Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Der glaubige Christ bittet,
der GOtt! siehest und weissest, wie
mein Hertz von diesen Pflichten ent-
fernet ist, wie leyder! wenn du mei-
nem Nächsten wohl thust, ihm Glücke,
Ehre und Wohlthaten darreichest,
mir aber nicht, daß ich darüber scheel
sehe, daß du so gütig gegen ihn bist.
Du siehest, o allwissender GOTT!
wie das Beten vor meine Feinde so
träge und gering ist, daß ich sie in mei-
nem Gebet entweder vergesse, oder so
ich ja ihrer gedencke, weil dein Geist
mich offt an diese Schuldigkeit erin-
nert, daß es doch leyder! mit wenig
Worten geschiehet. Ach mein GOtt
und Vater! ich erkenne daraus das
Elend und Verderben, darin ich noch
stecke, und wie ich noch nicht in sol-
chem Stande der wahren Jünger und
Jüngerinnen JEsu bin, wie ich billig
seyn sollte, als welche man daran er-
kennen wird, daß sie Liebe unter ein-
ander haben, nicht allein gegen gute
Freunde und Wohlthäter, sondern

auch

Der glaubige Chriſt bittet,
der GOtt! ſieheſt und weiſſeſt, wie
mein Hertz von dieſen Pflichten ent-
fernet iſt, wie leyder! wenn du mei-
nem Naͤchſten wohl thuſt, ihm Gluͤcke,
Ehre und Wohlthaten darreicheſt,
mir aber nicht, daß ich daruͤber ſcheel
ſehe, daß du ſo guͤtig gegen ihn biſt.
Du ſieheſt, o allwiſſender GOTT!
wie das Beten vor meine Feinde ſo
traͤge und gering iſt, daß ich ſie in mei-
nem Gebet entweder vergeſſe, oder ſo
ich ja ihrer gedencke, weil dein Geiſt
mich offt an dieſe Schuldigkeit erin-
nert, daß es doch leyder! mit wenig
Worten geſchiehet. Ach mein GOtt
und Vater! ich erkenne daraus das
Elend und Verderben, darin ich noch
ſtecke, und wie ich noch nicht in ſol-
chem Stande der wahren Juͤnger und
Juͤngerinnen JEſu bin, wie ich billig
ſeyn ſollte, als welche man daran er-
kennen wird, daß ſie Liebe unter ein-
ander haben, nicht allein gegen gute
Freunde und Wohlthaͤter, ſondern

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0154" n="130"/><fw place="top" type="header">Der glaubige Chri&#x017F;t bittet,</fw><lb/>
der GOtt! &#x017F;iehe&#x017F;t und wei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t, wie<lb/>
mein Hertz von die&#x017F;en Pflichten ent-<lb/>
fernet i&#x017F;t, wie leyder! wenn du mei-<lb/>
nem Na&#x0364;ch&#x017F;ten wohl thu&#x017F;t, ihm Glu&#x0364;cke,<lb/>
Ehre und Wohlthaten darreiche&#x017F;t,<lb/>
mir aber nicht, daß ich daru&#x0364;ber &#x017F;cheel<lb/>
&#x017F;ehe, daß du &#x017F;o gu&#x0364;tig gegen ihn bi&#x017F;t.<lb/>
Du &#x017F;iehe&#x017F;t, o allwi&#x017F;&#x017F;ender GOTT!<lb/>
wie das Beten vor meine Feinde &#x017F;o<lb/>
tra&#x0364;ge und gering i&#x017F;t, daß ich &#x017F;ie in mei-<lb/>
nem Gebet entweder verge&#x017F;&#x017F;e, oder &#x017F;o<lb/>
ich ja ihrer gedencke, weil dein Gei&#x017F;t<lb/>
mich offt an die&#x017F;e Schuldigkeit erin-<lb/>
nert, daß es doch leyder! mit wenig<lb/>
Worten ge&#x017F;chiehet. Ach mein GOtt<lb/>
und Vater! ich erkenne daraus das<lb/>
Elend und Verderben, darin ich noch<lb/>
&#x017F;tecke, und wie ich noch nicht in &#x017F;ol-<lb/>
chem Stande der wahren Ju&#x0364;nger und<lb/>
Ju&#x0364;ngerinnen JE&#x017F;u bin, wie ich billig<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;ollte, als welche man daran er-<lb/>
kennen wird, daß &#x017F;ie Liebe unter ein-<lb/>
ander haben, nicht allein gegen gute<lb/>
Freunde und Wohltha&#x0364;ter, &#x017F;ondern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0154] Der glaubige Chriſt bittet, der GOtt! ſieheſt und weiſſeſt, wie mein Hertz von dieſen Pflichten ent- fernet iſt, wie leyder! wenn du mei- nem Naͤchſten wohl thuſt, ihm Gluͤcke, Ehre und Wohlthaten darreicheſt, mir aber nicht, daß ich daruͤber ſcheel ſehe, daß du ſo guͤtig gegen ihn biſt. Du ſieheſt, o allwiſſender GOTT! wie das Beten vor meine Feinde ſo traͤge und gering iſt, daß ich ſie in mei- nem Gebet entweder vergeſſe, oder ſo ich ja ihrer gedencke, weil dein Geiſt mich offt an dieſe Schuldigkeit erin- nert, daß es doch leyder! mit wenig Worten geſchiehet. Ach mein GOtt und Vater! ich erkenne daraus das Elend und Verderben, darin ich noch ſtecke, und wie ich noch nicht in ſol- chem Stande der wahren Juͤnger und Juͤngerinnen JEſu bin, wie ich billig ſeyn ſollte, als welche man daran er- kennen wird, daß ſie Liebe unter ein- ander haben, nicht allein gegen gute Freunde und Wohlthaͤter, ſondern auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Auflagennummer hier erschlossen und nicht gesiche… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-05-24T12:24:22Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/154
Zitationshilfe: Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/154>, abgerufen am 13.06.2024.