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Stählein, Johann Michael: Der reisende Schneidergesell. Erfurt, 1783.

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Mayer, einen Seckler von Berlin, welcher
9 Jahre in der Sklaverey gewesen ist. Mich
hat dieses Unglück 7 Jahre betroffen. Herr
Heltenstein bezahlte für uns beede 6000
Gulden Lösegeld.

Das erstere, so wir nach unserer Erlö-
sung thaten, war, dem Allerhöchsten auf den
Knien zu danken, der uns nicht nur unsere
so harte Sklaverey ertragen half, sondern
auch das Herz unsers Erretters dahin lenkte,
uns loszukaufen. Wir unterließen auch nicht
für unsere noch in der Sklaverey lebende Mit-
sklaven andächtig zu beten. Bitten auch ei-
nen jeden Christen, sie -- deren Plage so groß
ist, daß sie fast um Seel und Seligkeit kom-
men möchten -- in seinem Gebete eifrigst
mit einzuschließen. Wir giengen mit Herrn
Heltenstein nach Europa, und kamen glük-
lich und wohlbehalten in Amsterdam an, wo-
selbst wir 14 Tage blieben, um uns zu ku-
riren, welches dieser grosmüthige Herr auf
seine Kosten thun ließ. Er stellte uns frey,
ob wir bey ihm bleiben wollten, allein, die
Liebe nach unserm Vaterlande trieb uns an,
daß wir uns von ihm beurlaubten. --

Gott, der Vergelter alles Guten, segne
diesen braven und rechtschaffenen Mann mit
zeitlichen und nach lange durchlebten Jahren
mit ewigen Gütern; Es müsse ihm niemalen
fehlen an irgend einem Guten! Meine täg-
liche Beschäftigung müsse seyn, den Allerhöch-

sten

Mayer, einen Seckler von Berlin, welcher
9 Jahre in der Sklaverey geweſen iſt. Mich
hat dieſes Ungluͤck 7 Jahre betroffen. Herr
Heltenſtein bezahlte fuͤr uns beede 6000
Gulden Loͤſegeld.

Das erſtere, ſo wir nach unſerer Erloͤ-
ſung thaten, war, dem Allerhoͤchſten auf den
Knien zu danken, der uns nicht nur unſere
ſo harte Sklaverey ertragen half, ſondern
auch das Herz unſers Erretters dahin lenkte,
uns loszukaufen. Wir unterließen auch nicht
fuͤr unſere noch in der Sklaverey lebende Mit-
ſklaven andaͤchtig zu beten. Bitten auch ei-
nen jeden Chriſten, ſie — deren Plage ſo groß
iſt, daß ſie faſt um Seel und Seligkeit kom-
men moͤchten — in ſeinem Gebete eifrigſt
mit einzuſchließen. Wir giengen mit Herrn
Heltenſtein nach Europa, und kamen gluͤk-
lich und wohlbehalten in Amſterdam an, wo-
ſelbſt wir 14 Tage blieben, um uns zu ku-
riren, welches dieſer grosmuͤthige Herr auf
ſeine Koſten thun ließ. Er ſtellte uns frey,
ob wir bey ihm bleiben wollten, allein, die
Liebe nach unſerm Vaterlande trieb uns an,
daß wir uns von ihm beurlaubten. —

Gott, der Vergelter alles Guten, ſegne
dieſen braven und rechtſchaffenen Mann mit
zeitlichen und nach lange durchlebten Jahren
mit ewigen Guͤtern; Es muͤſſe ihm niemalen
fehlen an irgend einem Guten! Meine taͤg-
liche Beſchaͤftigung muͤſſe ſeyn, den Allerhoͤch-

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[13/0015] Mayer, einen Seckler von Berlin, welcher 9 Jahre in der Sklaverey geweſen iſt. Mich hat dieſes Ungluͤck 7 Jahre betroffen. Herr Heltenſtein bezahlte fuͤr uns beede 6000 Gulden Loͤſegeld. Das erſtere, ſo wir nach unſerer Erloͤ- ſung thaten, war, dem Allerhoͤchſten auf den Knien zu danken, der uns nicht nur unſere ſo harte Sklaverey ertragen half, ſondern auch das Herz unſers Erretters dahin lenkte, uns loszukaufen. Wir unterließen auch nicht fuͤr unſere noch in der Sklaverey lebende Mit- ſklaven andaͤchtig zu beten. Bitten auch ei- nen jeden Chriſten, ſie — deren Plage ſo groß iſt, daß ſie faſt um Seel und Seligkeit kom- men moͤchten — in ſeinem Gebete eifrigſt mit einzuſchließen. Wir giengen mit Herrn Heltenſtein nach Europa, und kamen gluͤk- lich und wohlbehalten in Amſterdam an, wo- ſelbſt wir 14 Tage blieben, um uns zu ku- riren, welches dieſer grosmuͤthige Herr auf ſeine Koſten thun ließ. Er ſtellte uns frey, ob wir bey ihm bleiben wollten, allein, die Liebe nach unſerm Vaterlande trieb uns an, daß wir uns von ihm beurlaubten. — Gott, der Vergelter alles Guten, ſegne dieſen braven und rechtſchaffenen Mann mit zeitlichen und nach lange durchlebten Jahren mit ewigen Guͤtern; Es muͤſſe ihm niemalen fehlen an irgend einem Guten! Meine taͤg- liche Beſchaͤftigung muͤſſe ſeyn, den Allerhoͤch- ſten

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Zitationshilfe: Stählein, Johann Michael: Der reisende Schneidergesell. Erfurt, 1783, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staehlein_schneidergesell_1783/15>, abgerufen am 29.03.2024.