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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.

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Die Frage verzweigt sich mehr und mehr und enthüllt, pst_240.002
indem sie sich ausdehnt, erst den Ernst ihrer Rätselhaftigkeit. pst_240.003
Insbesondere zeigt sich die Schwierigkeit, pst_240.004
der Zeit als "innerem Zeitbewußtsein" oder als "Form pst_240.005
der Anschauung" mit sprachlichen Mitteln beizukommen. pst_240.006
Die drei Begriffe Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft pst_240.007
reichen bei weitem nicht aus, da sie offenbar pst_240.008
schon ein eingebürgertes Vorurteil über die Zeit enthalten. pst_240.009
Gegen das Vorurteil, das in der Sprache verankert pst_240.010
ist, müssen Erkenntnisse mühsam durchgesetzt pst_240.011
werden, ein Geschäft, das dem weiteren Publikum von pst_240.012
jeher Mißvergnügen bereitet.

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Noch immer wird aber die Zeit als Phänomen unter pst_240.014
anderen aufgefaßt. Erst Martin Heidegger hat in ihr pst_240.015
das Sein an sich zu vermuten gewagt und widmet dieser pst_240.016
einen Idee seine ganze philosophische Existenz. Sein pst_240.017
Werk ist noch nicht abgeschlossen. Es scheint, als habe pst_240.018
sich ihm selber während der Arbeit an "Sein und Zeit" pst_240.019
ein weiterer Horizont eröffnet, in dem das Erreichte pst_240.020
modifiziert und zu höherer Bedeutung gesteigert wird. pst_240.021
So wäre es kaum zu empfehlen, einzelne Resultate zu pst_240.022
übernehmen oder gar sich ängstlich seiner noch nicht pst_240.023
endgültig fixierten, oft gewaltsamen Sprache anzuschließen. pst_240.024
Wesentlicher als jedes Ergebnis ist die Gewalt pst_240.025
der Frage selbst. Wie seinerzeit die Frage Kants: pst_240.026
"Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?" eine pst_240.027
neue Epoche der Geisteswissenschaften heraufgeführt pst_240.028
hat, so dürfte der Frage nach dem Sein als Zeit geschichtebildende pst_240.029
Kraft innewohnen. Ob sie sich auszuwirken pst_240.030
vermag, darüber entscheidet ein Geschick, dessen pst_240.031
Sinn wir nicht zu ermessen vermögen. Indes ist

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Die Frage verzweigt sich mehr und mehr und enthüllt, pst_240.002
indem sie sich ausdehnt, erst den Ernst ihrer Rätselhaftigkeit. pst_240.003
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reichen bei weitem nicht aus, da sie offenbar pst_240.008
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Gegen das Vorurteil, das in der Sprache verankert pst_240.010
ist, müssen Erkenntnisse mühsam durchgesetzt pst_240.011
werden, ein Geschäft, das dem weiteren Publikum von pst_240.012
jeher Mißvergnügen bereitet.

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  Noch immer wird aber die Zeit als Phänomen unter pst_240.014
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das Sein an sich zu vermuten gewagt und widmet dieser pst_240.016
einen Idee seine ganze philosophische Existenz. Sein pst_240.017
Werk ist noch nicht abgeschlossen. Es scheint, als habe pst_240.018
sich ihm selber während der Arbeit an «Sein und Zeit» pst_240.019
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So wäre es kaum zu empfehlen, einzelne Resultate zu pst_240.022
übernehmen oder gar sich ängstlich seiner noch nicht pst_240.023
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Wesentlicher als jedes Ergebnis ist die Gewalt pst_240.025
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«Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?» eine pst_240.027
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Zitationshilfe: Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/244>, abgerufen am 09.11.2024.