er kann so ausgelassen sein, wie ein Füllen, ich weiß nicht, was ihm fehlt, oder ich weiß es wol, aber" -- "Aber?" "Aber ich darf es nicht sagen; oder ja, Dir darf ich es sagen, denn Du bist nicht wie die anderen Menschen. Mir ist immer, als müßtest Du mir ins Herz sehen dürfen, wie sie sagen, daß uns Gott ins Herz schaut; als dürfe man vor Dir, wie vor Gott keine Geheimnisse haben." "Aber ich will nicht, daß Du ein Geheimniß verräthst." "Ich ver¬ rathe nichts, denn Oswald hat mir nie ein Wort ge¬ sagt. Ich weiß nur, daß er so still und traurig ist, seitdem Tante Berkow fort ist. Es wurde doch heute Mittag darüber gesprochen, wie lange sie wol noch fortbleiben, ob sie wol nach Herrn von Berkow's Tode wieder heiraten würde, und da sah ich, wie Oswald sich entfärbte und während des ganzen Ge¬ spräches die Augen nicht von seinem Teller hob. Und dann, als Felix meinte: daß Baron Oldenburg, der ja auch, wie er ganz zufällig durch einen Freund erfahren, nach N. gereist sei, vielleicht darüber nähere Auskunft geben könnte, hob er schnell, mit einem zor¬ nigen Blick zu Felix hinüber, den Kopf und öffnete den Mund, als ob er etwas sagen wollte; aber er sagte nichts und biß sich in die Lippen; und heute Abend ist er noch ganz besonders verstimmt." "Und
er kann ſo ausgelaſſen ſein, wie ein Füllen, ich weiß nicht, was ihm fehlt, oder ich weiß es wol, aber“ — „Aber?“ „Aber ich darf es nicht ſagen; oder ja, Dir darf ich es ſagen, denn Du biſt nicht wie die anderen Menſchen. Mir iſt immer, als müßteſt Du mir ins Herz ſehen dürfen, wie ſie ſagen, daß uns Gott ins Herz ſchaut; als dürfe man vor Dir, wie vor Gott keine Geheimniſſe haben.“ „Aber ich will nicht, daß Du ein Geheimniß verräthſt.“ „Ich ver¬ rathe nichts, denn Oswald hat mir nie ein Wort ge¬ ſagt. Ich weiß nur, daß er ſo ſtill und traurig iſt, ſeitdem Tante Berkow fort iſt. Es wurde doch heute Mittag darüber geſprochen, wie lange ſie wol noch fortbleiben, ob ſie wol nach Herrn von Berkow's Tode wieder heiraten würde, und da ſah ich, wie Oswald ſich entfärbte und während des ganzen Ge¬ ſpräches die Augen nicht von ſeinem Teller hob. Und dann, als Felix meinte: daß Baron Oldenburg, der ja auch, wie er ganz zufällig durch einen Freund erfahren, nach N. gereiſt ſei, vielleicht darüber nähere Auskunft geben könnte, hob er ſchnell, mit einem zor¬ nigen Blick zu Felix hinüber, den Kopf und öffnete den Mund, als ob er etwas ſagen wollte; aber er ſagte nichts und biß ſich in die Lippen; und heute Abend iſt er noch ganz beſonders verſtimmt.“ „Und
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er kann ſo ausgelaſſen ſein, wie ein Füllen, ich weiß
nicht, was ihm fehlt, oder ich weiß es wol, aber“ —
„Aber?“ „Aber ich darf es nicht ſagen; oder ja,
Dir darf ich es ſagen, denn Du biſt nicht wie die
anderen Menſchen. Mir iſt immer, als müßteſt Du
mir ins Herz ſehen dürfen, wie ſie ſagen, daß uns
Gott ins Herz ſchaut; als dürfe man vor Dir, wie
vor Gott keine Geheimniſſe haben.“ „Aber ich will
nicht, daß Du ein Geheimniß verräthſt.“ „Ich ver¬
rathe nichts, denn Oswald hat mir nie ein Wort ge¬
ſagt. Ich weiß nur, daß er ſo ſtill und traurig iſt,
ſeitdem Tante Berkow fort iſt. Es wurde doch heute
Mittag darüber geſprochen, wie lange ſie wol noch
fortbleiben, ob ſie wol nach Herrn von Berkow's
Tode wieder heiraten würde, und da ſah ich, wie
Oswald ſich entfärbte und während des ganzen Ge¬
ſpräches die Augen nicht von ſeinem Teller hob. Und
dann, als Felix meinte: daß Baron Oldenburg, der
ja auch, wie er ganz zufällig durch einen Freund
erfahren, nach N. gereiſt ſei, vielleicht darüber nähere
Auskunft geben könnte, hob er ſchnell, mit einem zor¬
nigen Blick zu Felix hinüber, den Kopf und öffnete
den Mund, als ob er etwas ſagen wollte; aber er
ſagte nichts und biß ſich in die Lippen; und heute
Abend iſt er noch ganz beſonders verſtimmt.“ „Und
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/55>, abgerufen am 22.12.2024.
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