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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.

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der Kunst, in wenigen, einleitenden Takten eine Beschwörungsformel pst_052.002
zu geben, die alles, was nicht zum pst_052.003
Text gehört, verbannt und die Trägheit des Herzens pst_052.004
löst. Sie haben mit ihrer Musik den Menschen deutscher pst_052.005
Zunge unermeßliche Schätze der lyrischen Dichtung pst_052.006
erschlossen, Hugo Wolf zumal, der immer auf treueste pst_052.007
Auslegung bedacht ist und kaum je über das Wort des pst_052.008
Dichters hinwegmusiziert.

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Aber auch im Konzertsaal bleibt der Hörer für sich pst_052.010
allein mit dem Lied. Es schließt die Einzelnen nicht zusammen pst_052.011
wie eine Symphonie von Haydn, wo jeder sich pst_052.012
zu verbindlicher Neigung zu seinem Nachbarn genötigt pst_052.013
fühlt, oder wie ein Finale Beethovens, dem man zutraut, pst_052.014
daß es alle zum Aufstehen in einem entschlossenen Ruck pst_052.015
zu bewegen vermöchte. Der Beifall, der bei solcher Musik pst_052.016
am Platz ist, verletzt uns nach lyrischen Liedern. pst_052.017
Denn da waren wir einsam und sollen nun auf einmal pst_052.018
wieder mit anderen sein.

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Goethe und Schiller sind, im Bestreben, die Gattungsgesetze pst_052.020
der epischen und dramatischen Poesie zu pst_052.021
finden, vom Verhältnis des Rhapsoden und Mimen zum pst_052.022
Publikum ausgegangen1. Ähnliches ließe sich für die pst_052.023
Lyrik, die sie nicht berühren, leisten:

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Wer sich an niemand wendet und nur einzelne Gleichgestimmte pst_052.025
angeht, braucht keine Überredungskunst. pst_052.026
Die Idee des Lyrischen schließt alle rhetorische Wirkung pst_052.027
aus. Wer nur von Gleichgestimmten vernommen werden pst_052.028
soll, braucht nicht zu begründen. Begründen in lyrischer pst_052.029
Dichtung ist unfein, so unfein, wie wenn ein

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Briefwechsel vom 23. und 26. Dezember 1797.

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  Aber auch im Konzertsaal bleibt der Hörer für sich pst_052.010
allein mit dem Lied. Es schließt die Einzelnen nicht zusammen pst_052.011
wie eine Symphonie von Haydn, wo jeder sich pst_052.012
zu verbindlicher Neigung zu seinem Nachbarn genötigt pst_052.013
fühlt, oder wie ein Finale Beethovens, dem man zutraut, pst_052.014
daß es alle zum Aufstehen in einem entschlossenen Ruck pst_052.015
zu bewegen vermöchte. Der Beifall, der bei solcher Musik pst_052.016
am Platz ist, verletzt uns nach lyrischen Liedern. pst_052.017
Denn da waren wir einsam und sollen nun auf einmal pst_052.018
wieder mit anderen sein.

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  Goethe und Schiller sind, im Bestreben, die Gattungsgesetze pst_052.020
der epischen und dramatischen Poesie zu pst_052.021
finden, vom Verhältnis des Rhapsoden und Mimen zum pst_052.022
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Lyrik, die sie nicht berühren, leisten:

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  Wer sich an niemand wendet und nur einzelne Gleichgestimmte pst_052.025
angeht, braucht keine Überredungskunst. pst_052.026
Die Idee des Lyrischen schließt alle rhetorische Wirkung pst_052.027
aus. Wer nur von Gleichgestimmten vernommen werden pst_052.028
soll, braucht nicht zu begründen. Begründen in lyrischer pst_052.029
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Zitationshilfe: Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/56>, abgerufen am 23.11.2024.