würden. Um vier Uhr hatte eben dieser Wirth Konraden eiligst die Treppen hinauf, und bald wieder herab rennen gesehen. Weder er noch Ka- roline waren seit dieser Zeit mehr im Gasthofe erschienen, und ihr Zimmer blieb stets verschlos- sen. Auf die Bitte des Buchhalters wurde es durchs Gericht geöfnet, ein ofner Koffer stand darinne, viele Wäsche und selbst einige Kleider la- gen herausgerissen, und zerstreut umher. Sie be- wiesen deutlich, daß man in größter Eile etwas darinne gesucht, und deswegen die große Unord- nung verursacht habe. An des Koffers Seite la- gen zwei weiße, noch nicht ganz entfaltete Tü- cher, welche stark mit Blut besudelt waren, und klar darthaten, daß man sich blutende Hände daran abgewischt hatte, weil man in einem der- selben wirklich einige blutende Finger eingedrückt sah. Alle diese Thatsachen schienen nun zu be- weisen, daß Konrad die arglose Karoline absicht- lich im Spazierengehen nach einem abgelegenen Orte gelockt, sie dort ermordet habe, dann in größter Eile heimgekehrt sei, die Wechsel aus dem Koffer entfremdet, und seine Hände vom Blute gereiniget habe. Daß Karoline diese Wechsel überdieß nicht durch Konraden zum Verkaufe aus- geboten habe, beweise, fügte der Buchhalter hin- zu, der Mangel des Giro's, welches Karoline gewiß in diesem Falle beigefügt hätte.
Alle diese Vermuthungen wurden noch am nämlichen Tage dem Richter hinterbracht, und
wuͤrden. Um vier Uhr hatte eben dieſer Wirth Konraden eiligſt die Treppen hinauf, und bald wieder herab rennen geſehen. Weder er noch Ka- roline waren ſeit dieſer Zeit mehr im Gaſthofe erſchienen, und ihr Zimmer blieb ſtets verſchloſ- ſen. Auf die Bitte des Buchhalters wurde es durchs Gericht geoͤfnet, ein ofner Koffer ſtand darinne, viele Waͤſche und ſelbſt einige Kleider la- gen herausgeriſſen, und zerſtreut umher. Sie be- wieſen deutlich, daß man in groͤßter Eile etwas darinne geſucht, und deswegen die große Unord- nung verurſacht habe. An des Koffers Seite la- gen zwei weiße, noch nicht ganz entfaltete Tuͤ- cher, welche ſtark mit Blut beſudelt waren, und klar darthaten, daß man ſich blutende Haͤnde daran abgewiſcht hatte, weil man in einem der- ſelben wirklich einige blutende Finger eingedruͤckt ſah. Alle dieſe Thatſachen ſchienen nun zu be- weiſen, daß Konrad die argloſe Karoline abſicht- lich im Spazierengehen nach einem abgelegenen Orte gelockt, ſie dort ermordet habe, dann in groͤßter Eile heimgekehrt ſei, die Wechſel aus dem Koffer entfremdet, und ſeine Haͤnde vom Blute gereiniget habe. Daß Karoline dieſe Wechſel uͤberdieß nicht durch Konraden zum Verkaufe aus- geboten habe, beweiſe, fuͤgte der Buchhalter hin- zu, der Mangel des Giro's, welches Karoline gewiß in dieſem Falle beigefuͤgt haͤtte.
Alle dieſe Vermuthungen wurden noch am naͤmlichen Tage dem Richter hinterbracht, und
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wuͤrden. Um vier Uhr hatte eben dieſer Wirth
Konraden eiligſt die Treppen hinauf, und bald
wieder herab rennen geſehen. Weder er noch Ka-
roline waren ſeit dieſer Zeit mehr im Gaſthofe
erſchienen, und ihr Zimmer blieb ſtets verſchloſ-
ſen. Auf die Bitte des Buchhalters wurde es
durchs Gericht geoͤfnet, ein ofner Koffer ſtand
darinne, viele Waͤſche und ſelbſt einige Kleider la-
gen herausgeriſſen, und zerſtreut umher. Sie be-
wieſen deutlich, daß man in groͤßter Eile etwas
darinne geſucht, und deswegen die große Unord-
nung verurſacht habe. An des Koffers Seite la-
gen zwei weiße, noch nicht ganz entfaltete Tuͤ-
cher, welche ſtark mit Blut beſudelt waren, und
klar darthaten, daß man ſich blutende Haͤnde
daran abgewiſcht hatte, weil man in einem der-
ſelben wirklich einige blutende Finger eingedruͤckt
ſah. Alle dieſe Thatſachen ſchienen nun zu be-
weiſen, daß Konrad die argloſe Karoline abſicht-
lich im Spazierengehen nach einem abgelegenen
Orte gelockt, ſie dort ermordet habe, dann in
groͤßter Eile heimgekehrt ſei, die Wechſel aus dem
Koffer entfremdet, und ſeine Haͤnde vom Blute
gereiniget habe. Daß Karoline dieſe Wechſel
uͤberdieß nicht durch Konraden zum Verkaufe aus-
geboten habe, beweiſe, fuͤgte der Buchhalter hin-
zu, der Mangel des Giro's, welches Karoline
gewiß in dieſem Falle beigefuͤgt haͤtte.
Alle dieſe Vermuthungen wurden noch am
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/129>, abgerufen am 26.06.2024.
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