Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861."Wer ist der Mann bei Dir?" "Dein Freund, der Mann mit den blauen Augen." "Er soll bei uns bleiben," murmelte Czika schlaf¬ "Ich glaube," sagte der Baron, als sich der Wagen „Wer iſt der Mann bei Dir?“ „Dein Freund, der Mann mit den blauen Augen.“ „Er ſoll bei uns bleiben,“ murmelte Czika ſchlaf¬ „Ich glaube,“ ſagte der Baron, als ſich der Wagen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0098" n="88"/> <p>„Wer iſt der Mann bei Dir?“</p><lb/> <p>„Dein Freund, der Mann mit den blauen Augen.“</p><lb/> <p>„Er ſoll bei uns bleiben,“ murmelte Czika ſchlaf¬<lb/> trunken, ſich an Oswald, der nun auch eingeſtiegen<lb/> war, ſchmiegend. „Czika iſt müde; Czika will in Dei¬<lb/> nen Armen ſchlafen.“</p><lb/> <p>„Ich glaube,“ ſagte der Baron, als ſich der Wagen<lb/> in Bewegung ſetzte, „Sie haben einen unauslöſchlich<lb/> tiefen Eindruck auf Czika gemacht. Sie ſpricht ſehr<lb/> oft von Ihnen und fragt, warum der Mann mit den<lb/> blauen Augen — ſo bezeichnet ſie Sie ſtets — nicht<lb/> wieder kommt? Es iſt doch ein wunderliches Ding,<lb/> das Menſchenherz; ein unergründliches Räthſel, zu<lb/> dem der Weiſeſte der Weiſen keinen Schlüſſel hat.<lb/> Wer erklärt uns das Wunder der Sympathien und<lb/> Antipathien? Welche Mühe habe ich mir gegeben, das<lb/> Herz dieſes Kindes mir zueigen zu machen! Ich möchte<lb/> ſo gern etwas auf der Welt mein eigen nennen! Und<lb/> iſt es mir gelungen? Ich weiß es kaum. Sie folgt<lb/> mir, aber nur wie ein Kind, dem die Mutter geſagt<lb/> hat: geh mit dem Herrn und ſei hübſch artig! Ich<lb/> bin ihr heute noch, was ich ihr am erſten Tage war.<lb/> Ich habe ſie mit der zärtlichſten Sorge umgeben. Sie<lb/> nimmt Alles hin, wie eine Gabe, die man nicht aus¬<lb/> ſchlägt, um den Geber nicht zu beleidigen.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0098]
„Wer iſt der Mann bei Dir?“
„Dein Freund, der Mann mit den blauen Augen.“
„Er ſoll bei uns bleiben,“ murmelte Czika ſchlaf¬
trunken, ſich an Oswald, der nun auch eingeſtiegen
war, ſchmiegend. „Czika iſt müde; Czika will in Dei¬
nen Armen ſchlafen.“
„Ich glaube,“ ſagte der Baron, als ſich der Wagen
in Bewegung ſetzte, „Sie haben einen unauslöſchlich
tiefen Eindruck auf Czika gemacht. Sie ſpricht ſehr
oft von Ihnen und fragt, warum der Mann mit den
blauen Augen — ſo bezeichnet ſie Sie ſtets — nicht
wieder kommt? Es iſt doch ein wunderliches Ding,
das Menſchenherz; ein unergründliches Räthſel, zu
dem der Weiſeſte der Weiſen keinen Schlüſſel hat.
Wer erklärt uns das Wunder der Sympathien und
Antipathien? Welche Mühe habe ich mir gegeben, das
Herz dieſes Kindes mir zueigen zu machen! Ich möchte
ſo gern etwas auf der Welt mein eigen nennen! Und
iſt es mir gelungen? Ich weiß es kaum. Sie folgt
mir, aber nur wie ein Kind, dem die Mutter geſagt
hat: geh mit dem Herrn und ſei hübſch artig! Ich
bin ihr heute noch, was ich ihr am erſten Tage war.
Ich habe ſie mit der zärtlichſten Sorge umgeben. Sie
nimmt Alles hin, wie eine Gabe, die man nicht aus¬
ſchlägt, um den Geber nicht zu beleidigen.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |