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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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worden, daß sie den Armen viel Gutes thue, und
in der Kirche zwei prächtige Altäre erbauet habe,
welche die Diener selbst betrachtet hatten, und
vereint behaupteten, daß der heilige Friedrich,
welcher auf einem derselben zur Verehrung aufge-
stellt war, ihrem Herrn äußerst ähnlich sähe.
Diese letzte Nachricht weckte Hofnung im Herzen
des Liebenden, er gieng am Morgen selbst nach
der Kirche, fand, daß die Diener recht geurtheilt
hatten, und schloß nun ganz natürlich, daß sein
Andenken noch im Herzen der Unvergeßlichen le-
ben müsse. Da er ohne Verdacht nicht länger
bleiben konnte, bald ohne diesen wieder rückkehren
wollte, so eilte er nach der Hauptstadt des Lan-
des, um dort ungehindert sichere Plane zur Ret-
tung
seiner Geliebten zu entwerfen.

Der Klosterwirth, welcher ihn einigemal be-
sucht, und die Schmerzen seiner Kolik bemitleidet
hatte, versicherte ihn, daß der nahe Gesundheits-
brunnen ein bewährtes Mittel gegen dieses Uebel
sei, nur müsse man ihn wenigstens einen Monat
lang trinken, dann aber mit einem Atteste des
Arztes, und mit der besondern Erlaubniß des Or-
densvisitators versehen seyn, weil vor langen
Jahren die vielen Gäste die klösterliche Einsamkeit
gestört hätten, und die jetzige allzufromme Aebtis-
sin unter keiner andern Bedingniß einem Fremden
den Aufenthalt gestatte. Auf diese Nachricht bau-
te Friedrich die Grundveste seines Plans, er er-
hielt in der Hauptstadt bald das erforderliche At-
worden, daß ſie den Armen viel Gutes thue, und
in der Kirche zwei praͤchtige Altaͤre erbauet habe,
welche die Diener ſelbſt betrachtet hatten, und
vereint behaupteten, daß der heilige Friedrich,
welcher auf einem derſelben zur Verehrung aufge-
ſtellt war, ihrem Herrn aͤußerſt aͤhnlich ſaͤhe.
Dieſe letzte Nachricht weckte Hofnung im Herzen
des Liebenden, er gieng am Morgen ſelbſt nach
der Kirche, fand, daß die Diener recht geurtheilt
hatten, und ſchloß nun ganz natuͤrlich, daß ſein
Andenken noch im Herzen der Unvergeßlichen le-
ben muͤſſe. Da er ohne Verdacht nicht laͤnger
bleiben konnte, bald ohne dieſen wieder ruͤckkehren
wollte, ſo eilte er nach der Hauptſtadt des Lan-
des, um dort ungehindert ſichere Plane zur Ret-
tung
ſeiner Geliebten zu entwerfen.

Der Kloſterwirth, welcher ihn einigemal be-
ſucht, und die Schmerzen ſeiner Kolik bemitleidet
hatte, verſicherte ihn, daß der nahe Geſundheits-
brunnen ein bewaͤhrtes Mittel gegen dieſes Uebel
ſei, nur muͤſſe man ihn wenigſtens einen Monat
lang trinken, dann aber mit einem Atteſte des
Arztes, und mit der beſondern Erlaubniß des Or-
densviſitators verſehen ſeyn, weil vor langen
Jahren die vielen Gaͤſte die kloͤſterliche Einſamkeit
geſtoͤrt haͤtten, und die jetzige allzufromme Aebtiſ-
ſin unter keiner andern Bedingniß einem Fremden
den Aufenthalt geſtatte. Auf dieſe Nachricht bau-
te Friedrich die Grundveſte ſeines Plans, er er-
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[39/0047] worden, daß ſie den Armen viel Gutes thue, und in der Kirche zwei praͤchtige Altaͤre erbauet habe, welche die Diener ſelbſt betrachtet hatten, und vereint behaupteten, daß der heilige Friedrich, welcher auf einem derſelben zur Verehrung aufge- ſtellt war, ihrem Herrn aͤußerſt aͤhnlich ſaͤhe. Dieſe letzte Nachricht weckte Hofnung im Herzen des Liebenden, er gieng am Morgen ſelbſt nach der Kirche, fand, daß die Diener recht geurtheilt hatten, und ſchloß nun ganz natuͤrlich, daß ſein Andenken noch im Herzen der Unvergeßlichen le- ben muͤſſe. Da er ohne Verdacht nicht laͤnger bleiben konnte, bald ohne dieſen wieder ruͤckkehren wollte, ſo eilte er nach der Hauptſtadt des Lan- des, um dort ungehindert ſichere Plane zur Ret- tung ſeiner Geliebten zu entwerfen. Der Kloſterwirth, welcher ihn einigemal be- ſucht, und die Schmerzen ſeiner Kolik bemitleidet hatte, verſicherte ihn, daß der nahe Geſundheits- brunnen ein bewaͤhrtes Mittel gegen dieſes Uebel ſei, nur muͤſſe man ihn wenigſtens einen Monat lang trinken, dann aber mit einem Atteſte des Arztes, und mit der beſondern Erlaubniß des Or- densviſitators verſehen ſeyn, weil vor langen Jahren die vielen Gaͤſte die kloͤſterliche Einſamkeit geſtoͤrt haͤtten, und die jetzige allzufromme Aebtiſ- ſin unter keiner andern Bedingniß einem Fremden den Aufenthalt geſtatte. Auf dieſe Nachricht bau- te Friedrich die Grundveſte ſeines Plans, er er- hielt in der Hauptſtadt bald das erforderliche At-

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/47>, abgerufen am 23.04.2024.