Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_014.001 "Et je m'en vais pst_014.002 pst_014.007Au vent mauvais, pst_014.003 Qui m'emporte pst_014.004 Deca, dela, pst_014.005 Pareil a la pst_014.006 Feuille morte." Der zweite Vers klingt fast wie der erste, nur daß der pst_014.008 Wenn wir unserm Gefühl für antike Verse trauen pst_014.018 Asteres men amphi kalan selannan pst_014.021in dem Adoneus pst_014.022Laitm' epi kai gan pst_014.023die klare und weite Ruhe hören, die der volle Mond pst_014.024 In solchen Beobachtungen gefällt sich die Stilkritik. pst_014.026 pst_014.001 «Et je m'en vais pst_014.002 pst_014.007Au vent mauvais, pst_014.003 Qui m'emporte pst_014.004 Deçà, delà, pst_014.005 Pareil à la pst_014.006 Feuille morte.» Der zweite Vers klingt fast wie der erste, nur daß der pst_014.008 Wenn wir unserm Gefühl für antike Verse trauen pst_014.018 Ἄστερες μὲν ἀμφὶ κάλαν σελάνναν pst_014.021in dem Adoneus pst_014.022Λαῖτμ' ἔπι καὶ γᾶν pst_014.023die klare und weite Ruhe hören, die der volle Mond pst_014.024 In solchen Beobachtungen gefällt sich die Stilkritik. pst_014.026 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0018" n="14"/> <lb n="pst_014.001"/> <lg> <l>«Et je m'en vais</l> <lb n="pst_014.002"/> <l>Au vent mauvais,</l> <lb n="pst_014.003"/> <l> Qui m'emporte</l> <lb n="pst_014.004"/> <l>Deçà, delà,</l> <lb n="pst_014.005"/> <l>Pareil à la</l> <lb n="pst_014.006"/> <l> Feuille morte.»</l> </lg> <lb n="pst_014.007"/> <p> Der zweite Vers klingt fast wie der erste, nur daß der <lb n="pst_014.008"/> Nasal – so scheint es – in nachlässigem Spiel verschoben <lb n="pst_014.009"/> ist. Die Wörter «vais – mauvais, delà – à la» können <lb n="pst_014.010"/> kaum als Reime gelten; die Zunge bildet denselben <lb n="pst_014.011"/> Vokal, als ob sie sinnlos lallen wollte. Das flüchtige «la» <lb n="pst_014.012"/> als Reimwort nimmt der Sprache noch das letzte Gewicht. <lb n="pst_014.013"/> So werde, könnte man sagen, etwas hoffnungslos <lb n="pst_014.014"/> Verspieltes hörbar; die Laute schon flößen die Stimmung <lb n="pst_014.015"/> ein, die uns der Anblick im Winde treibender <lb n="pst_014.016"/> herbstlicher Blätter bereitet.</p> <lb n="pst_014.017"/> <p> Wenn wir unserm Gefühl für antike Verse trauen <lb n="pst_014.018"/> dürfen, möchte man auch im Schluß der bekannten <lb n="pst_014.019"/> sapphischen Strophe</p> <lb n="pst_014.020"/> <lg> <l> <foreign xml:lang="grc">Ἄστερες μὲν ἀμφὶ κάλαν σελάνναν</foreign> </l> </lg> <lb n="pst_014.021"/> <p>in dem Adoneus</p> <lb n="pst_014.022"/> <lg> <l> <foreign xml:lang="grc">Λαῖτμ' ἔπι καὶ γᾶν</foreign> </l> </lg> <lb n="pst_014.023"/> <p>die klare und weite Ruhe hören, die der volle Mond <lb n="pst_014.024"/> über Land und Meer legt.</p> <lb n="pst_014.025"/> <p> In solchen Beobachtungen gefällt sich die Stilkritik. <lb n="pst_014.026"/> Es läßt sich nichts dagegen sagen. Der Laie jedoch, der <lb n="pst_014.027"/> schlichte Freund der Dichtung, ist unangenehm berührt. <lb n="pst_014.028"/> Er meint, man wolle dem Dichter eine Absicht </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0018]
pst_014.001
«Et je m'en vais pst_014.002
Au vent mauvais, pst_014.003
Qui m'emporte pst_014.004
Deçà, delà, pst_014.005
Pareil à la pst_014.006
Feuille morte.»
pst_014.007
Der zweite Vers klingt fast wie der erste, nur daß der pst_014.008
Nasal – so scheint es – in nachlässigem Spiel verschoben pst_014.009
ist. Die Wörter «vais – mauvais, delà – à la» können pst_014.010
kaum als Reime gelten; die Zunge bildet denselben pst_014.011
Vokal, als ob sie sinnlos lallen wollte. Das flüchtige «la» pst_014.012
als Reimwort nimmt der Sprache noch das letzte Gewicht. pst_014.013
So werde, könnte man sagen, etwas hoffnungslos pst_014.014
Verspieltes hörbar; die Laute schon flößen die Stimmung pst_014.015
ein, die uns der Anblick im Winde treibender pst_014.016
herbstlicher Blätter bereitet.
pst_014.017
Wenn wir unserm Gefühl für antike Verse trauen pst_014.018
dürfen, möchte man auch im Schluß der bekannten pst_014.019
sapphischen Strophe
pst_014.020
Ἄστερες μὲν ἀμφὶ κάλαν σελάνναν
pst_014.021
in dem Adoneus
pst_014.022
Λαῖτμ' ἔπι καὶ γᾶν
pst_014.023
die klare und weite Ruhe hören, die der volle Mond pst_014.024
über Land und Meer legt.
pst_014.025
In solchen Beobachtungen gefällt sich die Stilkritik. pst_014.026
Es läßt sich nichts dagegen sagen. Der Laie jedoch, der pst_014.027
schlichte Freund der Dichtung, ist unangenehm berührt. pst_014.028
Er meint, man wolle dem Dichter eine Absicht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |