.
II. Der Elemente dieses öffentlichen Rechts aber liegen allerdings in dem Wesen des Elementarunterrichts.
Der Elementarunterricht erscheint zunächst als die Grundlage des gesammten geistigen Lebensprocesses des Volkes. Die Nothwendigkeit des letztern erzeugt somit den Grundsatz für die Verwaltung, den Elemen- tarunterricht selbst zu einer Pflicht für den Einzelnen zu machen. So entsteht der Begriff und das Recht der Schulpflicht im allgemeinen Sinne des Wortes, welche neben der Pflicht der Einzelnen die Schule für den Elementarunterricht zu besuchen, zugleich die Pflicht für die Verwaltung enthält, diese Schule mit ihren Bedingungen auch herzustellen.
Dieselbe Wichtigkeit des Elementarunterrichts aber erzeugt nun mit der allgemeinen Gesittung zugleich das Bedürfniß nach demselben bei dem Ein- zelnen, und damit ein von Einzelnen sowie von den Selbstverwaltungs- körpern ausgehendes privates Elementarunterrichtswesen. So weit ein solches auf eigenen Mitteln beruht, tritt für dasselbe der allgemeine Grund- satz aller Funktionen der Einzelnen ein, welche eine öffentlich rechtliche Aufgabe erfüllen. Das Recht der Verwaltung erscheint hier als Ober- aufsicht über jede private Elementarunterrichtsanstalt und fällt damit unter die Thätigkeit des öffentlichen Volksschulwesens. Wo aber die Ver- waltung aus was immer für Gründen solche Anstalten zum Theil aus öffentlichen Mitteln unterstützen muß, da erweitert sich dieß Recht der Ober- aufsicht zur Theilnahme an der Verwaltung einer solchen Anstalt, natur- gemäß in dem Maße, in welchem die Unterstützung selbst eine größere ist.
Auf diese Weise erscheint das öffentliche Recht der Elementarbildung in den drei Grundformen der Schulpflicht mit der ganzen dazu gehörigen Verwaltung für die eigentlich öffentliche Volksschule, der Oberaufsicht für die Privat-Elementarschule und der Theilnahme an dem Schulwesen der Selbstverwaltungskörper und Vereine.
muß ſie für dieſelbe mit Anſtalten ſorgen, welche für jeden die Möglich- keit bieten, ſie auch unabhängig von den Familienverhältniſſen zu ge- nießen. Dieſe Anſtalten der Verwaltung für den von der Erziehung getrennten Elementarunterricht ſind die Volksſchulen, und die Ge- ſammtheit der auf dieſelben bezüglichen Vorſchriften und Thätigkeiten bilden das Volksſchulweſen.
Das Volksſchulweſen iſt demnach, als das öffentliche Recht des Elementarunterrichts, ein organiſcher ſelbſtändiger Theil der Verwaltung. Sie iſt keine Pädagogik, ſondern enthält nur die An- wendung der Grundſätze der letztern, ſo weit die Verwaltung den Elementarunterricht ſelbſt herſtellt. Die Gränzen und Formen nun, innerhalb deren dieß letztere geſchieht, bilden ihrerſeits dem Inhalt dieſes öffentlichen Rechts oder der Verwaltung des Volksſchulweſens.
II. Der Elemente dieſes öffentlichen Rechts aber liegen allerdings in dem Weſen des Elementarunterrichts.
Der Elementarunterricht erſcheint zunächſt als die Grundlage des geſammten geiſtigen Lebensproceſſes des Volkes. Die Nothwendigkeit des letztern erzeugt ſomit den Grundſatz für die Verwaltung, den Elemen- tarunterricht ſelbſt zu einer Pflicht für den Einzelnen zu machen. So entſteht der Begriff und das Recht der Schulpflicht im allgemeinen Sinne des Wortes, welche neben der Pflicht der Einzelnen die Schule für den Elementarunterricht zu beſuchen, zugleich die Pflicht für die Verwaltung enthält, dieſe Schule mit ihren Bedingungen auch herzuſtellen.
Dieſelbe Wichtigkeit des Elementarunterrichts aber erzeugt nun mit der allgemeinen Geſittung zugleich das Bedürfniß nach demſelben bei dem Ein- zelnen, und damit ein von Einzelnen ſowie von den Selbſtverwaltungs- körpern ausgehendes privates Elementarunterrichtsweſen. So weit ein ſolches auf eigenen Mitteln beruht, tritt für daſſelbe der allgemeine Grund- ſatz aller Funktionen der Einzelnen ein, welche eine öffentlich rechtliche Aufgabe erfüllen. Das Recht der Verwaltung erſcheint hier als Ober- aufſicht über jede private Elementarunterrichtsanſtalt und fällt damit unter die Thätigkeit des öffentlichen Volksſchulweſens. Wo aber die Ver- waltung aus was immer für Gründen ſolche Anſtalten zum Theil aus öffentlichen Mitteln unterſtützen muß, da erweitert ſich dieß Recht der Ober- aufſicht zur Theilnahme an der Verwaltung einer ſolchen Anſtalt, natur- gemäß in dem Maße, in welchem die Unterſtützung ſelbſt eine größere iſt.
Auf dieſe Weiſe erſcheint das öffentliche Recht der Elementarbildung in den drei Grundformen der Schulpflicht mit der ganzen dazu gehörigen Verwaltung für die eigentlich öffentliche Volksſchule, der Oberaufſicht für die Privat-Elementarſchule und der Theilnahme an dem Schulweſen der Selbſtverwaltungskörper und Vereine.
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getrennten Elementarunterricht ſind die Volksſchulen, und die Ge-
ſammtheit der auf dieſelben bezüglichen Vorſchriften und Thätigkeiten
bilden das Volksſchulweſen.
Das Volksſchulweſen iſt demnach, als das öffentliche Recht
des Elementarunterrichts, ein organiſcher ſelbſtändiger Theil der
Verwaltung. Sie iſt keine Pädagogik, ſondern enthält nur die An-
wendung der Grundſätze der letztern, ſo weit die Verwaltung den
Elementarunterricht ſelbſt herſtellt. Die Gränzen und Formen nun,
innerhalb deren dieß letztere geſchieht, bilden ihrerſeits dem Inhalt
dieſes öffentlichen Rechts oder der Verwaltung des Volksſchulweſens.
II. Der Elemente dieſes öffentlichen Rechts aber liegen allerdings
in dem Weſen des Elementarunterrichts.
Der Elementarunterricht erſcheint zunächſt als die Grundlage des
geſammten geiſtigen Lebensproceſſes des Volkes. Die Nothwendigkeit
des letztern erzeugt ſomit den Grundſatz für die Verwaltung, den Elemen-
tarunterricht ſelbſt zu einer Pflicht für den Einzelnen zu machen. So
entſteht der Begriff und das Recht der Schulpflicht im allgemeinen
Sinne des Wortes, welche neben der Pflicht der Einzelnen die Schule
für den Elementarunterricht zu beſuchen, zugleich die Pflicht für die
Verwaltung enthält, dieſe Schule mit ihren Bedingungen auch herzuſtellen.
Dieſelbe Wichtigkeit des Elementarunterrichts aber erzeugt nun mit der
allgemeinen Geſittung zugleich das Bedürfniß nach demſelben bei dem Ein-
zelnen, und damit ein von Einzelnen ſowie von den Selbſtverwaltungs-
körpern ausgehendes privates Elementarunterrichtsweſen. So weit ein
ſolches auf eigenen Mitteln beruht, tritt für daſſelbe der allgemeine Grund-
ſatz aller Funktionen der Einzelnen ein, welche eine öffentlich rechtliche
Aufgabe erfüllen. Das Recht der Verwaltung erſcheint hier als Ober-
aufſicht über jede private Elementarunterrichtsanſtalt und fällt damit
unter die Thätigkeit des öffentlichen Volksſchulweſens. Wo aber die Ver-
waltung aus was immer für Gründen ſolche Anſtalten zum Theil aus
öffentlichen Mitteln unterſtützen muß, da erweitert ſich dieß Recht der Ober-
aufſicht zur Theilnahme an der Verwaltung einer ſolchen Anſtalt, natur-
gemäß in dem Maße, in welchem die Unterſtützung ſelbſt eine größere iſt.
Auf dieſe Weiſe erſcheint das öffentliche Recht der Elementarbildung
in den drei Grundformen der Schulpflicht mit der ganzen dazu
gehörigen Verwaltung für die eigentlich öffentliche Volksſchule, der
Oberaufſicht für die Privat-Elementarſchule und der Theilnahme
an dem Schulweſen der Selbſtverwaltungskörper und Vereine.
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/103>, abgerufen am 16.02.2025.
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