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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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erschien, beichtete er eine kleine Viertelstunde,
und wie sich sein jammerndes Weib ihm wieder
nahte, konnte er schon nicht mehr sprechen, ver-
schied, ehe der Tag graute, in ihren Armen.

Marie hatte ihren Gatten innig und gränzen-
los geliebt, ihr Schmerz über seinen Verlust war
daher äußerst groß, stieg oft bis zur Raserei.
Erst am dritten Tage konnte man sie bewegen,
die Leiche den Trägern zu überlassen, welche ihn
zur Ruhe tragen sollten, sie folgte wimmernd und
händeringend.

Der Gutsherr kam eben von einer kleinen
Lustreise zurück, und begegnete dem Leichenzuge.
Marie entriß sich ihren Führerinnen, rannte zum
Wagen, klagte dem Herrn ihr inniges Leid, und
flüsterte ihm nachher einige Worte ins Ohr, die
Niemand hören konnte. Der Gutsherr befahl so-
gleich die Leiche zurückzutragen, weil er seiner
Pflicht gemäß, dieselbe näher untersuchen lassen
wollte. Er stieg aus dem Wagen, und mischte
sich unter die Trauernden.

Ich bin wirklich auch zu bedauern, sprach er
zu dem Haufen, ich fühle den Verlust des Redli-
chen tief! Wo werde ich einen Schäfer finden,
der ihm gleicht? der mich der Versorgung der
trauernden Wittwe überhebt?

Kaum hatte er diese Fragen ausgesprochen,
so drängte sich aus dem Haufen der erste Knecht
hervor, und bewieß mit Gründen, daß er hin-
längliche Kenntnisse besitze, das Amt zu verwal-

erſchien, beichtete er eine kleine Viertelſtunde,
und wie ſich ſein jammerndes Weib ihm wieder
nahte, konnte er ſchon nicht mehr ſprechen, ver-
ſchied, ehe der Tag graute, in ihren Armen.

Marie hatte ihren Gatten innig und graͤnzen-
los geliebt, ihr Schmerz uͤber ſeinen Verluſt war
daher aͤußerſt groß, ſtieg oft bis zur Raſerei.
Erſt am dritten Tage konnte man ſie bewegen,
die Leiche den Traͤgern zu uͤberlaſſen, welche ihn
zur Ruhe tragen ſollten, ſie folgte wimmernd und
haͤnderingend.

Der Gutsherr kam eben von einer kleinen
Luſtreiſe zuruͤck, und begegnete dem Leichenzuge.
Marie entriß ſich ihren Fuͤhrerinnen, rannte zum
Wagen, klagte dem Herrn ihr inniges Leid, und
fluͤſterte ihm nachher einige Worte ins Ohr, die
Niemand hoͤren konnte. Der Gutsherr befahl ſo-
gleich die Leiche zuruͤckzutragen, weil er ſeiner
Pflicht gemaͤß, dieſelbe naͤher unterſuchen laſſen
wollte. Er ſtieg aus dem Wagen, und miſchte
ſich unter die Trauernden.

Ich bin wirklich auch zu bedauern, ſprach er
zu dem Haufen, ich fuͤhle den Verluſt des Redli-
chen tief! Wo werde ich einen Schaͤfer finden,
der ihm gleicht? der mich der Verſorgung der
trauernden Wittwe uͤberhebt?

Kaum hatte er dieſe Fragen ausgeſprochen,
ſo draͤngte ſich aus dem Haufen der erſte Knecht
hervor, und bewieß mit Gruͤnden, daß er hin-
laͤngliche Kenntniſſe beſitze, das Amt zu verwal-

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[171/0179] erſchien, beichtete er eine kleine Viertelſtunde, und wie ſich ſein jammerndes Weib ihm wieder nahte, konnte er ſchon nicht mehr ſprechen, ver- ſchied, ehe der Tag graute, in ihren Armen. Marie hatte ihren Gatten innig und graͤnzen- los geliebt, ihr Schmerz uͤber ſeinen Verluſt war daher aͤußerſt groß, ſtieg oft bis zur Raſerei. Erſt am dritten Tage konnte man ſie bewegen, die Leiche den Traͤgern zu uͤberlaſſen, welche ihn zur Ruhe tragen ſollten, ſie folgte wimmernd und haͤnderingend. Der Gutsherr kam eben von einer kleinen Luſtreiſe zuruͤck, und begegnete dem Leichenzuge. Marie entriß ſich ihren Fuͤhrerinnen, rannte zum Wagen, klagte dem Herrn ihr inniges Leid, und fluͤſterte ihm nachher einige Worte ins Ohr, die Niemand hoͤren konnte. Der Gutsherr befahl ſo- gleich die Leiche zuruͤckzutragen, weil er ſeiner Pflicht gemaͤß, dieſelbe naͤher unterſuchen laſſen wollte. Er ſtieg aus dem Wagen, und miſchte ſich unter die Trauernden. Ich bin wirklich auch zu bedauern, ſprach er zu dem Haufen, ich fuͤhle den Verluſt des Redli- chen tief! Wo werde ich einen Schaͤfer finden, der ihm gleicht? der mich der Verſorgung der trauernden Wittwe uͤberhebt? Kaum hatte er dieſe Fragen ausgeſprochen, ſo draͤngte ſich aus dem Haufen der erſte Knecht hervor, und bewieß mit Gruͤnden, daß er hin- laͤngliche Kenntniſſe beſitze, das Amt zu verwal-

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/179>, abgerufen am 22.11.2024.