Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

"Dort auf dem Tisch!" sagte Felix; "in dem
Ebenholzkästchen -- Sie müssen die Feder nach unten
drücken -- nicht jünger geworden? aber hoffentlich
doch auch nicht älter, ich meine auffallend -- zum
wenigsten erfreue ich mich, wie Sie sehen noch meiner
sämmtlichen Zähne und zum mindesten fünf Sechstel
meiner Haare" -- und Felix bürstete mit unendlichem
Wohlgefallen die allerliebsten natürlichen kurzen brau¬
nen Locken, die wirklich noch ziemlich üppig seinen
wohlgeformten Kopf bedeckten.

"Nun, mit den Haaren mag's noch gehen," sagte
der unbarmherzige Albert, der jetzt auf einem Sopha
Platz genommen hatte und dem vor dem Spiegel
eifrig beschäftigten Felix mit heimlicher Schadenfreude
musterte; "aber wo haben Sie nur alle die Falten
in ihrem Gesicht her bekommen? die scharfe Morgen¬
beleuchtung ist wirklich nichts mehr für Sie. Ich
machte Ihnen früher das Compliment, Sie hätten
eine frappante Aehnlichkeit mit Byron; aber jetzt sehen
Sie wenigstens wie Byron's Vater aus. Und dann --
Sie waren niemals durch Fülle ausgezeichnet, jetzt
sind Sie wirklich auf ein Minimum reducirt."

"Je schlanker, desto eleganter," meinte Felix; "und
übrigens kommt das wieder; ich wurde in der letzten
Zeit von meinem Doctor etwas knapp gehalten."

„Dort auf dem Tiſch!“ ſagte Felix; „in dem
Ebenholzkäſtchen — Sie müſſen die Feder nach unten
drücken — nicht jünger geworden? aber hoffentlich
doch auch nicht älter, ich meine auffallend — zum
wenigſten erfreue ich mich, wie Sie ſehen noch meiner
ſämmtlichen Zähne und zum mindeſten fünf Sechſtel
meiner Haare“ — und Felix bürſtete mit unendlichem
Wohlgefallen die allerliebſten natürlichen kurzen brau¬
nen Locken, die wirklich noch ziemlich üppig ſeinen
wohlgeformten Kopf bedeckten.

„Nun, mit den Haaren mag's noch gehen,“ ſagte
der unbarmherzige Albert, der jetzt auf einem Sopha
Platz genommen hatte und dem vor dem Spiegel
eifrig beſchäftigten Felix mit heimlicher Schadenfreude
muſterte; „aber wo haben Sie nur alle die Falten
in ihrem Geſicht her bekommen? die ſcharfe Morgen¬
beleuchtung iſt wirklich nichts mehr für Sie. Ich
machte Ihnen früher das Compliment, Sie hätten
eine frappante Aehnlichkeit mit Byron; aber jetzt ſehen
Sie wenigſtens wie Byron's Vater aus. Und dann —
Sie waren niemals durch Fülle ausgezeichnet, jetzt
ſind Sie wirklich auf ein Minimum reducirt.“

„Je ſchlanker, deſto eleganter,“ meinte Felix; „und
übrigens kommt das wieder; ich wurde in der letzten
Zeit von meinem Doctor etwas knapp gehalten.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0015" n="5"/>
        <p>&#x201E;Dort auf dem Ti&#x017F;ch!&#x201C; &#x017F;agte Felix; &#x201E;in dem<lb/>
Ebenholzkä&#x017F;tchen &#x2014; Sie mü&#x017F;&#x017F;en die Feder nach unten<lb/>
drücken &#x2014; nicht jünger geworden? aber hoffentlich<lb/>
doch auch nicht älter, ich meine auffallend &#x2014; zum<lb/>
wenig&#x017F;ten erfreue ich mich, wie Sie &#x017F;ehen noch meiner<lb/>
&#x017F;ämmtlichen Zähne und zum minde&#x017F;ten fünf Sech&#x017F;tel<lb/>
meiner Haare&#x201C; &#x2014; und Felix bür&#x017F;tete mit unendlichem<lb/>
Wohlgefallen die allerlieb&#x017F;ten natürlichen kurzen brau¬<lb/>
nen Locken, die wirklich noch ziemlich üppig &#x017F;einen<lb/>
wohlgeformten Kopf bedeckten.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun, mit den Haaren mag's noch gehen,&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
der unbarmherzige Albert, der jetzt auf einem Sopha<lb/>
Platz genommen hatte und dem vor dem Spiegel<lb/>
eifrig be&#x017F;chäftigten Felix mit heimlicher Schadenfreude<lb/>
mu&#x017F;terte; &#x201E;aber wo haben Sie nur alle die Falten<lb/>
in ihrem Ge&#x017F;icht her bekommen? die &#x017F;charfe Morgen¬<lb/>
beleuchtung i&#x017F;t wirklich nichts mehr für Sie. Ich<lb/>
machte Ihnen früher das Compliment, Sie hätten<lb/>
eine frappante Aehnlichkeit mit Byron; aber jetzt &#x017F;ehen<lb/>
Sie wenig&#x017F;tens wie Byron's Vater aus. Und dann &#x2014;<lb/>
Sie waren niemals durch Fülle ausgezeichnet, jetzt<lb/>
&#x017F;ind Sie wirklich auf ein Minimum reducirt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Je &#x017F;chlanker, de&#x017F;to eleganter,&#x201C; meinte Felix; &#x201E;und<lb/>
übrigens kommt das wieder; ich wurde in der letzten<lb/>
Zeit von meinem Doctor etwas knapp gehalten.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0015] „Dort auf dem Tiſch!“ ſagte Felix; „in dem Ebenholzkäſtchen — Sie müſſen die Feder nach unten drücken — nicht jünger geworden? aber hoffentlich doch auch nicht älter, ich meine auffallend — zum wenigſten erfreue ich mich, wie Sie ſehen noch meiner ſämmtlichen Zähne und zum mindeſten fünf Sechſtel meiner Haare“ — und Felix bürſtete mit unendlichem Wohlgefallen die allerliebſten natürlichen kurzen brau¬ nen Locken, die wirklich noch ziemlich üppig ſeinen wohlgeformten Kopf bedeckten. „Nun, mit den Haaren mag's noch gehen,“ ſagte der unbarmherzige Albert, der jetzt auf einem Sopha Platz genommen hatte und dem vor dem Spiegel eifrig beſchäftigten Felix mit heimlicher Schadenfreude muſterte; „aber wo haben Sie nur alle die Falten in ihrem Geſicht her bekommen? die ſcharfe Morgen¬ beleuchtung iſt wirklich nichts mehr für Sie. Ich machte Ihnen früher das Compliment, Sie hätten eine frappante Aehnlichkeit mit Byron; aber jetzt ſehen Sie wenigſtens wie Byron's Vater aus. Und dann — Sie waren niemals durch Fülle ausgezeichnet, jetzt ſind Sie wirklich auf ein Minimum reducirt.“ „Je ſchlanker, deſto eleganter,“ meinte Felix; „und übrigens kommt das wieder; ich wurde in der letzten Zeit von meinem Doctor etwas knapp gehalten.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/15
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/15>, abgerufen am 27.11.2024.