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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Ungeachtet aller Versicherung des Arztes,
daß alle Gefahr geendet habe, fand man
Amalien doch am andern Morgen in einer
anhaltenden Fieberhitze. Angst und Schrecken,
die jähe Erkältung hatte auf ihren Körper;
betrogene Hofnung, getäuschte Sehnsucht,
den geliebten Retter zu sprechen, auf ihre
Seele gleich stark gewürkt. Der Arzt erschrak,
als er sie in diesem Zustande traf, er ver-
heelte den Eltern die Gefahr nicht, in wel-
cher sie einige Tage nachher wirklich schwebte,
aus welcher sie endlich nicht die Kunst des
Arztes, sondern jugendliche Kraft und Stärke
glücklich rettete. Groß war diese Zeit über der
liebenden Eltern Jammer, sie wichen nicht von
dem Bette des einzigen Kindes, und hörten
es deutlich, wie sie oft durch Hülfe des fie-
brischen Irrwahns in Wäldern umher irrte,
ihren Retter suchte, und nirgends fand.


Ungeachtet aller Verſicherung des Arztes,
daß alle Gefahr geendet habe, fand man
Amalien doch am andern Morgen in einer
anhaltenden Fieberhitze. Angſt und Schrecken,
die jaͤhe Erkaͤltung hatte auf ihren Koͤrper;
betrogene Hofnung, getaͤuſchte Sehnſucht,
den geliebten Retter zu ſprechen, auf ihre
Seele gleich ſtark gewuͤrkt. Der Arzt erſchrak,
als er ſie in dieſem Zuſtande traf, er ver-
heelte den Eltern die Gefahr nicht, in wel-
cher ſie einige Tage nachher wirklich ſchwebte,
aus welcher ſie endlich nicht die Kunſt des
Arztes, ſondern jugendliche Kraft und Staͤrke
gluͤcklich rettete. Groß war dieſe Zeit uͤber der
liebenden Eltern Jammer, ſie wichen nicht von
dem Bette des einzigen Kindes, und hoͤrten
es deutlich, wie ſie oft durch Huͤlfe des fie-
briſchen Irrwahns in Waͤldern umher irrte,
ihren Retter ſuchte, und nirgends fand.


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[36/0050] Ungeachtet aller Verſicherung des Arztes, daß alle Gefahr geendet habe, fand man Amalien doch am andern Morgen in einer anhaltenden Fieberhitze. Angſt und Schrecken, die jaͤhe Erkaͤltung hatte auf ihren Koͤrper; betrogene Hofnung, getaͤuſchte Sehnſucht, den geliebten Retter zu ſprechen, auf ihre Seele gleich ſtark gewuͤrkt. Der Arzt erſchrak, als er ſie in dieſem Zuſtande traf, er ver- heelte den Eltern die Gefahr nicht, in wel- cher ſie einige Tage nachher wirklich ſchwebte, aus welcher ſie endlich nicht die Kunſt des Arztes, ſondern jugendliche Kraft und Staͤrke gluͤcklich rettete. Groß war dieſe Zeit uͤber der liebenden Eltern Jammer, ſie wichen nicht von dem Bette des einzigen Kindes, und hoͤrten es deutlich, wie ſie oft durch Huͤlfe des fie- briſchen Irrwahns in Waͤldern umher irrte, ihren Retter ſuchte, und nirgends fand.

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/50>, abgerufen am 21.11.2024.