"Et je m'en vaispst_014.002 Au vent mauvais,pst_014.003 Qui m'emportepst_014.004 Deca, dela,pst_014.005 Pareil a lapst_014.006 Feuille morte."
pst_014.007
Der zweite Vers klingt fast wie der erste, nur daß der pst_014.008 Nasal - so scheint es - in nachlässigem Spiel verschoben pst_014.009 ist. Die Wörter "vais - mauvais, dela - a la" können pst_014.010 kaum als Reime gelten; die Zunge bildet denselben pst_014.011 Vokal, als ob sie sinnlos lallen wollte. Das flüchtige "la" pst_014.012 als Reimwort nimmt der Sprache noch das letzte Gewicht. pst_014.013 So werde, könnte man sagen, etwas hoffnungslos pst_014.014 Verspieltes hörbar; die Laute schon flößen die Stimmung pst_014.015 ein, die uns der Anblick im Winde treibender pst_014.016 herbstlicher Blätter bereitet.
pst_014.017
Wenn wir unserm Gefühl für antike Verse trauen pst_014.018 dürfen, möchte man auch im Schluß der bekannten pst_014.019 sapphischen Strophe
pst_014.020
Asteres men amphi kalan selannan
pst_014.021
in dem Adoneus
pst_014.022
Laitm' epi kai gan
pst_014.023
die klare und weite Ruhe hören, die der volle Mond pst_014.024 über Land und Meer legt.
pst_014.025
In solchen Beobachtungen gefällt sich die Stilkritik. pst_014.026 Es läßt sich nichts dagegen sagen. Der Laie jedoch, der pst_014.027 schlichte Freund der Dichtung, ist unangenehm berührt. pst_014.028 Er meint, man wolle dem Dichter eine Absicht
pst_014.001
«Et je m'en vaispst_014.002 Au vent mauvais,pst_014.003 Qui m'emportepst_014.004 Deçà, delà,pst_014.005 Pareil à lapst_014.006 Feuille morte.»
pst_014.007
Der zweite Vers klingt fast wie der erste, nur daß der pst_014.008 Nasal – so scheint es – in nachlässigem Spiel verschoben pst_014.009 ist. Die Wörter «vais – mauvais, delà – à la» können pst_014.010 kaum als Reime gelten; die Zunge bildet denselben pst_014.011 Vokal, als ob sie sinnlos lallen wollte. Das flüchtige «la» pst_014.012 als Reimwort nimmt der Sprache noch das letzte Gewicht. pst_014.013 So werde, könnte man sagen, etwas hoffnungslos pst_014.014 Verspieltes hörbar; die Laute schon flößen die Stimmung pst_014.015 ein, die uns der Anblick im Winde treibender pst_014.016 herbstlicher Blätter bereitet.
pst_014.017
Wenn wir unserm Gefühl für antike Verse trauen pst_014.018 dürfen, möchte man auch im Schluß der bekannten pst_014.019 sapphischen Strophe
pst_014.020
Ἄστερες μὲν ἀμφὶ κάλαν σελάνναν
pst_014.021
in dem Adoneus
pst_014.022
Λαῖτμ' ἔπι καὶ γᾶν
pst_014.023
die klare und weite Ruhe hören, die der volle Mond pst_014.024 über Land und Meer legt.
pst_014.025
In solchen Beobachtungen gefällt sich die Stilkritik. pst_014.026 Es läßt sich nichts dagegen sagen. Der Laie jedoch, der pst_014.027 schlichte Freund der Dichtung, ist unangenehm berührt. pst_014.028 Er meint, man wolle dem Dichter eine Absicht
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[14/0018]
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«Et je m'en vais pst_014.002
Au vent mauvais, pst_014.003
Qui m'emporte pst_014.004
Deçà, delà, pst_014.005
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Feuille morte.»
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Der zweite Vers klingt fast wie der erste, nur daß der pst_014.008
Nasal – so scheint es – in nachlässigem Spiel verschoben pst_014.009
ist. Die Wörter «vais – mauvais, delà – à la» können pst_014.010
kaum als Reime gelten; die Zunge bildet denselben pst_014.011
Vokal, als ob sie sinnlos lallen wollte. Das flüchtige «la» pst_014.012
als Reimwort nimmt der Sprache noch das letzte Gewicht. pst_014.013
So werde, könnte man sagen, etwas hoffnungslos pst_014.014
Verspieltes hörbar; die Laute schon flößen die Stimmung pst_014.015
ein, die uns der Anblick im Winde treibender pst_014.016
herbstlicher Blätter bereitet.
pst_014.017
Wenn wir unserm Gefühl für antike Verse trauen pst_014.018
dürfen, möchte man auch im Schluß der bekannten pst_014.019
sapphischen Strophe
pst_014.020
Ἄστερες μὲν ἀμφὶ κάλαν σελάνναν
pst_014.021
in dem Adoneus
pst_014.022
Λαῖτμ' ἔπι καὶ γᾶν
pst_014.023
die klare und weite Ruhe hören, die der volle Mond pst_014.024
über Land und Meer legt.
pst_014.025
In solchen Beobachtungen gefällt sich die Stilkritik. pst_014.026
Es läßt sich nichts dagegen sagen. Der Laie jedoch, der pst_014.027
schlichte Freund der Dichtung, ist unangenehm berührt. pst_014.028
Er meint, man wolle dem Dichter eine Absicht
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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/18>, abgerufen am 16.07.2024.
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