Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

der Natur -- deren eifrige Verehrerin sie von
Jugend auf war -- ungestört geniessen, ihre
Wunderwerke ungehindert bewundern konnte.
Ein nicht allzukleiner Garten, der das Hinter-
theil des väterlichen Hauses umgränzte, war
im Frühlinge, Sommer und Herbste ihr Lieb-
lingsort. Wenn ihre Eltern, oder die Die-
ner und Mägde derselben sie suchten, so fan-
den sie solche allemal in dem angenehmen Gar-
tensaale, dessen Fenster hohe Pfirschen und
Aprikosenbäume, noch höhere Weinreben be-
schatteten. Hier nähte und strikte, hier las
und spielte sie auf dem Klaviere, hier füt-
terte sie Hühner und Tauben, welche im nahen
Hofe nisteten, und immer am Fenster des
Saals der reichlichen Wohlthat ihrer Gebie-
terin harrten.

Ehemals umfaßten unnütze Buchsbäume
die regelmässigen Vierecke des Gartens, in
ihrer Mitte grünten Tarbäume in mancherlei

A 2

der Natur — deren eifrige Verehrerin ſie von
Jugend auf war — ungeſtoͤrt genieſſen, ihre
Wunderwerke ungehindert bewundern konnte.
Ein nicht allzukleiner Garten, der das Hinter-
theil des vaͤterlichen Hauſes umgraͤnzte, war
im Fruͤhlinge, Sommer und Herbſte ihr Lieb-
lingsort. Wenn ihre Eltern, oder die Die-
ner und Maͤgde derſelben ſie ſuchten, ſo fan-
den ſie ſolche allemal in dem angenehmen Gar-
tenſaale, deſſen Fenſter hohe Pfirſchen und
Aprikoſenbaͤume, noch hoͤhere Weinreben be-
ſchatteten. Hier naͤhte und ſtrikte, hier las
und ſpielte ſie auf dem Klaviere, hier fuͤt-
terte ſie Huͤhner und Tauben, welche im nahen
Hofe niſteten, und immer am Fenſter des
Saals der reichlichen Wohlthat ihrer Gebie-
terin harrten.

Ehemals umfaßten unnuͤtze Buchsbaͤume
die regelmaͤſſigen Vierecke des Gartens, in
ihrer Mitte gruͤnten Tarbaͤume in mancherlei

A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="3"/>
der Natur &#x2014; deren eifrige Verehrerin &#x017F;ie von<lb/>
Jugend auf war &#x2014; unge&#x017F;to&#x0364;rt genie&#x017F;&#x017F;en, ihre<lb/>
Wunderwerke ungehindert bewundern konnte.<lb/>
Ein nicht allzukleiner Garten, der das Hinter-<lb/>
theil des va&#x0364;terlichen Hau&#x017F;es umgra&#x0364;nzte, war<lb/>
im Fru&#x0364;hlinge, Sommer und Herb&#x017F;te ihr Lieb-<lb/>
lingsort. Wenn ihre Eltern, oder die Die-<lb/>
ner und Ma&#x0364;gde der&#x017F;elben &#x017F;ie &#x017F;uchten, &#x017F;o fan-<lb/>
den &#x017F;ie &#x017F;olche allemal in dem angenehmen Gar-<lb/>
ten&#x017F;aale, de&#x017F;&#x017F;en Fen&#x017F;ter hohe Pfir&#x017F;chen und<lb/>
Apriko&#x017F;enba&#x0364;ume, noch ho&#x0364;here Weinreben be-<lb/>
&#x017F;chatteten. Hier na&#x0364;hte und &#x017F;trikte, hier las<lb/>
und &#x017F;pielte &#x017F;ie auf dem Klaviere, hier fu&#x0364;t-<lb/>
terte &#x017F;ie Hu&#x0364;hner und Tauben, welche im nahen<lb/>
Hofe ni&#x017F;teten, und immer am Fen&#x017F;ter des<lb/>
Saals der reichlichen Wohlthat ihrer Gebie-<lb/>
terin harrten.</p><lb/>
        <p>Ehemals <choice><sic>nmfaßten</sic><corr>umfaßten</corr></choice> unnu&#x0364;tze Buchsba&#x0364;ume<lb/>
die regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Vierecke des Gartens, in<lb/>
ihrer Mitte gru&#x0364;nten Tarba&#x0364;ume in mancherlei<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0017] der Natur — deren eifrige Verehrerin ſie von Jugend auf war — ungeſtoͤrt genieſſen, ihre Wunderwerke ungehindert bewundern konnte. Ein nicht allzukleiner Garten, der das Hinter- theil des vaͤterlichen Hauſes umgraͤnzte, war im Fruͤhlinge, Sommer und Herbſte ihr Lieb- lingsort. Wenn ihre Eltern, oder die Die- ner und Maͤgde derſelben ſie ſuchten, ſo fan- den ſie ſolche allemal in dem angenehmen Gar- tenſaale, deſſen Fenſter hohe Pfirſchen und Aprikoſenbaͤume, noch hoͤhere Weinreben be- ſchatteten. Hier naͤhte und ſtrikte, hier las und ſpielte ſie auf dem Klaviere, hier fuͤt- terte ſie Huͤhner und Tauben, welche im nahen Hofe niſteten, und immer am Fenſter des Saals der reichlichen Wohlthat ihrer Gebie- terin harrten. Ehemals umfaßten unnuͤtze Buchsbaͤume die regelmaͤſſigen Vierecke des Gartens, in ihrer Mitte gruͤnten Tarbaͤume in mancherlei A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/17
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/17>, abgerufen am 19.04.2024.