Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.

Bild:
<< vorherige Seite

pst_114.001
Komm dann heran, daß du eilig das Ziel des Todes pst_114.002
erreichest."

(123-143)

pst_114.003

Die Sage von Lykurg ist entbehrlich, wenn es einzig pst_114.004
darauf ankommt, zu erfahren, wer Glaukos sei. Sie ist - pst_114.005
mit Lessing zu reden - kein Teil, der zum Endzweck pst_114.006
übereinstimmt. Weitere Beispiele ließen sich häufen. pst_114.007
Nur eines der deutlichsten, aus dem sechzehnten Gesang pst_114.008
der "Ilias", sei noch genannt. Der Kampf zwischen pst_114.009
den Troern und den Griechen nähert sich einem pst_114.010
Höhepunkt. Schon lodern die Flammen aus dem Schiff pst_114.011
des Protesilaos. Dringendste Hilfe tut not. Achill erkennt pst_114.012
die große Gefahr und ruft seinem Freunde zu:

pst_114.013

"Hebe dich, edler Held Patrokleus, reisiger Kämpfer! pst_114.014
Denn ich seh in den Schiffen des feindlichen Feuers pst_114.015
Gewalt nun! pst_114.016
Eh' sie die Schiff' einnehmen, und kein Entfliehn pst_114.017
noch vergönnt wird, pst_114.018
Hüll in die Waffen dich schnell; und ich selbst pst_114.019
versammle die Völker!"
(126-129)

pst_114.020

Wir hören also: es eilt. Doch damit, daß dies gesagt pst_114.021
ist, hat Homer dem Endzweck seinen Tribut gezollt. pst_114.022
Nun wird erzählt, wie sich Patroklos rüstet. Eine Bemerkung pst_114.023
über den schweren Speer Achills wird eingeflochten. pst_114.024
Sodann versäumt der Dichter nicht, den pst_114.025
Stammbaum der Pferde zu erwähnen. Die Myrmidonen pst_114.026
besammeln sich. Ihren Andrang schildert Homer in pst_114.027
einem ausgedehnten Gleichnis. Dann wird die Geschichte pst_114.028
einiger Unterführer der Myrmidonen erzählt.

pst_114.001
Komm dann heran, daß du eilig das Ziel des Todes pst_114.002
erreichest.»

(123–143)

pst_114.003

  Die Sage von Lykurg ist entbehrlich, wenn es einzig pst_114.004
darauf ankommt, zu erfahren, wer Glaukos sei. Sie ist – pst_114.005
mit Lessing zu reden – kein Teil, der zum Endzweck pst_114.006
übereinstimmt. Weitere Beispiele ließen sich häufen. pst_114.007
Nur eines der deutlichsten, aus dem sechzehnten Gesang pst_114.008
der «Ilias», sei noch genannt. Der Kampf zwischen pst_114.009
den Troern und den Griechen nähert sich einem pst_114.010
Höhepunkt. Schon lodern die Flammen aus dem Schiff pst_114.011
des Protesilaos. Dringendste Hilfe tut not. Achill erkennt pst_114.012
die große Gefahr und ruft seinem Freunde zu:

pst_114.013

«Hebe dich, edler Held Patrokleus, reisiger Kämpfer! pst_114.014
Denn ich seh in den Schiffen des feindlichen Feuers pst_114.015
Gewalt nun! pst_114.016
Eh' sie die Schiff' einnehmen, und kein Entfliehn pst_114.017
noch vergönnt wird, pst_114.018
Hüll in die Waffen dich schnell; und ich selbst pst_114.019
versammle die Völker!»
(126–129)

pst_114.020

  Wir hören also: es eilt. Doch damit, daß dies gesagt pst_114.021
ist, hat Homer dem Endzweck seinen Tribut gezollt. pst_114.022
Nun wird erzählt, wie sich Patroklos rüstet. Eine Bemerkung pst_114.023
über den schweren Speer Achills wird eingeflochten. pst_114.024
Sodann versäumt der Dichter nicht, den pst_114.025
Stammbaum der Pferde zu erwähnen. Die Myrmidonen pst_114.026
besammeln sich. Ihren Andrang schildert Homer in pst_114.027
einem ausgedehnten Gleichnis. Dann wird die Geschichte pst_114.028
einiger Unterführer der Myrmidonen erzählt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0118" n="114"/>
            <lb n="pst_114.001"/>
            <l>Komm dann heran, daß du eilig das Ziel des Todes</l>
            <lb n="pst_114.002"/>
            <l> <hi rendition="#et">erreichest.»</hi> </l>
          </lg>
          <p> <hi rendition="#right">(123&#x2013;143)</hi> </p>
          <lb n="pst_114.003"/>
          <p>  Die Sage von Lykurg ist entbehrlich, wenn es einzig <lb n="pst_114.004"/>
darauf ankommt, zu erfahren, wer Glaukos sei. Sie ist &#x2013; <lb n="pst_114.005"/>
mit Lessing zu reden &#x2013; kein Teil, der zum Endzweck <lb n="pst_114.006"/>
übereinstimmt. Weitere Beispiele ließen sich häufen. <lb n="pst_114.007"/>
Nur eines der deutlichsten, aus dem sechzehnten Gesang <lb n="pst_114.008"/>
der «Ilias», sei noch genannt. Der Kampf zwischen <lb n="pst_114.009"/>
den Troern und den Griechen nähert sich einem <lb n="pst_114.010"/>
Höhepunkt. Schon lodern die Flammen aus dem Schiff <lb n="pst_114.011"/>
des Protesilaos. Dringendste Hilfe tut not. Achill erkennt <lb n="pst_114.012"/>
die große Gefahr und ruft seinem Freunde zu:</p>
          <p>
            <lb n="pst_114.013"/>
            <lg>
              <l>«Hebe dich, edler Held Patrokleus, reisiger Kämpfer!</l>
              <lb n="pst_114.014"/>
              <l>Denn ich seh in den Schiffen des feindlichen Feuers</l>
              <lb n="pst_114.015"/>
              <l> <hi rendition="#et">Gewalt nun!</hi> </l>
              <lb n="pst_114.016"/>
              <l>Eh' sie die Schiff' einnehmen, und kein Entfliehn</l>
              <lb n="pst_114.017"/>
              <l> <hi rendition="#et">noch vergönnt wird,</hi> </l>
              <lb n="pst_114.018"/>
              <l>Hüll in die Waffen dich schnell; und ich selbst</l>
              <lb n="pst_114.019"/>
              <l> <hi rendition="#et">versammle die Völker!»</hi> </l>
            </lg> <hi rendition="#right">(126&#x2013;129)</hi> </p>
          <lb n="pst_114.020"/>
          <p>  Wir hören also: es eilt. Doch damit, daß dies gesagt <lb n="pst_114.021"/>
ist, hat Homer dem Endzweck seinen Tribut gezollt. <lb n="pst_114.022"/>
Nun wird erzählt, wie sich Patroklos rüstet. Eine Bemerkung <lb n="pst_114.023"/>
über den schweren Speer Achills wird eingeflochten. <lb n="pst_114.024"/>
Sodann versäumt der Dichter nicht, den <lb n="pst_114.025"/>
Stammbaum der Pferde zu erwähnen. Die Myrmidonen <lb n="pst_114.026"/>
besammeln sich. Ihren Andrang schildert Homer in <lb n="pst_114.027"/>
einem ausgedehnten Gleichnis. Dann wird die Geschichte <lb n="pst_114.028"/>
einiger Unterführer der Myrmidonen erzählt.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0118] pst_114.001 Komm dann heran, daß du eilig das Ziel des Todes pst_114.002 erreichest.» (123–143) pst_114.003   Die Sage von Lykurg ist entbehrlich, wenn es einzig pst_114.004 darauf ankommt, zu erfahren, wer Glaukos sei. Sie ist – pst_114.005 mit Lessing zu reden – kein Teil, der zum Endzweck pst_114.006 übereinstimmt. Weitere Beispiele ließen sich häufen. pst_114.007 Nur eines der deutlichsten, aus dem sechzehnten Gesang pst_114.008 der «Ilias», sei noch genannt. Der Kampf zwischen pst_114.009 den Troern und den Griechen nähert sich einem pst_114.010 Höhepunkt. Schon lodern die Flammen aus dem Schiff pst_114.011 des Protesilaos. Dringendste Hilfe tut not. Achill erkennt pst_114.012 die große Gefahr und ruft seinem Freunde zu: pst_114.013 «Hebe dich, edler Held Patrokleus, reisiger Kämpfer! pst_114.014 Denn ich seh in den Schiffen des feindlichen Feuers pst_114.015 Gewalt nun! pst_114.016 Eh' sie die Schiff' einnehmen, und kein Entfliehn pst_114.017 noch vergönnt wird, pst_114.018 Hüll in die Waffen dich schnell; und ich selbst pst_114.019 versammle die Völker!» (126–129) pst_114.020   Wir hören also: es eilt. Doch damit, daß dies gesagt pst_114.021 ist, hat Homer dem Endzweck seinen Tribut gezollt. pst_114.022 Nun wird erzählt, wie sich Patroklos rüstet. Eine Bemerkung pst_114.023 über den schweren Speer Achills wird eingeflochten. pst_114.024 Sodann versäumt der Dichter nicht, den pst_114.025 Stammbaum der Pferde zu erwähnen. Die Myrmidonen pst_114.026 besammeln sich. Ihren Andrang schildert Homer in pst_114.027 einem ausgedehnten Gleichnis. Dann wird die Geschichte pst_114.028 einiger Unterführer der Myrmidonen erzählt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/118
Zitationshilfe: Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/118>, abgerufen am 04.05.2024.