lich entehren, ein elender Federheld, ein kriechender Hofschranze werden wollte. Als ich dem Befehle der guten Mutter getreu, daheim anlangte, stand sie weinend am Fen- ster, und hob ihre Hände bittend in die Hö- he, mein Vater empfieng mich mit tiefem Ernste an der Thüre, und führte mich still- schweigend in sein Kabinet. Auf dem Tische lagen zwei Pistolen, er nahm sie unter den Arm, und sah mich lange mit finsterm Blicke an. Bist, sprach er endlich, eine wahre Zuk- kerpuppe geworden! Wie das alles gepudert, geschnerkelt und gedrechselt ist! Wie's witter[t], als ob Bisamkatzen hier nisteten! Schwören wollte ich einen hohen Eid, und meine Se- ligkeit rein erhalten, daß du nicht mein Sohn seist, wenn dir nicht der liebe Gott aus Erbarmen eine Nase ins Gesicht gepflanzt hätte, welche die verdammten Städter doch nicht verhunzen konnten, die der meinigen noch immer ähnlich sieht. Du hast mir neu-
lich entehren, ein elender Federheld, ein kriechender Hofſchranze werden wollte. Als ich dem Befehle der guten Mutter getreu, daheim anlangte, ſtand ſie weinend am Fen- ſter, und hob ihre Haͤnde bittend in die Hoͤ- he, mein Vater empfieng mich mit tiefem Ernſte an der Thuͤre, und fuͤhrte mich ſtill- ſchweigend in ſein Kabinet. Auf dem Tiſche lagen zwei Piſtolen, er nahm ſie unter den Arm, und ſah mich lange mit finſterm Blicke an. Biſt, ſprach er endlich, eine wahre Zuk- kerpuppe geworden! Wie das alles gepudert, geſchnerkelt und gedrechſelt iſt! Wie's witter[t], als ob Biſamkatzen hier niſteten! Schwoͤren wollte ich einen hohen Eid, und meine Se- ligkeit rein erhalten, daß du nicht mein Sohn ſeiſt, wenn dir nicht der liebe Gott aus Erbarmen eine Naſe ins Geſicht gepflanzt haͤtte, welche die verdammten Staͤdter doch nicht verhunzen konnten, die der meinigen noch immer aͤhnlich ſieht. Du haſt mir neu-
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lich entehren, ein elender Federheld, ein
kriechender Hofſchranze werden wollte. Als
ich dem Befehle der guten Mutter getreu,
daheim anlangte, ſtand ſie weinend am Fen-
ſter, und hob ihre Haͤnde bittend in die Hoͤ-
he, mein Vater empfieng mich mit tiefem
Ernſte an der Thuͤre, und fuͤhrte mich ſtill-
ſchweigend in ſein Kabinet. Auf dem Tiſche
lagen zwei Piſtolen, er nahm ſie unter den
Arm, und ſah mich lange mit finſterm Blicke
an. Biſt, ſprach er endlich, eine wahre Zuk-
kerpuppe geworden! Wie das alles gepudert,
geſchnerkelt und gedrechſelt iſt! Wie's wittert,
als ob Biſamkatzen hier niſteten! Schwoͤren
wollte ich einen hohen Eid, und meine Se-
ligkeit rein erhalten, daß du nicht mein
Sohn ſeiſt, wenn dir nicht der liebe Gott
aus Erbarmen eine Naſe ins Geſicht gepflanzt
haͤtte, welche die verdammten Staͤdter doch
nicht verhunzen konnten, die der meinigen
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/70>, abgerufen am 24.11.2024.
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