Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861."Aber machen es nicht alle Kinder mehr oder "Mögen Sie das nie an sich selbst erfahren!" sagte "Und haben Sie diese Erfahrung an sich selbst "Leider, ja! Ich habe in meinem Leben viele Ver¬ „Aber machen es nicht alle Kinder mehr oder „Mögen Sie das nie an ſich ſelbſt erfahren!“ ſagte „Und haben Sie dieſe Erfahrung an ſich ſelbſt „Leider, ja! Ich habe in meinem Leben viele Ver¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0099" n="89"/> <p>„Aber machen es nicht alle Kinder mehr oder<lb/> weniger ſo?“ erwiederte Oswald; „iſt es nicht ihr<lb/> gutes Recht, ſich lieben zu laſſen, ohne weiter dankbar<lb/> dafür zu ſein? Und dann: was iſt am Ende eine<lb/> Liebe, die auf Dank rechnet? Heißt es nicht auch<lb/> hier: wer Lohn begehrt, der hat ſeinen Lohn dahin?“</p><lb/> <p>„Mögen Sie das nie an ſich ſelbſt erfahren!“ ſagte<lb/> der Baron mit bewegter Stimme, „und mögen es<lb/> Andere nie durch Sie erfahren! Wüßten Sie, was<lb/> hoffnungsloſe Liebe iſt, wüßten Sie auf der anderen<lb/> Seite, was es heißt: das Gefühl mit ſich herum¬<lb/> tragen, Liebe, warme aufrichtige Liebe mit Kälte, mit<lb/> Gleichgültigkeit erwiedert zu haben — Sie würden<lb/> ſo nicht ſprechen. Nein, nein! Ein Herz, das uns<lb/> liebt, iſt ein Schatz, den wir nicht verachten dürfen,<lb/> und flögen uns Aller Herzen zu. Ein Herz, das uns<lb/> liebt, gekränkt zu haben, iſt eine Erinnerung, die auf<lb/> unſerem Gewiſſen brennt und die keine neue Liebe,<lb/> und wäre ſie wirklich edler und reiner, als die, welche<lb/> wir damals fühlten, wieder auslöſcht.“</p><lb/> <p>„Und haben Sie dieſe Erfahrung an ſich ſelbſt<lb/> gemacht?“</p><lb/> <p>„Leider, ja! Ich habe in meinem Leben viele Ver¬<lb/> hältniſſe angeknüpft und wieder gelöſt, ohne daß ich<lb/> darüber Gewiſſensbiſſe empfunden hätte. Wußte ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0099]
„Aber machen es nicht alle Kinder mehr oder
weniger ſo?“ erwiederte Oswald; „iſt es nicht ihr
gutes Recht, ſich lieben zu laſſen, ohne weiter dankbar
dafür zu ſein? Und dann: was iſt am Ende eine
Liebe, die auf Dank rechnet? Heißt es nicht auch
hier: wer Lohn begehrt, der hat ſeinen Lohn dahin?“
„Mögen Sie das nie an ſich ſelbſt erfahren!“ ſagte
der Baron mit bewegter Stimme, „und mögen es
Andere nie durch Sie erfahren! Wüßten Sie, was
hoffnungsloſe Liebe iſt, wüßten Sie auf der anderen
Seite, was es heißt: das Gefühl mit ſich herum¬
tragen, Liebe, warme aufrichtige Liebe mit Kälte, mit
Gleichgültigkeit erwiedert zu haben — Sie würden
ſo nicht ſprechen. Nein, nein! Ein Herz, das uns
liebt, iſt ein Schatz, den wir nicht verachten dürfen,
und flögen uns Aller Herzen zu. Ein Herz, das uns
liebt, gekränkt zu haben, iſt eine Erinnerung, die auf
unſerem Gewiſſen brennt und die keine neue Liebe,
und wäre ſie wirklich edler und reiner, als die, welche
wir damals fühlten, wieder auslöſcht.“
„Und haben Sie dieſe Erfahrung an ſich ſelbſt
gemacht?“
„Leider, ja! Ich habe in meinem Leben viele Ver¬
hältniſſe angeknüpft und wieder gelöſt, ohne daß ich
darüber Gewiſſensbiſſe empfunden hätte. Wußte ich
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