Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.mir sehr wehe, daß ich das Ende einer Geschich- Die Alte. Schön willkommen! Schön mir ſehr wehe, daß ich das Ende einer Geſchich- Die Alte. Schoͤn willkommen! Schoͤn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0201" n="187"/> mir ſehr wehe, daß ich das Ende einer Geſchich-<lb/> te nicht erfahren hatte, die mich ſo ſehr intereſſir-<lb/> te, die ſich wahrſcheinlich ſchrecklich enden mußte,<lb/> weil die Aermſte am Ende ihrer Tage in der bit-<lb/> terſten Armuth umher gieng. Noch hatte ich kei-<lb/> nen Entſchluß gefaßt, als mein Kutſcher ſtille<lb/> hielt, abſtieg, und nach einem Steine hinwander-<lb/> te, auf welchem eben die Alte ruhte. Da hat<lb/> Sie, ſagte er, den Dukaten zuruͤck, ſie wird ihn<lb/> beſſer als ich brauchen koͤnnen. Bezahl's Gott<lb/> tauſendmal, rief die Alte zu mir heruͤber, Gott<lb/> wird's lohnen, was Sie an mir Armen ſo reich-<lb/> lich geuͤbt haben! Der Kutſcher kehrte zuruͤck und<lb/> lachte. Wenn ſie's ſo nehmen will, murmelte er,<lb/> iſt's mir auch recht. Ich uͤberlegte, ob ich mich<lb/> ihr nicht naͤhern, nicht wenigſtens den Verſuch<lb/> wagen ſollte, den uͤbrigen Theil ihrer Geſchichte<lb/> zu erfahren? Ihr freundlicher, laͤchelnder Blick<lb/> ſchien mich einzuladen, die Neugierde ſiegte, ich<lb/> gieng zu ihr.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Die Alte</hi>. Schoͤn willkommen! Schoͤn<lb/> willkommen! Reiſen Sie auch wieder einmal<lb/> bei uns voruͤber! Nun, das freut mich, da Sie<lb/> beſonders <hi rendition="#g">(auf den Dukaten blickend)</hi><lb/> nicht auf mich vergeſſen haben. Wie lange<lb/> wird's denn ſeyn, daß Sie hier vorbei reißten<lb/> und mir meine Holzbuͤrde uͤber den Berg herauf<lb/> fuͤhrten? Wenn ich nicht ganz irre, iſt wohl ſchon<lb/> ein halbes Jahr voruͤber?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [187/0201]
mir ſehr wehe, daß ich das Ende einer Geſchich-
te nicht erfahren hatte, die mich ſo ſehr intereſſir-
te, die ſich wahrſcheinlich ſchrecklich enden mußte,
weil die Aermſte am Ende ihrer Tage in der bit-
terſten Armuth umher gieng. Noch hatte ich kei-
nen Entſchluß gefaßt, als mein Kutſcher ſtille
hielt, abſtieg, und nach einem Steine hinwander-
te, auf welchem eben die Alte ruhte. Da hat
Sie, ſagte er, den Dukaten zuruͤck, ſie wird ihn
beſſer als ich brauchen koͤnnen. Bezahl's Gott
tauſendmal, rief die Alte zu mir heruͤber, Gott
wird's lohnen, was Sie an mir Armen ſo reich-
lich geuͤbt haben! Der Kutſcher kehrte zuruͤck und
lachte. Wenn ſie's ſo nehmen will, murmelte er,
iſt's mir auch recht. Ich uͤberlegte, ob ich mich
ihr nicht naͤhern, nicht wenigſtens den Verſuch
wagen ſollte, den uͤbrigen Theil ihrer Geſchichte
zu erfahren? Ihr freundlicher, laͤchelnder Blick
ſchien mich einzuladen, die Neugierde ſiegte, ich
gieng zu ihr.
Die Alte. Schoͤn willkommen! Schoͤn
willkommen! Reiſen Sie auch wieder einmal
bei uns voruͤber! Nun, das freut mich, da Sie
beſonders (auf den Dukaten blickend)
nicht auf mich vergeſſen haben. Wie lange
wird's denn ſeyn, daß Sie hier vorbei reißten
und mir meine Holzbuͤrde uͤber den Berg herauf
fuͤhrten? Wenn ich nicht ganz irre, iſt wohl ſchon
ein halbes Jahr voruͤber?
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