Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.tel kenne, und trotzigen Abschied nehmen wollte, Wie sie wiederkehrte, herrschte Furcht und Mein Trost wirkte kräftig, die künftigen fro- Ich wanderte sogleich fort, und kam nach ei- tel kenne, und trotzigen Abſchied nehmen wollte, Wie ſie wiederkehrte, herrſchte Furcht und Mein Troſt wirkte kraͤftig, die kuͤnftigen fro- Ich wanderte ſogleich fort, und kam nach ei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0191" n="183"/> tel kenne, und trotzigen Abſchied nehmen wollte,<lb/> da bat ſie mich, laͤnger zu bleiben, forderte am<lb/> andern Morgen das Pulver, forſchte: Ob es in<lb/> jeder Speiſe wirke? und gieng bald hernach, die<lb/> Schaͤferin zu beſuchen.</p><lb/> <p>Wie ſie wiederkehrte, herrſchte Furcht und<lb/> Angſt in ihren Blicken, die ſich ſehr mehrte, als<lb/> man den Pfarrer zur kranken Schaͤferin rufte.<lb/> Ich troͤſtete ſie mit der Verſicherung, daß der<lb/> Wundarzt im Dorfe die Wirkung des Giftes nicht<lb/> verſtehe, auf ſie in jedem Falle kein Verdacht<lb/> fallen koͤnne, und ohne dieß Mittel keine Hoffnung<lb/> vorhanden ſei, die Frau des Schaͤfers zu werden.</p><lb/> <p>Mein Troſt wirkte kraͤftig, die kuͤnftigen fro-<lb/> hen Ausſichten ſtaͤrkten ihren Muth, ſie weinte<lb/> nur einige Thraͤnen, als ich ihr die Nachricht<lb/> brachte, daß die Schaͤferin ſchon vollendet habe.<lb/> Wie und auf welche Art ſie ihr das Pulver bei-<lb/> brachte, habe ich zu fragen vergeſſen, ich war<lb/> zufrieden, daß ich von ihr das verſprochne Geld,<lb/> und uͤberdieß noch einige gute Kleidungsſtuͤcke zum<lb/> Geſchenke erhielt.</p><lb/> <p>Ich wanderte ſogleich fort, und kam nach ei-<lb/> nem halben Jahre wieder nach dem Dorfe, fand<lb/> ſie ſchon mit dem Schaͤfer verheiratet, und mit<lb/> dieſem in der gluͤcklichſten Ehe. Mein Anblick<lb/> machte ihr großen Kummer; ich ließ mir von ihr<lb/> das gewiſſe Verſprechen, nie mehr wieder zu kom-<lb/> men, mit dreißig Gulden bezahlen. Ich habe<lb/> Wort gehalten, ein entdeckter Diebſtahl verſcheuch-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0191]
tel kenne, und trotzigen Abſchied nehmen wollte,
da bat ſie mich, laͤnger zu bleiben, forderte am
andern Morgen das Pulver, forſchte: Ob es in
jeder Speiſe wirke? und gieng bald hernach, die
Schaͤferin zu beſuchen.
Wie ſie wiederkehrte, herrſchte Furcht und
Angſt in ihren Blicken, die ſich ſehr mehrte, als
man den Pfarrer zur kranken Schaͤferin rufte.
Ich troͤſtete ſie mit der Verſicherung, daß der
Wundarzt im Dorfe die Wirkung des Giftes nicht
verſtehe, auf ſie in jedem Falle kein Verdacht
fallen koͤnne, und ohne dieß Mittel keine Hoffnung
vorhanden ſei, die Frau des Schaͤfers zu werden.
Mein Troſt wirkte kraͤftig, die kuͤnftigen fro-
hen Ausſichten ſtaͤrkten ihren Muth, ſie weinte
nur einige Thraͤnen, als ich ihr die Nachricht
brachte, daß die Schaͤferin ſchon vollendet habe.
Wie und auf welche Art ſie ihr das Pulver bei-
brachte, habe ich zu fragen vergeſſen, ich war
zufrieden, daß ich von ihr das verſprochne Geld,
und uͤberdieß noch einige gute Kleidungsſtuͤcke zum
Geſchenke erhielt.
Ich wanderte ſogleich fort, und kam nach ei-
nem halben Jahre wieder nach dem Dorfe, fand
ſie ſchon mit dem Schaͤfer verheiratet, und mit
dieſem in der gluͤcklichſten Ehe. Mein Anblick
machte ihr großen Kummer; ich ließ mir von ihr
das gewiſſe Verſprechen, nie mehr wieder zu kom-
men, mit dreißig Gulden bezahlen. Ich habe
Wort gehalten, ein entdeckter Diebſtahl verſcheuch-
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