Theilnahme, dadurch gewann er der Leidenden Zutrauen, Freundschaft und in der Folge auch ihre Liebe. Wer wird, wer kanns der Guten verden- ken, wenn sie zwar das Andenken des Unvergeß- lichen noch immer ehrte, aber doch den Lohn der Liebe in eines andern Armen suchte, da er ihr in den seinigen nicht mehr werden sollte?
Nach Jahresfrist, denn so lange betrauerte sie im Herzen Konrads Tod, willigte sie endlich ein, die Frau des reichen Erben zu werden. Der ent- zückte Vater nahm ihn, gleich Konraden, zu sei- nem Mitgefährden in der großen Fabrike auf, das ansehnliche Kapital, was dieser mitbrachte, diente zur Vermehrung derselben, und gab die sicherste Hoffnung zum reichlichsten Gewinne.
Karoline lebte in den Armen ihres Gatten wirklich glücklich, denn er liebte sie mit einer Zärtlichkeit, welche innig und groß war, nur dann und wann fand er sie nachdenkend und trau- rig, wenn sie ihres Konrads und seines schreckli- chen Todes gedachte. Er war dann billig genug, mit ihr den Edlen zu beweinen, und dies ver- mehrte ihren Dank, ihre Liebe. Vierzehn Tage zuvor, ehe Konrad wieder erschien, hatte die Hol- de ihrem Gatten einen Sohn gebohren, der ihrem Herzen äusserst lieb und theuer wurde. Ihr Vater erhielte unter dieser Zeit Konrads Briefe richtig, aber er verbarg sie Karolinen äusserst sorgfältig.
Um Konraden von aller Rückkehr abzuschre- cken, berichtete er ihm in der Folge mehr als ein-
Theilnahme, dadurch gewann er der Leidenden Zutrauen, Freundſchaft und in der Folge auch ihre Liebe. Wer wird, wer kanns der Guten verden- ken, wenn ſie zwar das Andenken des Unvergeß- lichen noch immer ehrte, aber doch den Lohn der Liebe in eines andern Armen ſuchte, da er ihr in den ſeinigen nicht mehr werden ſollte?
Nach Jahresfriſt, denn ſo lange betrauerte ſie im Herzen Konrads Tod, willigte ſie endlich ein, die Frau des reichen Erben zu werden. Der ent- zuͤckte Vater nahm ihn, gleich Konraden, zu ſei- nem Mitgefaͤhrden in der großen Fabrike auf, das anſehnliche Kapital, was dieſer mitbrachte, diente zur Vermehrung derſelben, und gab die ſicherſte Hoffnung zum reichlichſten Gewinne.
Karoline lebte in den Armen ihres Gatten wirklich gluͤcklich, denn er liebte ſie mit einer Zaͤrtlichkeit, welche innig und groß war, nur dann und wann fand er ſie nachdenkend und trau- rig, wenn ſie ihres Konrads und ſeines ſchreckli- chen Todes gedachte. Er war dann billig genug, mit ihr den Edlen zu beweinen, und dies ver- mehrte ihren Dank, ihre Liebe. Vierzehn Tage zuvor, ehe Konrad wieder erſchien, hatte die Hol- de ihrem Gatten einen Sohn gebohren, der ihrem Herzen aͤuſſerſt lieb und theuer wurde. Ihr Vater erhielte unter dieſer Zeit Konrads Briefe richtig, aber er verbarg ſie Karolinen aͤuſſerſt ſorgfaͤltig.
Um Konraden von aller Ruͤckkehr abzuſchre- cken, berichtete er ihm in der Folge mehr als ein-
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Theilnahme, dadurch gewann er der Leidenden
Zutrauen, Freundſchaft und in der Folge auch ihre
Liebe. Wer wird, wer kanns der Guten verden-
ken, wenn ſie zwar das Andenken des Unvergeß-
lichen noch immer ehrte, aber doch den Lohn der
Liebe in eines andern Armen ſuchte, da er ihr in
den ſeinigen nicht mehr werden ſollte?
Nach Jahresfriſt, denn ſo lange betrauerte ſie
im Herzen Konrads Tod, willigte ſie endlich ein,
die Frau des reichen Erben zu werden. Der ent-
zuͤckte Vater nahm ihn, gleich Konraden, zu ſei-
nem Mitgefaͤhrden in der großen Fabrike auf, das
anſehnliche Kapital, was dieſer mitbrachte, diente
zur Vermehrung derſelben, und gab die ſicherſte
Hoffnung zum reichlichſten Gewinne.
Karoline lebte in den Armen ihres Gatten
wirklich gluͤcklich, denn er liebte ſie mit einer
Zaͤrtlichkeit, welche innig und groß war, nur
dann und wann fand er ſie nachdenkend und trau-
rig, wenn ſie ihres Konrads und ſeines ſchreckli-
chen Todes gedachte. Er war dann billig genug,
mit ihr den Edlen zu beweinen, und dies ver-
mehrte ihren Dank, ihre Liebe. Vierzehn Tage
zuvor, ehe Konrad wieder erſchien, hatte die Hol-
de ihrem Gatten einen Sohn gebohren, der ihrem
Herzen aͤuſſerſt lieb und theuer wurde. Ihr Vater
erhielte unter dieſer Zeit Konrads Briefe richtig,
aber er verbarg ſie Karolinen aͤuſſerſt ſorgfaͤltig.
Um Konraden von aller Ruͤckkehr abzuſchre-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/159>, abgerufen am 15.08.2024.
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