Der eilfte Tag erschien nun, und mit ihm die Stunde, in welcher die Kampfrichter den Tapfersten nennen, und Kleta ihm den Preiß reichen sollte. Sie war diesmal in weisse und himmelblaue Seide gekleidet, und glich voll- kommen einer Huldgöttin, welche von höhern Gefilden herabsteigt, um den Menschen be- greiflich zu machen, daß es noch schönere We- sen, wie er, giebt. Die Ritter standen in dichtem Haufen an den Schranken, in welchen die Richter sassen, sie erkannten einstimmig den Hugo von Immenthal für den tapfersten. Der Herold rief seinen Namen aus, er trat mit entblößtem Haupte aus dem Haufen her- vor, die Jungfrauen warfen Blumen und Kränze auf ihn herab, er dankte, aber sein Blick hing an Kleta, die mit zitternder Hand den Helm hob, und ihn gegen ihn ausstreckte.
Du warst der Tapferste, sprach sie mit stammelnder Stimme, du verdienst den er-
Der eilfte Tag erſchien nun, und mit ihm die Stunde, in welcher die Kampfrichter den Tapferſten nennen, und Kleta ihm den Preiß reichen ſollte. Sie war diesmal in weiſſe und himmelblaue Seide gekleidet, und glich voll- kommen einer Huldgoͤttin, welche von hoͤhern Gefilden herabſteigt, um den Menſchen be- greiflich zu machen, daß es noch ſchoͤnere We- ſen, wie er, giebt. Die Ritter ſtanden in dichtem Haufen an den Schranken, in welchen die Richter ſaſſen, ſie erkannten einſtimmig den Hugo von Immenthal fuͤr den tapferſten. Der Herold rief ſeinen Namen aus, er trat mit entbloͤßtem Haupte aus dem Haufen her- vor, die Jungfrauen warfen Blumen und Kraͤnze auf ihn herab, er dankte, aber ſein Blick hing an Kleta, die mit zitternder Hand den Helm hob, und ihn gegen ihn ausſtreckte.
Du warſt der Tapferſte, ſprach ſie mit ſtammelnder Stimme, du verdienſt den er-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0356"n="342"/><p>Der eilfte Tag erſchien nun, und mit ihm<lb/>
die Stunde, in welcher die Kampfrichter den<lb/>
Tapferſten nennen, und Kleta ihm den Preiß<lb/>
reichen ſollte. Sie war diesmal in weiſſe und<lb/>
himmelblaue Seide gekleidet, und glich voll-<lb/>
kommen einer Huldgoͤttin, welche von hoͤhern<lb/>
Gefilden herabſteigt, um den Menſchen be-<lb/>
greiflich zu machen, daß es noch ſchoͤnere We-<lb/>ſen, wie er, giebt. Die Ritter ſtanden in<lb/>
dichtem Haufen an den Schranken, in welchen<lb/>
die Richter ſaſſen, ſie erkannten einſtimmig<lb/>
den Hugo von Immenthal fuͤr den tapferſten.<lb/>
Der Herold rief ſeinen Namen aus, er trat<lb/>
mit entbloͤßtem Haupte aus dem Haufen her-<lb/>
vor, die Jungfrauen warfen Blumen und<lb/>
Kraͤnze auf ihn herab, er dankte, aber ſein<lb/>
Blick hing an Kleta, die mit zitternder Hand<lb/>
den Helm hob, und ihn gegen ihn ausſtreckte.</p><lb/><p>Du warſt der Tapferſte, ſprach ſie mit<lb/>ſtammelnder Stimme, du verdienſt den er-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[342/0356]
Der eilfte Tag erſchien nun, und mit ihm
die Stunde, in welcher die Kampfrichter den
Tapferſten nennen, und Kleta ihm den Preiß
reichen ſollte. Sie war diesmal in weiſſe und
himmelblaue Seide gekleidet, und glich voll-
kommen einer Huldgoͤttin, welche von hoͤhern
Gefilden herabſteigt, um den Menſchen be-
greiflich zu machen, daß es noch ſchoͤnere We-
ſen, wie er, giebt. Die Ritter ſtanden in
dichtem Haufen an den Schranken, in welchen
die Richter ſaſſen, ſie erkannten einſtimmig
den Hugo von Immenthal fuͤr den tapferſten.
Der Herold rief ſeinen Namen aus, er trat
mit entbloͤßtem Haupte aus dem Haufen her-
vor, die Jungfrauen warfen Blumen und
Kraͤnze auf ihn herab, er dankte, aber ſein
Blick hing an Kleta, die mit zitternder Hand
den Helm hob, und ihn gegen ihn ausſtreckte.
Du warſt der Tapferſte, ſprach ſie mit
ſtammelnder Stimme, du verdienſt den er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/356>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.