Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

räumen und das nöthige Gepäcke herbei schaf-
fen zu lassen.

Als die Gräfin allein war, sank sie auf
ihre Knie, und dankte Gott innig, daß er
das Herz des Fürsten zur Gnade gelenkt habe.
Der dunkle Vorhang, der bisher jede Aus-
sicht deckte, öfnete sich, sie blikte in die Zu-
kunft, und sah im Hintergrunde ihren ent-
flohenen Gatten zu den Füssen des Fürsten
knien, wie er ihm für sein Leben dankte, und
dann in die ofnen Arme der Gattin und Kin-
der eilte. Wer kanns der Leidenden wohl
verdenken, wenn sie sah, was sie wünschte,
wenn sie hofte, was freilich nicht möglich
war, ihrem liebenden Herzen aber doch so
leicht möglich schien!

Sie sande nun in hastiger Eile nach eini-
gen ihrer treusten Diener und Dienerinnen,
sie erzählte ihnen ihr Glück, und traf An-

raͤumen und das noͤthige Gepaͤcke herbei ſchaf-
fen zu laſſen.

Als die Graͤfin allein war, ſank ſie auf
ihre Knie, und dankte Gott innig, daß er
das Herz des Fuͤrſten zur Gnade gelenkt habe.
Der dunkle Vorhang, der bisher jede Aus-
ſicht deckte, oͤfnete ſich, ſie blikte in die Zu-
kunft, und ſah im Hintergrunde ihren ent-
flohenen Gatten zu den Fuͤſſen des Fuͤrſten
knien, wie er ihm fuͤr ſein Leben dankte, und
dann in die ofnen Arme der Gattin und Kin-
der eilte. Wer kanns der Leidenden wohl
verdenken, wenn ſie ſah, was ſie wuͤnſchte,
wenn ſie hofte, was freilich nicht moͤglich
war, ihrem liebenden Herzen aber doch ſo
leicht moͤglich ſchien!

Sie ſande nun in haſtiger Eile nach eini-
gen ihrer treuſten Diener und Dienerinnen,
ſie erzaͤhlte ihnen ihr Gluͤck, und traf An-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0143" n="133"/>
ra&#x0364;umen und das no&#x0364;thige Gepa&#x0364;cke herbei &#x017F;chaf-<lb/>
fen zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Als die Gra&#x0364;fin allein war, &#x017F;ank &#x017F;ie auf<lb/>
ihre Knie, und dankte Gott innig, daß er<lb/>
das Herz des Fu&#x0364;r&#x017F;ten zur Gnade gelenkt habe.<lb/>
Der dunkle Vorhang, der bisher jede Aus-<lb/>
&#x017F;icht deckte, o&#x0364;fnete &#x017F;ich, &#x017F;ie blikte in die Zu-<lb/>
kunft, und &#x017F;ah im Hintergrunde ihren ent-<lb/>
flohenen Gatten zu den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en des Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
knien, wie er ihm fu&#x0364;r &#x017F;ein Leben dankte, und<lb/>
dann in die ofnen Arme der Gattin und Kin-<lb/>
der eilte. Wer kanns der Leidenden wohl<lb/>
verdenken, wenn &#x017F;ie &#x017F;ah, was &#x017F;ie wu&#x0364;n&#x017F;chte,<lb/>
wenn &#x017F;ie hofte, was freilich nicht mo&#x0364;glich<lb/>
war, ihrem liebenden Herzen aber doch &#x017F;o<lb/>
leicht mo&#x0364;glich &#x017F;chien!</p><lb/>
        <p>Sie &#x017F;ande nun in ha&#x017F;tiger Eile nach eini-<lb/>
gen ihrer treu&#x017F;ten Diener und Dienerinnen,<lb/>
&#x017F;ie erza&#x0364;hlte ihnen ihr Glu&#x0364;ck, und traf An-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0143] raͤumen und das noͤthige Gepaͤcke herbei ſchaf- fen zu laſſen. Als die Graͤfin allein war, ſank ſie auf ihre Knie, und dankte Gott innig, daß er das Herz des Fuͤrſten zur Gnade gelenkt habe. Der dunkle Vorhang, der bisher jede Aus- ſicht deckte, oͤfnete ſich, ſie blikte in die Zu- kunft, und ſah im Hintergrunde ihren ent- flohenen Gatten zu den Fuͤſſen des Fuͤrſten knien, wie er ihm fuͤr ſein Leben dankte, und dann in die ofnen Arme der Gattin und Kin- der eilte. Wer kanns der Leidenden wohl verdenken, wenn ſie ſah, was ſie wuͤnſchte, wenn ſie hofte, was freilich nicht moͤglich war, ihrem liebenden Herzen aber doch ſo leicht moͤglich ſchien! Sie ſande nun in haſtiger Eile nach eini- gen ihrer treuſten Diener und Dienerinnen, ſie erzaͤhlte ihnen ihr Gluͤck, und traf An-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/143
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/143>, abgerufen am 21.11.2024.