Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.men zufrieden, nur bat sie mich dringend, ihr zu Die Begierde nach den versprochnen funfzig Ich bat mir drei Tage Bedenkzeit aus, die Wahr ist es, daß sie anfangs zurückschauderte, men zufrieden, nur bat ſie mich dringend, ihr zu Die Begierde nach den verſprochnen funfzig Ich bat mir drei Tage Bedenkzeit aus, die Wahr iſt es, daß ſie anfangs zuruͤckſchauderte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0190" n="182"/> men zufrieden, nur bat ſie mich dringend, ihr zu<lb/> entdecken, wenn ſich die zwei verhaßten Augen<lb/> ſchließen wuͤrden. Funfzig Gulden will ich dir,<lb/> fuhr ſie fort, mit groͤßten Freuden ſchenken, wenn<lb/> du mich recht bald, wenigſtens in einem Monate,<lb/> aus meiner Quaal erloͤſen kannſt.</p><lb/> <p>Die Begierde nach den verſprochnen funfzig<lb/> Gulden wirkte bei mir eben ſo kraͤftig, wie bei<lb/> ihr die Liebe; ich verſprach ihr wirkſame Huͤlfe,<lb/> wenn ſie mich ganz zur Vertrauten ihres Herzens<lb/> machen wolle. Sie erzaͤhlte mir nun, daß ſie aͤu-<lb/> ſerſt in einen Schaͤfer verliebt ſei, der aber ſchon<lb/> ein Weib habe, auch dieſe zaͤrtlich liebe; und doch<lb/> hoffe ſie, daß er ſie ſicher zum zweiten Weibe waͤh-<lb/> len wuͤrde, wenn nur die erſtere bald ſterben wolle.</p><lb/> <p>Ich bat mir drei Tage Bedenkzeit aus, die<lb/> ſchwere Unternehmung nach Kraͤften uͤberlegen zu<lb/> koͤnnen, beſuchte am andern Tage die Schaͤferin,<lb/> fand ſie im Wochenbette, und folglich ganz ge-<lb/> ſchickt, ohne großen Verdacht aus der Welt zu<lb/> trollen. Ich miſchte ſogleich Arſenik und Zucker<lb/> zuſammen, machte ein kleines Pulver daraus, und<lb/> uͤbergab es der Koͤchin, mit dem Bedeuten, daß<lb/> darinne ihrer Nebenbuhlerin Tod enthalten ſei,<lb/> daß es in ihrer Macht ſtehe, ſich taͤglich und<lb/> ſtuͤndlich von ihr zu befreien.</p><lb/> <p>Wahr iſt es, daß ſie anfangs zuruͤckſchauderte,<lb/> den Antrag ſtandhaft verwarf, und ſogleich er-<lb/> rieth, daß das Pulver Gift enthalten muͤſſe. Als<lb/> ich ihr aber dreuſt ſagte, daß ich kein anders Mit-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0190]
men zufrieden, nur bat ſie mich dringend, ihr zu
entdecken, wenn ſich die zwei verhaßten Augen
ſchließen wuͤrden. Funfzig Gulden will ich dir,
fuhr ſie fort, mit groͤßten Freuden ſchenken, wenn
du mich recht bald, wenigſtens in einem Monate,
aus meiner Quaal erloͤſen kannſt.
Die Begierde nach den verſprochnen funfzig
Gulden wirkte bei mir eben ſo kraͤftig, wie bei
ihr die Liebe; ich verſprach ihr wirkſame Huͤlfe,
wenn ſie mich ganz zur Vertrauten ihres Herzens
machen wolle. Sie erzaͤhlte mir nun, daß ſie aͤu-
ſerſt in einen Schaͤfer verliebt ſei, der aber ſchon
ein Weib habe, auch dieſe zaͤrtlich liebe; und doch
hoffe ſie, daß er ſie ſicher zum zweiten Weibe waͤh-
len wuͤrde, wenn nur die erſtere bald ſterben wolle.
Ich bat mir drei Tage Bedenkzeit aus, die
ſchwere Unternehmung nach Kraͤften uͤberlegen zu
koͤnnen, beſuchte am andern Tage die Schaͤferin,
fand ſie im Wochenbette, und folglich ganz ge-
ſchickt, ohne großen Verdacht aus der Welt zu
trollen. Ich miſchte ſogleich Arſenik und Zucker
zuſammen, machte ein kleines Pulver daraus, und
uͤbergab es der Koͤchin, mit dem Bedeuten, daß
darinne ihrer Nebenbuhlerin Tod enthalten ſei,
daß es in ihrer Macht ſtehe, ſich taͤglich und
ſtuͤndlich von ihr zu befreien.
Wahr iſt es, daß ſie anfangs zuruͤckſchauderte,
den Antrag ſtandhaft verwarf, und ſogleich er-
rieth, daß das Pulver Gift enthalten muͤſſe. Als
ich ihr aber dreuſt ſagte, daß ich kein anders Mit-
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