Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.ihrem Vater. Dieser war von jeher gewohnt, Es war eben Sonntag, als ihr diese Hiobs- ihrem Vater. Dieſer war von jeher gewohnt, Es war eben Sonntag, als ihr dieſe Hiobs- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0114" n="106"/> ihrem Vater. Dieſer war von jeher gewohnt,<lb/> nur auf Gewinn, nie auf unbedeutende Nebenum-<lb/> ſtaͤnde Ruͤckſicht zu nehmen, er fand, ohne kalku-<lb/> liren zu duͤrfen, daß der Brautſchatz, welchen der<lb/> verliebte Alte freiwillig anbot, ſehr anſehnlich ſei,<lb/> daß in der ganzen Stadt niemand ſeiner Tochter<lb/> einen groͤßern bieten koͤnne, und ſchloß alſo auch<lb/> ganz natuͤrlich, daß dieß die ſchoͤnſte und beſte<lb/> Heirath fuͤr ſein Kind ſeyn muͤſſe. Er verſprach<lb/> daher dem Alten ſeiner Tochter Hand, und be-<lb/> ſtimmte zugleich den Tag zu ihrer Verlobung.<lb/> Nicht um ihre Einwilligung zu erhalten, denn was<lb/> bedurfte es bei ſolchem Gluͤcke einer Einwilligung,<lb/> ſondern um ſie von dem großen Gluͤcke zu unter-<lb/> richten, machte der erfreute Vater der Tochter<lb/> den geſchehnen Kauf kund, und gebot ihr, ohne<lb/> ihre Einwendung anzuhoͤren, daß ſie den Alten<lb/> als ihren Braͤutigam empfangen, als ihren kuͤnf-<lb/> tigen Gatten ehren ſolle.</p><lb/> <p>Es war eben Sonntag, als ihr dieſe Hiobs-<lb/> poſt ward, Konrad war kurz vorher in ſeinem<lb/> ſchoͤnſten Kleide uͤber den Gang gegangen, ſein<lb/> wirklich huͤbſcher Anzug hatte ſeine Schoͤnheit um<lb/> vieles vermehrt, das Auge der Liebenden mehr<lb/> als jemals darauf aufmerkſam gemacht. Die<lb/> Thuͤre ihres Schlafzimmers gieng nach dieſem<lb/> Gange, ſie oͤfnete ſolche, wie ſie von der Abend-<lb/> mahlzeit ruͤckkehrte, erlaubte ihrem Maͤdchen nach<lb/> dem Tanzſaale zu gehen, und lauerte hinter der<lb/> Thuͤre auf Konrads Ruͤckkehr. Da dieſer ſchon<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [106/0114]
ihrem Vater. Dieſer war von jeher gewohnt,
nur auf Gewinn, nie auf unbedeutende Nebenum-
ſtaͤnde Ruͤckſicht zu nehmen, er fand, ohne kalku-
liren zu duͤrfen, daß der Brautſchatz, welchen der
verliebte Alte freiwillig anbot, ſehr anſehnlich ſei,
daß in der ganzen Stadt niemand ſeiner Tochter
einen groͤßern bieten koͤnne, und ſchloß alſo auch
ganz natuͤrlich, daß dieß die ſchoͤnſte und beſte
Heirath fuͤr ſein Kind ſeyn muͤſſe. Er verſprach
daher dem Alten ſeiner Tochter Hand, und be-
ſtimmte zugleich den Tag zu ihrer Verlobung.
Nicht um ihre Einwilligung zu erhalten, denn was
bedurfte es bei ſolchem Gluͤcke einer Einwilligung,
ſondern um ſie von dem großen Gluͤcke zu unter-
richten, machte der erfreute Vater der Tochter
den geſchehnen Kauf kund, und gebot ihr, ohne
ihre Einwendung anzuhoͤren, daß ſie den Alten
als ihren Braͤutigam empfangen, als ihren kuͤnf-
tigen Gatten ehren ſolle.
Es war eben Sonntag, als ihr dieſe Hiobs-
poſt ward, Konrad war kurz vorher in ſeinem
ſchoͤnſten Kleide uͤber den Gang gegangen, ſein
wirklich huͤbſcher Anzug hatte ſeine Schoͤnheit um
vieles vermehrt, das Auge der Liebenden mehr
als jemals darauf aufmerkſam gemacht. Die
Thuͤre ihres Schlafzimmers gieng nach dieſem
Gange, ſie oͤfnete ſolche, wie ſie von der Abend-
mahlzeit ruͤckkehrte, erlaubte ihrem Maͤdchen nach
dem Tanzſaale zu gehen, und lauerte hinter der
Thuͤre auf Konrads Ruͤckkehr. Da dieſer ſchon
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