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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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zu irgend einem Zweck zusammenkommen, "dont le but sera de se
reunir tous les jours ou certains jours marques pour s'occuper
d'objets religieux, politiques ou autres,"
nur unter denjenigen Be-
dingungen bestehen soll, welche die Regierung passend findet -- "ne
pourra se former qu'avec l'agrement de gouvernement et sous les
conditions qu'il plaira a l'autorite publique d'imposer a la societe."
Code penal, Art.
291. Damit ist allerdings nicht bloß das Princip
der Genehmigung, sondern auch die volle Freiheit der Verwaltung, die
Bedingungen des Vereins in Verfassung und Verwaltung festzustellen,
gegeben; hier ist daher, ganz im Geiste des französischen droit admini-
stratif,
die staatsbürgerliche Freiheit dem Rechte der Regierung geopfert,
und zwar nicht bloß für Vereine, sondern auch für jede Gesellschaft
und Vereinigung. Frankreich hat damit die Genehmigung von den
Vereinen auf die Vereinigungen ausgedehnt, und sie zum Princip des
öffentlichen Rechts derselben gemacht. Innerhalb dieses allgemeinen
Princips haben nur gewisse Gruppen der Vereine wieder ihr eigenen
Gesetzgebungen über die Bedingungen, unter denen jene Autorisation
gewährt werden kann; namentlich die Congregations, die Societes des
secours mutuels,
die Banken und andere, welche dann unter das be-
sondere Vereinsrecht fallen. Auch hier ist daher das Recht der Geneh-
migung ein selbständiges.

Zwischen England und Frankreich steht nun die Vereinsrechtsbil-
dung Deutschlands im Allgemeinen, und speziell das Genehmigungs-
recht. Obwohl hier zuerst wieder die Verschiedenheit auch dieses Rechts
in den einzelnen Staaten uns entgegentritt, so daß es eines eigenen
Studiums bedarf, um es auch nur kennen zu lernen, so sehen wir
dennoch eine gewisse Gleichartigkeit in Auffassung und Durchführung
hervortreten, stark genug bezeichnet, um den charakteristischen Unterschied
von England sowohl wie von Frankreich hervorheben zu können.

Man kann nämlich sagen, daß wir nur in Deutschland ein eigenes
Genehmigungsrecht der Vereine besitzen, in dem Sinne, daß die Be-
dingungen in Verfassung und Verwaltung der Vereine, welche als Vor-
aussetzungen der Genehmigung gefordert werden, und andererseits die
Formen, in welchen um die Genehmigung eingeschritten werden muß,
gesetzlich bestimmt sind. Es ist dadurch ein förmliches System des Ge-
nehmigungsrechts möglich geworden, das, wenn auch höchst unvollständig,
doch die Keime weiterer Entwicklung in sich trägt, und es ist nur zu
wünschen, daß die Wissenschaft sich der Sache in etwas eingehenderer
Weise annehme, als dieß bisher geschehen ist.

Die allgemeine Grundlage ist, daß nur in der deutschen Gesetz-
gebung zunächst zwischen dem Gesellschafts- und dem Vereinswesen unter-

Stein, die Verwaltungslehre. I. 40

zu irgend einem Zweck zuſammenkommen, „dont le but sera de se
réunir tous les jours ou certains jours marqués pour s’occuper
d’objets religieux, politiques ou autres,
nur unter denjenigen Be-
dingungen beſtehen ſoll, welche die Regierung paſſend findet — „ne
pourra se former qu’avec l’agrément de gouvernement et sous les
conditions qu’il plaira à l’autorité publique d’imposer à la société.“
Code pénal, Art.
291. Damit iſt allerdings nicht bloß das Princip
der Genehmigung, ſondern auch die volle Freiheit der Verwaltung, die
Bedingungen des Vereins in Verfaſſung und Verwaltung feſtzuſtellen,
gegeben; hier iſt daher, ganz im Geiſte des franzöſiſchen droit admini-
stratif,
die ſtaatsbürgerliche Freiheit dem Rechte der Regierung geopfert,
und zwar nicht bloß für Vereine, ſondern auch für jede Geſellſchaft
und Vereinigung. Frankreich hat damit die Genehmigung von den
Vereinen auf die Vereinigungen ausgedehnt, und ſie zum Princip des
öffentlichen Rechts derſelben gemacht. Innerhalb dieſes allgemeinen
Princips haben nur gewiſſe Gruppen der Vereine wieder ihr eigenen
Geſetzgebungen über die Bedingungen, unter denen jene Autoriſation
gewährt werden kann; namentlich die Congrégations, die Sociétés des
secours mutuels,
die Banken und andere, welche dann unter das be-
ſondere Vereinsrecht fallen. Auch hier iſt daher das Recht der Geneh-
migung ein ſelbſtändiges.

Zwiſchen England und Frankreich ſteht nun die Vereinsrechtsbil-
dung Deutſchlands im Allgemeinen, und ſpeziell das Genehmigungs-
recht. Obwohl hier zuerſt wieder die Verſchiedenheit auch dieſes Rechts
in den einzelnen Staaten uns entgegentritt, ſo daß es eines eigenen
Studiums bedarf, um es auch nur kennen zu lernen, ſo ſehen wir
dennoch eine gewiſſe Gleichartigkeit in Auffaſſung und Durchführung
hervortreten, ſtark genug bezeichnet, um den charakteriſtiſchen Unterſchied
von England ſowohl wie von Frankreich hervorheben zu können.

Man kann nämlich ſagen, daß wir nur in Deutſchland ein eigenes
Genehmigungsrecht der Vereine beſitzen, in dem Sinne, daß die Be-
dingungen in Verfaſſung und Verwaltung der Vereine, welche als Vor-
ausſetzungen der Genehmigung gefordert werden, und andererſeits die
Formen, in welchen um die Genehmigung eingeſchritten werden muß,
geſetzlich beſtimmt ſind. Es iſt dadurch ein förmliches Syſtem des Ge-
nehmigungsrechts möglich geworden, das, wenn auch höchſt unvollſtändig,
doch die Keime weiterer Entwicklung in ſich trägt, und es iſt nur zu
wünſchen, daß die Wiſſenſchaft ſich der Sache in etwas eingehenderer
Weiſe annehme, als dieß bisher geſchehen iſt.

Die allgemeine Grundlage iſt, daß nur in der deutſchen Geſetz-
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Stein, die Verwaltungslehre. I. 40
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[625/0649] zu irgend einem Zweck zuſammenkommen, „dont le but sera de se réunir tous les jours ou certains jours marqués pour s’occuper d’objets religieux, politiques ou autres,“ nur unter denjenigen Be- dingungen beſtehen ſoll, welche die Regierung paſſend findet — „ne pourra se former qu’avec l’agrément de gouvernement et sous les conditions qu’il plaira à l’autorité publique d’imposer à la société.“ Code pénal, Art. 291. Damit iſt allerdings nicht bloß das Princip der Genehmigung, ſondern auch die volle Freiheit der Verwaltung, die Bedingungen des Vereins in Verfaſſung und Verwaltung feſtzuſtellen, gegeben; hier iſt daher, ganz im Geiſte des franzöſiſchen droit admini- stratif, die ſtaatsbürgerliche Freiheit dem Rechte der Regierung geopfert, und zwar nicht bloß für Vereine, ſondern auch für jede Geſellſchaft und Vereinigung. Frankreich hat damit die Genehmigung von den Vereinen auf die Vereinigungen ausgedehnt, und ſie zum Princip des öffentlichen Rechts derſelben gemacht. Innerhalb dieſes allgemeinen Princips haben nur gewiſſe Gruppen der Vereine wieder ihr eigenen Geſetzgebungen über die Bedingungen, unter denen jene Autoriſation gewährt werden kann; namentlich die Congrégations, die Sociétés des secours mutuels, die Banken und andere, welche dann unter das be- ſondere Vereinsrecht fallen. Auch hier iſt daher das Recht der Geneh- migung ein ſelbſtändiges. Zwiſchen England und Frankreich ſteht nun die Vereinsrechtsbil- dung Deutſchlands im Allgemeinen, und ſpeziell das Genehmigungs- recht. Obwohl hier zuerſt wieder die Verſchiedenheit auch dieſes Rechts in den einzelnen Staaten uns entgegentritt, ſo daß es eines eigenen Studiums bedarf, um es auch nur kennen zu lernen, ſo ſehen wir dennoch eine gewiſſe Gleichartigkeit in Auffaſſung und Durchführung hervortreten, ſtark genug bezeichnet, um den charakteriſtiſchen Unterſchied von England ſowohl wie von Frankreich hervorheben zu können. Man kann nämlich ſagen, daß wir nur in Deutſchland ein eigenes Genehmigungsrecht der Vereine beſitzen, in dem Sinne, daß die Be- dingungen in Verfaſſung und Verwaltung der Vereine, welche als Vor- ausſetzungen der Genehmigung gefordert werden, und andererſeits die Formen, in welchen um die Genehmigung eingeſchritten werden muß, geſetzlich beſtimmt ſind. Es iſt dadurch ein förmliches Syſtem des Ge- nehmigungsrechts möglich geworden, das, wenn auch höchſt unvollſtändig, doch die Keime weiterer Entwicklung in ſich trägt, und es iſt nur zu wünſchen, daß die Wiſſenſchaft ſich der Sache in etwas eingehenderer Weiſe annehme, als dieß bisher geſchehen iſt. Die allgemeine Grundlage iſt, daß nur in der deutſchen Geſetz- gebung zunächſt zwiſchen dem Geſellſchafts- und dem Vereinsweſen unter- Stein, die Verwaltungslehre. I. 40

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/649>, abgerufen am 22.11.2024.