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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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Vollziehung und eigentlicher Verwaltung; es fehlt ihm zweitens der Begriff
des Rechts, der nur durch den Unterschied von Gesetz und Verordnung ent-
stehen kann, und der höchst unentwickelt ist; es fehlt endlich drittens ein klares
Bild der Gebiete der Verwaltung, welche erst die Grundlage des Systems
des Verwaltungsrechts bildet, namentlich die durchgeführte Bestimmung des
specifischen Begriffes der innern Verwaltung. Oder, nachdem die deutsche
Wissenschaft den Begriff des Staatswillens in ihrer Verfassungslehre vor-
trefflich und als Muster für andre Nationen ausgearbeitet, hat sie bisher für den
Begriff der That des Staats nichts, wie die Philosophie, oder nur Beiläufiges,
wie das allgemeine Staatsrecht, oder Unzusammenhängendes, wie die einzelnen
Untersuchungen über Verantwortlichkeit, Finanzen, Proceßrecht, Polizei und
Inneres u. s. w. gethan. Hier, in der Darlegung des organischen Ganzen,
liegt die Zukunft der Staatswissenschaft. -- Zum Schluß möge hier die Auf-
fassung Laferriere's in seinem Droit administratif, Livre prelim. p. 378
(5. edit.)
Platz finden, die im Wesentlichen auf ganz gleicher Grundlage mit
der den Franzosen eigenen einfachen, um die tiefere Begründung unbekümmerten
Weise den Begriff des Vollziehungs- und Verwaltungsrechts scheidet. Er
sagt: Le droit administratif a deux objets. L'un concerne le droit et le
mecanisme des services publics
(vollziehende Gewalt), une organisation in-
terieure et detaillee; l'autre concerne les rapports de l'administration avec
les citoyens pour l'execution des lois et des decrets. Le premier objet
forme la partie organique reglementaire et technique de l'administration,
la deuxieme constitue a proprement parler le droit administratif
(die Ver-
waltung im engern Sinn und das eigentliche Verwaltungsrecht).



Vollziehung und eigentlicher Verwaltung; es fehlt ihm zweitens der Begriff
des Rechts, der nur durch den Unterſchied von Geſetz und Verordnung ent-
ſtehen kann, und der höchſt unentwickelt iſt; es fehlt endlich drittens ein klares
Bild der Gebiete der Verwaltung, welche erſt die Grundlage des Syſtems
des Verwaltungsrechts bildet, namentlich die durchgeführte Beſtimmung des
ſpecifiſchen Begriffes der innern Verwaltung. Oder, nachdem die deutſche
Wiſſenſchaft den Begriff des Staatswillens in ihrer Verfaſſungslehre vor-
trefflich und als Muſter für andre Nationen ausgearbeitet, hat ſie bisher für den
Begriff der That des Staats nichts, wie die Philoſophie, oder nur Beiläufiges,
wie das allgemeine Staatsrecht, oder Unzuſammenhängendes, wie die einzelnen
Unterſuchungen über Verantwortlichkeit, Finanzen, Proceßrecht, Polizei und
Inneres u. ſ. w. gethan. Hier, in der Darlegung des organiſchen Ganzen,
liegt die Zukunft der Staatswiſſenſchaft. — Zum Schluß möge hier die Auf-
faſſung Laferrière’s in ſeinem Droit administratif, Livre prélim. p. 378
(5. edit.)
Platz finden, die im Weſentlichen auf ganz gleicher Grundlage mit
der den Franzoſen eigenen einfachen, um die tiefere Begründung unbekümmerten
Weiſe den Begriff des Vollziehungs- und Verwaltungsrechts ſcheidet. Er
ſagt: Le droit administratif a deux objets. L’un concerne le droit et le
mécanisme des services publics
(vollziehende Gewalt), une organisation in-
térieure et détaillée; l’autre concerne les rapports de l’administration avec
les citoyens pour l’exécution des lois et des décrets. Le premier objet
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(die Ver-
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[30/0054] Vollziehung und eigentlicher Verwaltung; es fehlt ihm zweitens der Begriff des Rechts, der nur durch den Unterſchied von Geſetz und Verordnung ent- ſtehen kann, und der höchſt unentwickelt iſt; es fehlt endlich drittens ein klares Bild der Gebiete der Verwaltung, welche erſt die Grundlage des Syſtems des Verwaltungsrechts bildet, namentlich die durchgeführte Beſtimmung des ſpecifiſchen Begriffes der innern Verwaltung. Oder, nachdem die deutſche Wiſſenſchaft den Begriff des Staatswillens in ihrer Verfaſſungslehre vor- trefflich und als Muſter für andre Nationen ausgearbeitet, hat ſie bisher für den Begriff der That des Staats nichts, wie die Philoſophie, oder nur Beiläufiges, wie das allgemeine Staatsrecht, oder Unzuſammenhängendes, wie die einzelnen Unterſuchungen über Verantwortlichkeit, Finanzen, Proceßrecht, Polizei und Inneres u. ſ. w. gethan. Hier, in der Darlegung des organiſchen Ganzen, liegt die Zukunft der Staatswiſſenſchaft. — Zum Schluß möge hier die Auf- faſſung Laferrière’s in ſeinem Droit administratif, Livre prélim. p. 378 (5. edit.) Platz finden, die im Weſentlichen auf ganz gleicher Grundlage mit der den Franzoſen eigenen einfachen, um die tiefere Begründung unbekümmerten Weiſe den Begriff des Vollziehungs- und Verwaltungsrechts ſcheidet. Er ſagt: Le droit administratif a deux objets. L’un concerne le droit et le mécanisme des services publics (vollziehende Gewalt), une organisation in- térieure et détaillée; l’autre concerne les rapports de l’administration avec les citoyens pour l’exécution des lois et des décrets. Le premier objet forme la partie organique règlementaire et technique de l’administration, la deuxième constitue à proprement parler le droit administratif (die Ver- waltung im engern Sinn und das eigentliche Verwaltungsrecht).

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/54>, abgerufen am 28.03.2024.