setzung, welche die Tochter von Seiten der Mutter bis dahin erfahren hatte, sehr wol empfand, wenn er auch zu schwach gewesen war, Maßregeln dagegen zu ergreifen, und vor allem der Hamburger Verban¬ nung ein Ende zu machen. Auch dem Heirathsproject hatte er seine Zustimmung nur gegeben, weil ihm Anna-Maria eingeredet hatte, so könne die Ungleich¬ mäßigkeit in dem Schicksal der beiden Kinder am besten ausgeglichen werden, da Helene, als die Gattin Felix', nach Malte's etwaigem Tode, dann doch ge¬ wissermaßen zur Erbschaft gelangte, wenigstens in den vollen Genuß des Vermögens käme. Aber auch hier hatte er Helene's vollkommen freie Zustimmung als unumgängliche Bedingung stipulirt, wogegen er sich wieder verpflichtet hatte, die Leitung der Angelegen¬ heit den geschickten Händen seiner Gemahlin zu über¬ lassen und vor allem sich vor einer vorzeitigen Ent¬ hüllung des Planes in Acht zu nehmen.
Nun aber hatten die Eindrücke der letzten Zeit an diesen Vorsätzen und Entschlüssen arg gerüttelt. Zuerst war ihm in Hamburg, als ihn ein plötzlicher Fieber¬ anfall auf das Krankenlager warf, der Gedanke ge¬ kommen, er könnte in nächster Zeit sterben und He¬ lene dann ganz verlassen dastehen, ohne seinen Rath, ohne sein Veto, das er im äußersten Falle der Ausfüh¬
ſetzung, welche die Tochter von Seiten der Mutter bis dahin erfahren hatte, ſehr wol empfand, wenn er auch zu ſchwach geweſen war, Maßregeln dagegen zu ergreifen, und vor allem der Hamburger Verban¬ nung ein Ende zu machen. Auch dem Heirathsproject hatte er ſeine Zuſtimmung nur gegeben, weil ihm Anna-Maria eingeredet hatte, ſo könne die Ungleich¬ mäßigkeit in dem Schickſal der beiden Kinder am beſten ausgeglichen werden, da Helene, als die Gattin Felix', nach Malte's etwaigem Tode, dann doch ge¬ wiſſermaßen zur Erbſchaft gelangte, wenigſtens in den vollen Genuß des Vermögens käme. Aber auch hier hatte er Helene's vollkommen freie Zuſtimmung als unumgängliche Bedingung ſtipulirt, wogegen er ſich wieder verpflichtet hatte, die Leitung der Angelegen¬ heit den geſchickten Händen ſeiner Gemahlin zu über¬ laſſen und vor allem ſich vor einer vorzeitigen Ent¬ hüllung des Planes in Acht zu nehmen.
Nun aber hatten die Eindrücke der letzten Zeit an dieſen Vorſätzen und Entſchlüſſen arg gerüttelt. Zuerſt war ihm in Hamburg, als ihn ein plötzlicher Fieber¬ anfall auf das Krankenlager warf, der Gedanke ge¬ kommen, er könnte in nächſter Zeit ſterben und He¬ lene dann ganz verlaſſen daſtehen, ohne ſeinen Rath, ohne ſein Veto, das er im äußerſten Falle der Ausfüh¬
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[15/0025]
ſetzung, welche die Tochter von Seiten der Mutter
bis dahin erfahren hatte, ſehr wol empfand, wenn
er auch zu ſchwach geweſen war, Maßregeln dagegen
zu ergreifen, und vor allem der Hamburger Verban¬
nung ein Ende zu machen. Auch dem Heirathsproject
hatte er ſeine Zuſtimmung nur gegeben, weil ihm
Anna-Maria eingeredet hatte, ſo könne die Ungleich¬
mäßigkeit in dem Schickſal der beiden Kinder am
beſten ausgeglichen werden, da Helene, als die Gattin
Felix', nach Malte's etwaigem Tode, dann doch ge¬
wiſſermaßen zur Erbſchaft gelangte, wenigſtens in den
vollen Genuß des Vermögens käme. Aber auch hier
hatte er Helene's vollkommen freie Zuſtimmung als
unumgängliche Bedingung ſtipulirt, wogegen er ſich
wieder verpflichtet hatte, die Leitung der Angelegen¬
heit den geſchickten Händen ſeiner Gemahlin zu über¬
laſſen und vor allem ſich vor einer vorzeitigen Ent¬
hüllung des Planes in Acht zu nehmen.
Nun aber hatten die Eindrücke der letzten Zeit an
dieſen Vorſätzen und Entſchlüſſen arg gerüttelt. Zuerſt
war ihm in Hamburg, als ihn ein plötzlicher Fieber¬
anfall auf das Krankenlager warf, der Gedanke ge¬
kommen, er könnte in nächſter Zeit ſterben und He¬
lene dann ganz verlaſſen daſtehen, ohne ſeinen Rath,
ohne ſein Veto, das er im äußerſten Falle der Ausfüh¬
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/25>, abgerufen am 28.11.2024.
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