Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Er ist einer der arrogantesten Menschen seines Stan¬
des, die mir je vorgekommen sind."

"Wir wollen ihm das austreiben," sagte Felix,
seinen äußerst winzigen Schnurrbart drehend; "mit
solchen Leuten muß man kurzen Prozeß machen. Ich
kenne das. Diese Bürgerlichen sind sich Alle gleich.
Sobald sie merken, daß wir sein wollen, was wir
von Rechtswegen sind -- die Herren im Staat und
im Haus -- kriechen Sie zu Kreuz. Sie werden
nur übermüthig durch unsere Schuld. Man muß sie
fortwährend in dem Bewußtsein ihrer Stellung halten.
Sie sind zu gut gegen den Menschen gewesen: das
ist Alles. Ich wunderte mich, offen gestanden, schon
heute Mittag, mit welcher Nachsicht sich Fräulein
Helene seine Zurechtweisung -- ich weiß nicht mehr,
um was es sich handelte -- gefallen ließ."

"Nun Helene ist sonst nicht gerade seine Freundin;
wie sie denn überhaupt eine wahrhaft aristokratische
Antipathie gegen alles Plebejische hat. Nähren Sie
diese Grundsätze ja! ich glaube, Sie werden so den
nächsten Weg zu ihrem Herzen finden."

"Nun, ich denke, dieser Weg wird ja wol nicht
so übermäßig schwer zu entdecken sein;" sagte Felix
mit selbstgefälligem Lächeln: ich habe einige Erfahrung
in diesem Capitel, ma chere tante!"

Er iſt einer der arroganteſten Menſchen ſeines Stan¬
des, die mir je vorgekommen ſind.“

„Wir wollen ihm das austreiben,“ ſagte Felix,
ſeinen äußerſt winzigen Schnurrbart drehend; „mit
ſolchen Leuten muß man kurzen Prozeß machen. Ich
kenne das. Dieſe Bürgerlichen ſind ſich Alle gleich.
Sobald ſie merken, daß wir ſein wollen, was wir
von Rechtswegen ſind — die Herren im Staat und
im Haus — kriechen Sie zu Kreuz. Sie werden
nur übermüthig durch unſere Schuld. Man muß ſie
fortwährend in dem Bewußtſein ihrer Stellung halten.
Sie ſind zu gut gegen den Menſchen geweſen: das
iſt Alles. Ich wunderte mich, offen geſtanden, ſchon
heute Mittag, mit welcher Nachſicht ſich Fräulein
Helene ſeine Zurechtweiſung — ich weiß nicht mehr,
um was es ſich handelte — gefallen ließ.“

„Nun Helene iſt ſonſt nicht gerade ſeine Freundin;
wie ſie denn überhaupt eine wahrhaft ariſtokratiſche
Antipathie gegen alles Plebejiſche hat. Nähren Sie
dieſe Grundſätze ja! ich glaube, Sie werden ſo den
nächſten Weg zu ihrem Herzen finden.“

„Nun, ich denke, dieſer Weg wird ja wol nicht
ſo übermäßig ſchwer zu entdecken ſein;“ ſagte Felix
mit ſelbſtgefälligem Lächeln: ich habe einige Erfahrung
in dieſem Capitel, ma chère tante!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="12"/>
Er i&#x017F;t einer der arrogante&#x017F;ten Men&#x017F;chen &#x017F;eines Stan¬<lb/>
des, die mir je vorgekommen &#x017F;ind.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir wollen ihm das austreiben,&#x201C; &#x017F;agte Felix,<lb/>
&#x017F;einen äußer&#x017F;t winzigen Schnurrbart drehend; &#x201E;mit<lb/>
&#x017F;olchen Leuten muß man kurzen Prozeß machen. Ich<lb/>
kenne das. Die&#x017F;e Bürgerlichen &#x017F;ind &#x017F;ich Alle gleich.<lb/>
Sobald &#x017F;ie merken, daß wir &#x017F;ein wollen, was wir<lb/>
von Rechtswegen &#x017F;ind &#x2014; die Herren im Staat und<lb/>
im Haus &#x2014; kriechen Sie zu Kreuz. Sie werden<lb/>
nur übermüthig durch un&#x017F;ere Schuld. Man muß &#x017F;ie<lb/>
fortwährend in dem Bewußt&#x017F;ein ihrer Stellung halten.<lb/>
Sie &#x017F;ind zu gut gegen den Men&#x017F;chen gewe&#x017F;en: das<lb/>
i&#x017F;t Alles. Ich wunderte mich, offen ge&#x017F;tanden, &#x017F;chon<lb/>
heute Mittag, mit welcher Nach&#x017F;icht &#x017F;ich Fräulein<lb/>
Helene &#x017F;eine Zurechtwei&#x017F;ung &#x2014; ich weiß nicht mehr,<lb/>
um was es &#x017F;ich handelte &#x2014; gefallen ließ.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun Helene i&#x017F;t &#x017F;on&#x017F;t nicht gerade &#x017F;eine Freundin;<lb/>
wie &#x017F;ie denn überhaupt eine wahrhaft ari&#x017F;tokrati&#x017F;che<lb/>
Antipathie gegen alles Plebeji&#x017F;che hat. Nähren Sie<lb/>
die&#x017F;e Grund&#x017F;ätze ja! ich glaube, Sie werden &#x017F;o den<lb/>
näch&#x017F;ten Weg zu ihrem Herzen finden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun, ich denke, die&#x017F;er Weg wird ja wol nicht<lb/>
&#x017F;o übermäßig &#x017F;chwer zu entdecken &#x017F;ein;&#x201C; &#x017F;agte Felix<lb/>
mit &#x017F;elb&#x017F;tgefälligem Lächeln: ich habe einige Erfahrung<lb/>
in die&#x017F;em Capitel, <hi rendition="#aq">ma chère tante</hi>!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0022] Er iſt einer der arroganteſten Menſchen ſeines Stan¬ des, die mir je vorgekommen ſind.“ „Wir wollen ihm das austreiben,“ ſagte Felix, ſeinen äußerſt winzigen Schnurrbart drehend; „mit ſolchen Leuten muß man kurzen Prozeß machen. Ich kenne das. Dieſe Bürgerlichen ſind ſich Alle gleich. Sobald ſie merken, daß wir ſein wollen, was wir von Rechtswegen ſind — die Herren im Staat und im Haus — kriechen Sie zu Kreuz. Sie werden nur übermüthig durch unſere Schuld. Man muß ſie fortwährend in dem Bewußtſein ihrer Stellung halten. Sie ſind zu gut gegen den Menſchen geweſen: das iſt Alles. Ich wunderte mich, offen geſtanden, ſchon heute Mittag, mit welcher Nachſicht ſich Fräulein Helene ſeine Zurechtweiſung — ich weiß nicht mehr, um was es ſich handelte — gefallen ließ.“ „Nun Helene iſt ſonſt nicht gerade ſeine Freundin; wie ſie denn überhaupt eine wahrhaft ariſtokratiſche Antipathie gegen alles Plebejiſche hat. Nähren Sie dieſe Grundſätze ja! ich glaube, Sie werden ſo den nächſten Weg zu ihrem Herzen finden.“ „Nun, ich denke, dieſer Weg wird ja wol nicht ſo übermäßig ſchwer zu entdecken ſein;“ ſagte Felix mit ſelbſtgefälligem Lächeln: ich habe einige Erfahrung in dieſem Capitel, ma chère tante!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/22
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/22>, abgerufen am 25.04.2024.