Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.Ich. (mich fassend) Ja, ja! so lange Die Alte. Gott, wie die Zeit verschwindet! Ich. Ja wohl, ja wohl! Sie erzählten mir Die Alte. Von Herzen gerne! Ach! die Ehe ich antworten konnte, trat mein Kutscher Ich. (mich faſſend) Ja, ja! ſo lange Die Alte. Gott, wie die Zeit verſchwindet! Ich. Ja wohl, ja wohl! Sie erzaͤhlten mir Die Alte. Von Herzen gerne! Ach! die Ehe ich antworten konnte, trat mein Kutſcher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0202" n="188"/> <p><hi rendition="#g">Ich. (mich faſſend)</hi> Ja, ja! ſo lange<lb/> wird's ſicher ſeyn.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Die Alte</hi>. Gott, wie die Zeit verſchwindet!<lb/> Alles verſchwindet, nur mein Ungluͤck nicht; al-<lb/> les aͤndert ſich, nur mein Elend nicht! O Herr,<lb/> das iſt ſchrecklich!</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Ich</hi>. Ja wohl, ja wohl! Sie erzaͤhlten mir<lb/> damals die Geſchichte Ihres Ungluͤcks, wir wur-<lb/> den geſtoͤrt, ich waͤre ſehr begierig, ſie jetzt ganz<lb/> zu hoͤren.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Die Alte</hi>. Von Herzen gerne! Ach! die<lb/> Geſchichte meines Lebens iſt lehrreich fuͤr jeden,<lb/> ich wollte, ich koͤnnte ſie von der Kanzel herab<lb/> erzaͤhlen, ſie wuͤrde mehr wirken und nuͤtzen als<lb/> manche Predigt. Wie weit habe ich ſie Ihnen<lb/> denn erzaͤhlt?</p><lb/> <p>Ehe ich antworten konnte, trat mein Kutſcher<lb/> zu mir, und bat mich heimlich, daß ich mich<lb/> nicht mehr mit der Naͤrrin abgeben moͤchte. Es<lb/> koͤnnte, meinte er, nicht immer ſo wie vorhin<lb/> gluͤcken, man haͤtte Beyſpiele, daß ſolche Leute<lb/> recht ſanft und gut ſpraͤchen, aber mit einmal<lb/> raſend wuͤrden, und jedem nach dem Leben trach-<lb/> teten. Ich dankte fuͤr ſeinen wohlmeinenden Rath,<lb/> und beruhigte ihn dadurch, daß ich mich in Acht<lb/> zu nehmen verſprach. Ganz Unrecht hatte er<lb/> nicht, das ſahe ich ſelbſt ein, aber meine Neu-<lb/> gierde war maͤchtiger als die Gefahr, welche mir<lb/> drohen konnte. Ich uͤberlegte nun, wie ich das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0202]
Ich. (mich faſſend) Ja, ja! ſo lange
wird's ſicher ſeyn.
Die Alte. Gott, wie die Zeit verſchwindet!
Alles verſchwindet, nur mein Ungluͤck nicht; al-
les aͤndert ſich, nur mein Elend nicht! O Herr,
das iſt ſchrecklich!
Ich. Ja wohl, ja wohl! Sie erzaͤhlten mir
damals die Geſchichte Ihres Ungluͤcks, wir wur-
den geſtoͤrt, ich waͤre ſehr begierig, ſie jetzt ganz
zu hoͤren.
Die Alte. Von Herzen gerne! Ach! die
Geſchichte meines Lebens iſt lehrreich fuͤr jeden,
ich wollte, ich koͤnnte ſie von der Kanzel herab
erzaͤhlen, ſie wuͤrde mehr wirken und nuͤtzen als
manche Predigt. Wie weit habe ich ſie Ihnen
denn erzaͤhlt?
Ehe ich antworten konnte, trat mein Kutſcher
zu mir, und bat mich heimlich, daß ich mich
nicht mehr mit der Naͤrrin abgeben moͤchte. Es
koͤnnte, meinte er, nicht immer ſo wie vorhin
gluͤcken, man haͤtte Beyſpiele, daß ſolche Leute
recht ſanft und gut ſpraͤchen, aber mit einmal
raſend wuͤrden, und jedem nach dem Leben trach-
teten. Ich dankte fuͤr ſeinen wohlmeinenden Rath,
und beruhigte ihn dadurch, daß ich mich in Acht
zu nehmen verſprach. Ganz Unrecht hatte er
nicht, das ſahe ich ſelbſt ein, aber meine Neu-
gierde war maͤchtiger als die Gefahr, welche mir
drohen konnte. Ich uͤberlegte nun, wie ich das
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