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Stählein, Johann Michael: Der reisende Schneidergesell. Erfurt, 1783.

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sten in meinem Gebete anzurufen, daß er
Jhn lange Jahre bey beständig dauerhafter
Gesundheit, und allem ersprießlichen Wohl-
ergehen erhalten möge. Möchten diese we-
nige Blätter so glüklich seyn, zu Jhm zu ge-
langen, sie würden ihn überzeugen, wie sehr
mein Herz für seine Wohlthaten durchdrun-
gen ist. --

Wir reiseten zu Ende des Monats August,
1773 von Amsterdam nach Hamburg; da-
selbst starb zu meiner größten Betrübniß, mein
Reisekammerad Mayer, weil er die Luft und
die Speisen nicht vertragen konnte, und wur-
de in den Sanct Peterskirchhof begraben.

Nach seinem Tode wußte ich nicht, wo-
hin ich mich wenden sollte. Jedoch entschloß
ich mich, von Hamburg nach Frankfurth
am Mayn
zu gehen, von da nach Wertheim,
bis ich endlich nach einer 14jährigen Abwe-
senheit in meiner Vaterstadt Windsheim
glüklich ankam. Da ich nun durch die grau-
samen Schläge, und durch die lange Gewohn-
heit am Pfluge zu gehen, ganz krumm gewor-
den bin, und auch eine Hand gelähmt ist; so
bin ich, leider! ganz untüchtig, einige Ar-
beit zu verrichten. Jch bin daher gezwungen
und nothgedrungen, gutthätige Herzen um
einigen Beystand anzuflehen. Jch reißte al-
so von Windsheim aus weg, kam nach Heil-
bron, Stuttgard, Tübingen, Kalb, Pforz-
heim, Rastadt, Straßburg, Hagenau,

Mühl-

ſten in meinem Gebete anzurufen, daß er
Jhn lange Jahre bey beſtaͤndig dauerhafter
Geſundheit, und allem erſprießlichen Wohl-
ergehen erhalten moͤge. Moͤchten dieſe we-
nige Blaͤtter ſo gluͤklich ſeyn, zu Jhm zu ge-
langen, ſie wuͤrden ihn uͤberzeugen, wie ſehr
mein Herz fuͤr ſeine Wohlthaten durchdrun-
gen iſt. —

Wir reiſeten zu Ende des Monats Auguſt,
1773 von Amſterdam nach Hamburg; da-
ſelbſt ſtarb zu meiner groͤßten Betruͤbniß, mein
Reiſekammerad Mayer, weil er die Luft und
die Speiſen nicht vertragen konnte, und wur-
de in den Sanct Peterskirchhof begraben.

Nach ſeinem Tode wußte ich nicht, wo-
hin ich mich wenden ſollte. Jedoch entſchloß
ich mich, von Hamburg nach Frankfurth
am Mayn
zu gehen, von da nach Wertheim,
bis ich endlich nach einer 14jaͤhrigen Abwe-
ſenheit in meiner Vaterſtadt Windsheim
gluͤklich ankam. Da ich nun durch die grau-
ſamen Schlaͤge, und durch die lange Gewohn-
heit am Pfluge zu gehen, ganz krumm gewor-
den bin, und auch eine Hand gelaͤhmt iſt; ſo
bin ich, leider! ganz untuͤchtig, einige Ar-
beit zu verrichten. Jch bin daher gezwungen
und nothgedrungen, gutthaͤtige Herzen um
einigen Beyſtand anzuflehen. Jch reißte al-
ſo von Windsheim aus weg, kam nach Heil-
bron, Stuttgard, Tuͤbingen, Kalb, Pforz-
heim, Raſtadt, Straßburg, Hagenau,

Muͤhl-
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[14/0016] ſten in meinem Gebete anzurufen, daß er Jhn lange Jahre bey beſtaͤndig dauerhafter Geſundheit, und allem erſprießlichen Wohl- ergehen erhalten moͤge. Moͤchten dieſe we- nige Blaͤtter ſo gluͤklich ſeyn, zu Jhm zu ge- langen, ſie wuͤrden ihn uͤberzeugen, wie ſehr mein Herz fuͤr ſeine Wohlthaten durchdrun- gen iſt. — Wir reiſeten zu Ende des Monats Auguſt, 1773 von Amſterdam nach Hamburg; da- ſelbſt ſtarb zu meiner groͤßten Betruͤbniß, mein Reiſekammerad Mayer, weil er die Luft und die Speiſen nicht vertragen konnte, und wur- de in den Sanct Peterskirchhof begraben. Nach ſeinem Tode wußte ich nicht, wo- hin ich mich wenden ſollte. Jedoch entſchloß ich mich, von Hamburg nach Frankfurth am Mayn zu gehen, von da nach Wertheim, bis ich endlich nach einer 14jaͤhrigen Abwe- ſenheit in meiner Vaterſtadt Windsheim gluͤklich ankam. Da ich nun durch die grau- ſamen Schlaͤge, und durch die lange Gewohn- heit am Pfluge zu gehen, ganz krumm gewor- den bin, und auch eine Hand gelaͤhmt iſt; ſo bin ich, leider! ganz untuͤchtig, einige Ar- beit zu verrichten. Jch bin daher gezwungen und nothgedrungen, gutthaͤtige Herzen um einigen Beyſtand anzuflehen. Jch reißte al- ſo von Windsheim aus weg, kam nach Heil- bron, Stuttgard, Tuͤbingen, Kalb, Pforz- heim, Raſtadt, Straßburg, Hagenau, Muͤhl-

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Zitationshilfe: Stählein, Johann Michael: Der reisende Schneidergesell. Erfurt, 1783, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staehlein_schneidergesell_1783/16>, abgerufen am 23.04.2024.