Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.namentlich die Beamteten, ausgeschlossen. -- Die Wählbarkeit für die Das Staats- und Verwaltungsbürgerrecht hat daher nur zwei namentlich die Beamteten, ausgeſchloſſen. — Die Wählbarkeit für die Das Staats- und Verwaltungsbürgerrecht hat daher nur zwei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0324" n="302"/> namentlich die Beamteten, ausgeſchloſſen. — Die Wählbarkeit für die<lb/><hi rendition="#aq">Conseils généraux</hi> und <hi rendition="#aq">d’arrondissement</hi> wird dagegen bedingt durch<lb/> die Zahlung von direkten Steuern. Die Wählbarkeit für die Volks-<lb/> vertretung (<hi rendition="#aq">Corps législatif</hi>) iſt dagegen wieder allgemein. — Denſelben<lb/> Charakter der Gleichartigkeit hat die Wahlordnung; doch iſt hier der<lb/> Punkt, wo ſich der letzte Reſt des Gemeindebürgerthums erhalten hat.<lb/> Die <hi rendition="#g">Wählbarkeit</hi> für die Volksvertretung und für die Gemeinde-<lb/> vertretung ſind nämlich an <hi rendition="#g">keine Angehörigkeit</hi> gebunden; nament-<lb/> lich hat das <hi rendition="#aq">Arrêt de Conseil</hi> vom 21. Juli 1853 beſtimmt, daß die<lb/> Wählbarkeit in den <hi rendition="#aq">Conseil municipal</hi> <hi rendition="#g">weder</hi> den <hi rendition="#g">Aufenthalt</hi> in der<lb/> Commune, <hi rendition="#g">noch ſelbſt</hi> die Eintragung in die Wahlliſte zur Bedingung<lb/> haben ſoll. Nur für die <hi rendition="#aq">Conseils généraux</hi> und <hi rendition="#aq">d’arrondissement</hi> hat<lb/> die Wählbarkeit entweder das „Domicil“ oder doch die örtliche Pflicht<lb/> zur direkten Steuerzahlung zur Vorausſetzung. Die Ausübung des<lb/><hi rendition="#g">Wählerrechts</hi> dagegen hat zur Vorausſetzung, daß der Wähler einen<lb/><hi rendition="#g">ſechsmonatlichen</hi> Aufenthalt in der Commune nachweiſen kann, in<lb/> der er ſeine Wahl vollzieht, oder doch daß ſein bisheriger Aufenthalt<lb/> bis zum <hi rendition="#g">Schluß der Wahlliſten</hi> ſechs Monate ausmacht. (<hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Decr.<lb/> Org.</hi></hi> vom 2. Februar 1852. Art. 13.) Da nun <hi rendition="#g">alle</hi> Wahlen nach<lb/> den Gemeindeliſten vorgenommen werden, ſo erſcheint das Angehören<lb/> an eine beſtimmte Gemeinde allerdings als eine entfernte Art von<lb/> Gemeindebürgerthum, und man kann daher ſagen, daß das franzöſiſche<lb/> Recht zwar <hi rendition="#g">nicht den</hi> Satz kennt: jeder Staatsbürger muß einer Ge-<lb/> meinde angehören; macht aber den Satz: jeder Wähler <hi rendition="#g">muß in einer<lb/> Gemeinde ein Wahldomicil haben</hi>, um ſein Wählerrecht aus-<lb/> üben zu können.</p><lb/> <p>Das Staats- und Verwaltungsbürgerrecht hat daher nur <hi rendition="#g">zwei</hi><lb/> Momente der örtlichen Angehörigkeit: die Gemeindeangehörigkeit für<lb/> das allgemeine <hi rendition="#g">Wahldomicil</hi>, und die Departementsangehörigkeit für<lb/> die departementale <hi rendition="#g">Wählbarkeit</hi>. Eine andere Form der Ange-<lb/> hörigkeit <hi rendition="#g">gibt es nicht</hi>. Ein Gemeindebürgerthum exiſtirt daher <hi rendition="#g">nicht</hi>.<lb/> Es gibt nur ein <hi rendition="#g">Wahl- und Wählbarkeitsdomicil</hi>, und dieſes<lb/> Domicilrecht und die daſſelbe ordnenden Beſtimmungen bildet mithin<lb/> daher das, was wir <hi rendition="#g">die verfaſſungsmäßige Ordnung der Be-<lb/> völkerung</hi> in Frankreich nennen. Die franzöſiſche Theorie faßt alle<lb/> dieſe Punkte als das <hi rendition="#aq">Domicil politique</hi> zuſammen. <hi rendition="#aq">„Le domicile po-<lb/> litique est le rapport qui existe entre un citoyen français <hi rendition="#g">et le<lb/> lieu</hi> ou il exerce ses droits politiques.“</hi> <hi rendition="#g">Porlier</hi> bei Block <hi rendition="#aq">v. Do-<lb/> micile.</hi> Daß die vorrevolutionäre Rechtswiſſenſchaft gerade wie die deutſche<lb/> den Begriff des Domicils <hi rendition="#g">nur</hi> auf die <hi rendition="#g">gerichtliche</hi> Zuſtändigkeit be-<lb/> zog, liegt nahe. <hi rendition="#g">Guyot</hi>, <hi rendition="#aq">Repert. de Jurispr. 1784. v. Domicil.</hi></p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [302/0324]
namentlich die Beamteten, ausgeſchloſſen. — Die Wählbarkeit für die
Conseils généraux und d’arrondissement wird dagegen bedingt durch
die Zahlung von direkten Steuern. Die Wählbarkeit für die Volks-
vertretung (Corps législatif) iſt dagegen wieder allgemein. — Denſelben
Charakter der Gleichartigkeit hat die Wahlordnung; doch iſt hier der
Punkt, wo ſich der letzte Reſt des Gemeindebürgerthums erhalten hat.
Die Wählbarkeit für die Volksvertretung und für die Gemeinde-
vertretung ſind nämlich an keine Angehörigkeit gebunden; nament-
lich hat das Arrêt de Conseil vom 21. Juli 1853 beſtimmt, daß die
Wählbarkeit in den Conseil municipal weder den Aufenthalt in der
Commune, noch ſelbſt die Eintragung in die Wahlliſte zur Bedingung
haben ſoll. Nur für die Conseils généraux und d’arrondissement hat
die Wählbarkeit entweder das „Domicil“ oder doch die örtliche Pflicht
zur direkten Steuerzahlung zur Vorausſetzung. Die Ausübung des
Wählerrechts dagegen hat zur Vorausſetzung, daß der Wähler einen
ſechsmonatlichen Aufenthalt in der Commune nachweiſen kann, in
der er ſeine Wahl vollzieht, oder doch daß ſein bisheriger Aufenthalt
bis zum Schluß der Wahlliſten ſechs Monate ausmacht. (Decr.
Org. vom 2. Februar 1852. Art. 13.) Da nun alle Wahlen nach
den Gemeindeliſten vorgenommen werden, ſo erſcheint das Angehören
an eine beſtimmte Gemeinde allerdings als eine entfernte Art von
Gemeindebürgerthum, und man kann daher ſagen, daß das franzöſiſche
Recht zwar nicht den Satz kennt: jeder Staatsbürger muß einer Ge-
meinde angehören; macht aber den Satz: jeder Wähler muß in einer
Gemeinde ein Wahldomicil haben, um ſein Wählerrecht aus-
üben zu können.
Das Staats- und Verwaltungsbürgerrecht hat daher nur zwei
Momente der örtlichen Angehörigkeit: die Gemeindeangehörigkeit für
das allgemeine Wahldomicil, und die Departementsangehörigkeit für
die departementale Wählbarkeit. Eine andere Form der Ange-
hörigkeit gibt es nicht. Ein Gemeindebürgerthum exiſtirt daher nicht.
Es gibt nur ein Wahl- und Wählbarkeitsdomicil, und dieſes
Domicilrecht und die daſſelbe ordnenden Beſtimmungen bildet mithin
daher das, was wir die verfaſſungsmäßige Ordnung der Be-
völkerung in Frankreich nennen. Die franzöſiſche Theorie faßt alle
dieſe Punkte als das Domicil politique zuſammen. „Le domicile po-
litique est le rapport qui existe entre un citoyen français et le
lieu ou il exerce ses droits politiques.“ Porlier bei Block v. Do-
micile. Daß die vorrevolutionäre Rechtswiſſenſchaft gerade wie die deutſche
den Begriff des Domicils nur auf die gerichtliche Zuſtändigkeit be-
zog, liegt nahe. Guyot, Repert. de Jurispr. 1784. v. Domicil.
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