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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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lich geschrieben, so hat mir wenigstens deine
saubre Mutter vorgelesen, daß du fest ent-
schlossen seist, Dinte zu lecken, Federn zu
käuen, und mit gleißnerischen Worten den
Obrigkeiten ihre Rechte zu schmälern, die
einst ihre Vorfahren mit Muth und Blut
theuer erkauften, ich kann unmöglich glau-
ben, daß mein Blut so ganz ausarten sollte,
und habe dich herberufen, um deine Mei-
nung zu hören, und dir meinen Willen zu
verkündigen.

Ich kannte den wüthenden Jähzorn mei-
nes Vaters aus früherer Erfahrung, ich sah
ein, daß er fürchterlich wüthen, mich sicher
vernichten würde, wenn ich auch nur mit
Gründen seine einmal gefaßte Meinung wider-
legen wollte, ich gestand ihm daher offen,
daß ich Staatsdienste für meine Bestimmung
gehalten hätte, weil er mich studieren ließe,
daß ich aber Stolz genug von ihm geerbt hät-

lich geſchrieben, ſo hat mir wenigſtens deine
ſaubre Mutter vorgeleſen, daß du feſt ent-
ſchloſſen ſeiſt, Dinte zu lecken, Federn zu
kaͤuen, und mit gleißneriſchen Worten den
Obrigkeiten ihre Rechte zu ſchmaͤlern, die
einſt ihre Vorfahren mit Muth und Blut
theuer erkauften, ich kann unmoͤglich glau-
ben, daß mein Blut ſo ganz ausarten ſollte,
und habe dich herberufen, um deine Mei-
nung zu hoͤren, und dir meinen Willen zu
verkuͤndigen.

Ich kannte den wuͤthenden Jaͤhzorn mei-
nes Vaters aus fruͤherer Erfahrung, ich ſah
ein, daß er fuͤrchterlich wuͤthen, mich ſicher
vernichten wuͤrde, wenn ich auch nur mit
Gruͤnden ſeine einmal gefaßte Meinung wider-
legen wollte, ich geſtand ihm daher offen,
daß ich Staatsdienſte fuͤr meine Beſtimmung
gehalten haͤtte, weil er mich ſtudieren ließe,
daß ich aber Stolz genug von ihm geerbt haͤt-

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[57/0071] lich geſchrieben, ſo hat mir wenigſtens deine ſaubre Mutter vorgeleſen, daß du feſt ent- ſchloſſen ſeiſt, Dinte zu lecken, Federn zu kaͤuen, und mit gleißneriſchen Worten den Obrigkeiten ihre Rechte zu ſchmaͤlern, die einſt ihre Vorfahren mit Muth und Blut theuer erkauften, ich kann unmoͤglich glau- ben, daß mein Blut ſo ganz ausarten ſollte, und habe dich herberufen, um deine Mei- nung zu hoͤren, und dir meinen Willen zu verkuͤndigen. Ich kannte den wuͤthenden Jaͤhzorn mei- nes Vaters aus fruͤherer Erfahrung, ich ſah ein, daß er fuͤrchterlich wuͤthen, mich ſicher vernichten wuͤrde, wenn ich auch nur mit Gruͤnden ſeine einmal gefaßte Meinung wider- legen wollte, ich geſtand ihm daher offen, daß ich Staatsdienſte fuͤr meine Beſtimmung gehalten haͤtte, weil er mich ſtudieren ließe, daß ich aber Stolz genug von ihm geerbt haͤt-

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/71>, abgerufen am 24.11.2024.