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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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mal, daß seine Tochter, von seinem Tode über-
zeugt, sich kurz nachher verheirathet habe, als
Gattin eines andern nun seine Briefe nicht mehr
beantworten könne. Um ihn über den Verlust der-
selben einigermaßen zu trösten, versprach er ihm
ein Kapital von zehntausend Franken zu schenken,
welches der Gewinn war, der im glücklichen Han-
del, als er mit ihm assoziirt war, erworben wur-
de. Er hat ihn oft, nur den Wechsler zu be-
stimmen, an welchen er diese Summe übermachen
solle, und ersuchte ihn nebenbei, nicht mehr an
seine Tochter zu schreiben, weil jeder Brief das
Glück ihrer Ehe stöhre, und doch nichts nützen
könne; aber Konrad beantwortete keinen dieser
Briefe, schrieb noch immer an seine Geliebte,
klagte oft bitter, oft auch mitleidswürdig über
ihr hartnäckiges Stillschweigen. Es war ganz
natürlich, daß diese Briefe allemal verlohren
giengen, nie in seine Hände kommen konnten,
weil er zwar immer jedes Glück, jede Beförde-
rung emsig berichtete, aber von jeher vergessen
hatte, hinzuzufügen, in welches Regiment er sei
übersetzt worden. Deswegen konnte Karolinens
Vater immer nur auf die Addresse setzen: An
den Lieutenant oder Rittmeister eines Kavallerie-
Regiments! Die unbestimmte Addresse war daher
Ursache, daß alle diese Briefe auf der Feldpost
liegen blieben, oder unnütz hin und her gesandt
worden.


mal, daß ſeine Tochter, von ſeinem Tode uͤber-
zeugt, ſich kurz nachher verheirathet habe, als
Gattin eines andern nun ſeine Briefe nicht mehr
beantworten koͤnne. Um ihn uͤber den Verluſt der-
ſelben einigermaßen zu troͤſten, verſprach er ihm
ein Kapital von zehntauſend Franken zu ſchenken,
welches der Gewinn war, der im gluͤcklichen Han-
del, als er mit ihm aſſoziirt war, erworben wur-
de. Er hat ihn oft, nur den Wechsler zu be-
ſtimmen, an welchen er dieſe Summe uͤbermachen
ſolle, und erſuchte ihn nebenbei, nicht mehr an
ſeine Tochter zu ſchreiben, weil jeder Brief das
Gluͤck ihrer Ehe ſtoͤhre, und doch nichts nuͤtzen
koͤnne; aber Konrad beantwortete keinen dieſer
Briefe, ſchrieb noch immer an ſeine Geliebte,
klagte oft bitter, oft auch mitleidswuͤrdig uͤber
ihr hartnaͤckiges Stillſchweigen. Es war ganz
natuͤrlich, daß dieſe Briefe allemal verlohren
giengen, nie in ſeine Haͤnde kommen konnten,
weil er zwar immer jedes Gluͤck, jede Befoͤrde-
rung emſig berichtete, aber von jeher vergeſſen
hatte, hinzuzufuͤgen, in welches Regiment er ſei
uͤberſetzt worden. Deswegen konnte Karolinens
Vater immer nur auf die Addreſſe ſetzen: An
den Lieutenant oder Rittmeiſter eines Kavallerie-
Regiments! Die unbeſtimmte Addreſſe war daher
Urſache, daß alle dieſe Briefe auf der Feldpoſt
liegen blieben, oder unnuͤtz hin und her geſandt
worden.


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[152/0160] mal, daß ſeine Tochter, von ſeinem Tode uͤber- zeugt, ſich kurz nachher verheirathet habe, als Gattin eines andern nun ſeine Briefe nicht mehr beantworten koͤnne. Um ihn uͤber den Verluſt der- ſelben einigermaßen zu troͤſten, verſprach er ihm ein Kapital von zehntauſend Franken zu ſchenken, welches der Gewinn war, der im gluͤcklichen Han- del, als er mit ihm aſſoziirt war, erworben wur- de. Er hat ihn oft, nur den Wechsler zu be- ſtimmen, an welchen er dieſe Summe uͤbermachen ſolle, und erſuchte ihn nebenbei, nicht mehr an ſeine Tochter zu ſchreiben, weil jeder Brief das Gluͤck ihrer Ehe ſtoͤhre, und doch nichts nuͤtzen koͤnne; aber Konrad beantwortete keinen dieſer Briefe, ſchrieb noch immer an ſeine Geliebte, klagte oft bitter, oft auch mitleidswuͤrdig uͤber ihr hartnaͤckiges Stillſchweigen. Es war ganz natuͤrlich, daß dieſe Briefe allemal verlohren giengen, nie in ſeine Haͤnde kommen konnten, weil er zwar immer jedes Gluͤck, jede Befoͤrde- rung emſig berichtete, aber von jeher vergeſſen hatte, hinzuzufuͤgen, in welches Regiment er ſei uͤberſetzt worden. Deswegen konnte Karolinens Vater immer nur auf die Addreſſe ſetzen: An den Lieutenant oder Rittmeiſter eines Kavallerie- Regiments! Die unbeſtimmte Addreſſe war daher Urſache, daß alle dieſe Briefe auf der Feldpoſt liegen blieben, oder unnuͤtz hin und her geſandt worden.

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/160>, abgerufen am 22.11.2024.