Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.verschwindet. Erstlich ist jene Erlaubniß auch für die Verfolgung solcher Es ist nun wohl nicht nothwendig, das System weiter zu charak- Das deutsche System der Haftung für Vollzugsübertretungen ist verſchwindet. Erſtlich iſt jene Erlaubniß auch für die Verfolgung ſolcher Es iſt nun wohl nicht nothwendig, das Syſtem weiter zu charak- Das deutſche Syſtem der Haftung für Vollzugsübertretungen iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0108" n="86"/> verſchwindet. <hi rendition="#g">Erſtlich</hi> iſt jene Erlaubniß auch für die Verfolgung ſolcher<lb/> Rechtsverletzungen gefordert, welche gar nicht in der Vollziehung ſelbſt<lb/> enthalten waren, ſondern nur mit derſelben zuſammenfallen; ſie iſt<lb/> zweitens nothwendig, auch wenn der Beamtete aus dem Amte ausge-<lb/> treten iſt; ſie wird drittens gefordert auch für die Rechtsanſprüche gegen<lb/> die Erben der Betreffenden; und endlich kann der <hi rendition="#aq">fonctionnaire</hi> gar<lb/> nicht darauf verzichten. Vollziehende Gewalt S. 133 ff. (Kurz und<lb/> klar zuſammengeſtellt von <hi rendition="#g">Smith</hi> bei <hi rendition="#g">Block</hi> <hi rendition="#aq">v. Fonctionnaires.</hi>)</p><lb/> <p>Es iſt nun wohl nicht nothwendig, das Syſtem weiter zu charak-<lb/> teriſiren. Wir begnügen uns damit, es als ein unwahres zu bezeichnen,<lb/> während das engliſche ein unpraktiſches iſt. Von beiden verſchieden iſt<lb/> das deutſche Syſtem.</p><lb/> <p>Das deutſche Syſtem der Haftung für Vollzugsübertretungen iſt<lb/> nämlich ein <hi rendition="#g">unfertiges</hi>. Es iſt nicht thunlich, irgend etwas als ge-<lb/> meingültig, oder auch nur von der Theorie durchſtehend anerkannt auf-<lb/> zuſtellen. Das beruht nun <hi rendition="#g">zuerſt</hi> wieder darauf, daß überhaupt im<lb/> deutſchen öffentlichen Recht die Begriffe von Beſchwerde und Beſchwerde-<lb/> recht neben dem öffentlichen Klagrecht ſich nicht bloß in der Theorie<lb/> in vollſtändiger Unklarheit befinden, ſo weit es eine ſolche darüber gibt,<lb/> ſondern auch im Gebiete der Verfaſſungsurkunden und der übrigen Ver-<lb/> faſſungsgeſetze in <hi rendition="#g">höchſt</hi> unklarer, zum Theil ſogar widerſprechender<lb/> Weiſe erledigt werden. Wir haben die einſchlagenden Geſetze und An-<lb/> ſichten in der <hi rendition="#g">vollziehenden Gewalt</hi> S. 143—148 bereits mit-<lb/> getheilt. Es kann nicht zweifelhaft ſein, daß das dort Geſagte, das für<lb/> die Thätigkeiten der Verwaltungsorgane überhaupt gilt, auch und zwar<lb/> ſpeziell für ihre Haftung bei Vollziehungen gelten muß. Ehe man daher<lb/> in Deutſchland nicht über die Begriffe von Geſetz und Verordnung<lb/> und Klag- und Beſchwerderecht überhaupt einig wird, iſt es nicht<lb/> möglich, zur Klarheit über das Haftungsrecht der Organe beim Voll-<lb/> zuge zu gelangen. — Indeſſen ſcheinen denn doch <hi rendition="#g">zwei</hi> Grundſätze feſt-<lb/> zuſtehen, welche vor der Hand den geltenden Zuſtand charakteriſiren.<lb/> Daß nämlich die Nothwehr und ihr Beweis das Vollzugsorgan vor<lb/> jeder Verantwortung befreit, iſt ſelbſtverſtändlich und gehört daher nicht<lb/> hierher. Nicht ohne Bedeutung iſt jedoch das Streben, dieſe Nothwehr<lb/> auch für die Vollzugsthätigkeit möglichſt genau zu definiren, und mit<lb/> der geſetzlichen Vollziehung in Harmonie zu bringen. Oeſterreich. K.<lb/> K. Decret vom 9. Okt. 1846; preuß. Strafgeſetzbuch §. 316. <hi rendition="#g">Rönne</hi>,<lb/> Staatsrecht <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 103 Note. Dagegen gilt als <hi rendition="#g">erſter</hi> Grundſatz, daß zwar<lb/> die Amtshandlung <hi rendition="#g">da aufhört</hi>, wo die Ueberſchreitung des Maßes in<lb/> der Vollziehung beginnt, daß aber der Beamtete für dieſe Ueberſchrei-<lb/> tung nur „der vorgeſetzten Behörde“ „verantwortlich“ ſei. So nach<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0108]
verſchwindet. Erſtlich iſt jene Erlaubniß auch für die Verfolgung ſolcher
Rechtsverletzungen gefordert, welche gar nicht in der Vollziehung ſelbſt
enthalten waren, ſondern nur mit derſelben zuſammenfallen; ſie iſt
zweitens nothwendig, auch wenn der Beamtete aus dem Amte ausge-
treten iſt; ſie wird drittens gefordert auch für die Rechtsanſprüche gegen
die Erben der Betreffenden; und endlich kann der fonctionnaire gar
nicht darauf verzichten. Vollziehende Gewalt S. 133 ff. (Kurz und
klar zuſammengeſtellt von Smith bei Block v. Fonctionnaires.)
Es iſt nun wohl nicht nothwendig, das Syſtem weiter zu charak-
teriſiren. Wir begnügen uns damit, es als ein unwahres zu bezeichnen,
während das engliſche ein unpraktiſches iſt. Von beiden verſchieden iſt
das deutſche Syſtem.
Das deutſche Syſtem der Haftung für Vollzugsübertretungen iſt
nämlich ein unfertiges. Es iſt nicht thunlich, irgend etwas als ge-
meingültig, oder auch nur von der Theorie durchſtehend anerkannt auf-
zuſtellen. Das beruht nun zuerſt wieder darauf, daß überhaupt im
deutſchen öffentlichen Recht die Begriffe von Beſchwerde und Beſchwerde-
recht neben dem öffentlichen Klagrecht ſich nicht bloß in der Theorie
in vollſtändiger Unklarheit befinden, ſo weit es eine ſolche darüber gibt,
ſondern auch im Gebiete der Verfaſſungsurkunden und der übrigen Ver-
faſſungsgeſetze in höchſt unklarer, zum Theil ſogar widerſprechender
Weiſe erledigt werden. Wir haben die einſchlagenden Geſetze und An-
ſichten in der vollziehenden Gewalt S. 143—148 bereits mit-
getheilt. Es kann nicht zweifelhaft ſein, daß das dort Geſagte, das für
die Thätigkeiten der Verwaltungsorgane überhaupt gilt, auch und zwar
ſpeziell für ihre Haftung bei Vollziehungen gelten muß. Ehe man daher
in Deutſchland nicht über die Begriffe von Geſetz und Verordnung
und Klag- und Beſchwerderecht überhaupt einig wird, iſt es nicht
möglich, zur Klarheit über das Haftungsrecht der Organe beim Voll-
zuge zu gelangen. — Indeſſen ſcheinen denn doch zwei Grundſätze feſt-
zuſtehen, welche vor der Hand den geltenden Zuſtand charakteriſiren.
Daß nämlich die Nothwehr und ihr Beweis das Vollzugsorgan vor
jeder Verantwortung befreit, iſt ſelbſtverſtändlich und gehört daher nicht
hierher. Nicht ohne Bedeutung iſt jedoch das Streben, dieſe Nothwehr
auch für die Vollzugsthätigkeit möglichſt genau zu definiren, und mit
der geſetzlichen Vollziehung in Harmonie zu bringen. Oeſterreich. K.
K. Decret vom 9. Okt. 1846; preuß. Strafgeſetzbuch §. 316. Rönne,
Staatsrecht I. §. 103 Note. Dagegen gilt als erſter Grundſatz, daß zwar
die Amtshandlung da aufhört, wo die Ueberſchreitung des Maßes in
der Vollziehung beginnt, daß aber der Beamtete für dieſe Ueberſchrei-
tung nur „der vorgeſetzten Behörde“ „verantwortlich“ ſei. So nach
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