Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

einen der Finger seiner linken Hand, die er eben ab¬
getrocknet hatte, entgegen.

"Danke, Baron, passabel!" sagte Albert, den dar¬
gebotenen Finger sehr flüchtig, -- denn sich durch vor¬
nehme Grobheit imponiren zu lassen, gehörte nicht zu
Alberts Schwächen, -- mit etwa zwei Fingern seiner
Hand berührend; "ich glaubte schon, Sie (mit Beto¬
nung) würden mich bis auf den Namen vergessen
haben."

"Bewahre," sagte Felix, "fiel mir heute Morgen
sogleich auf, als Jean mir die Gesellschaft hier her¬
zählte. -- Aber wie gottvoll Sie sich in Civil aus¬
nehmen! hahaha! wenn Sie so die Kameraden sähen!
wirklich gottvoll, auf Ehre!" und Felix blieb, eine
Bürste in der einen und einen kleinen Toilettenspiegel
in der andern Hand, vor Albert stehen, sich ihn von
Kopf bis zu den Füßen wie ein fremdes merkwürdi¬
ges Thier ansehend.

"Meinen Sie?" sagte Albert trocken; "freut mich!
kann Ihnen leider das Compliment nicht zurückgeben,
da ich erst die folgenden Stadien Ihrer Toilette ab¬
warten muß. Aber das Eine kann ich Ihnen sagen
-- jünger sind Sie unterdessen nicht geworden. Haben
Sie nicht noch eine Cigarre? oder ist die Havana, die
Sie rauchen, die letzte Ihres Geschlechts?"

einen der Finger ſeiner linken Hand, die er eben ab¬
getrocknet hatte, entgegen.

„Danke, Baron, paſſabel!“ ſagte Albert, den dar¬
gebotenen Finger ſehr flüchtig, — denn ſich durch vor¬
nehme Grobheit imponiren zu laſſen, gehörte nicht zu
Alberts Schwächen, — mit etwa zwei Fingern ſeiner
Hand berührend; „ich glaubte ſchon, Sie (mit Beto¬
nung) würden mich bis auf den Namen vergeſſen
haben.“

„Bewahre,“ ſagte Felix, „fiel mir heute Morgen
ſogleich auf, als Jean mir die Geſellſchaft hier her¬
zählte. — Aber wie gottvoll Sie ſich in Civil aus¬
nehmen! hahaha! wenn Sie ſo die Kameraden ſähen!
wirklich gottvoll, auf Ehre!“ und Felix blieb, eine
Bürſte in der einen und einen kleinen Toilettenſpiegel
in der andern Hand, vor Albert ſtehen, ſich ihn von
Kopf bis zu den Füßen wie ein fremdes merkwürdi¬
ges Thier anſehend.

„Meinen Sie?“ ſagte Albert trocken; „freut mich!
kann Ihnen leider das Compliment nicht zurückgeben,
da ich erſt die folgenden Stadien Ihrer Toilette ab¬
warten muß. Aber das Eine kann ich Ihnen ſagen
— jünger ſind Sie unterdeſſen nicht geworden. Haben
Sie nicht noch eine Cigarre? oder iſt die Havana, die
Sie rauchen, die letzte Ihres Geſchlechts?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="4"/>
einen der Finger &#x017F;einer linken Hand, die er eben ab¬<lb/>
getrocknet hatte, entgegen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Danke, Baron, pa&#x017F;&#x017F;abel!&#x201C; &#x017F;agte Albert, den dar¬<lb/>
gebotenen Finger &#x017F;ehr flüchtig, &#x2014; denn &#x017F;ich durch vor¬<lb/>
nehme Grobheit imponiren zu la&#x017F;&#x017F;en, gehörte nicht zu<lb/>
Alberts Schwächen, &#x2014; mit etwa zwei Fingern &#x017F;einer<lb/>
Hand berührend; &#x201E;ich glaubte &#x017F;chon, Sie (mit Beto¬<lb/>
nung) würden mich bis auf den Namen verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
haben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bewahre,&#x201C; &#x017F;agte Felix, &#x201E;fiel mir heute Morgen<lb/>
&#x017F;ogleich auf, als Jean mir die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft hier her¬<lb/>
zählte. &#x2014; Aber wie gottvoll Sie &#x017F;ich in Civil aus¬<lb/>
nehmen! hahaha! wenn Sie &#x017F;o die Kameraden &#x017F;ähen!<lb/>
wirklich gottvoll, auf Ehre!&#x201C; und Felix blieb, eine<lb/>
Bür&#x017F;te in der einen und einen kleinen Toiletten&#x017F;piegel<lb/>
in der andern Hand, vor Albert &#x017F;tehen, &#x017F;ich ihn von<lb/>
Kopf bis zu den Füßen wie ein fremdes merkwürdi¬<lb/>
ges Thier an&#x017F;ehend.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Meinen Sie?&#x201C; &#x017F;agte Albert trocken; &#x201E;freut mich!<lb/>
kann Ihnen leider das Compliment nicht zurückgeben,<lb/>
da ich er&#x017F;t die folgenden Stadien Ihrer Toilette ab¬<lb/>
warten muß. Aber das Eine kann ich Ihnen &#x017F;agen<lb/>
&#x2014; jünger &#x017F;ind Sie unterde&#x017F;&#x017F;en nicht geworden. Haben<lb/>
Sie nicht noch eine Cigarre? oder i&#x017F;t die Havana, die<lb/>
Sie rauchen, die letzte Ihres Ge&#x017F;chlechts?&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0014] einen der Finger ſeiner linken Hand, die er eben ab¬ getrocknet hatte, entgegen. „Danke, Baron, paſſabel!“ ſagte Albert, den dar¬ gebotenen Finger ſehr flüchtig, — denn ſich durch vor¬ nehme Grobheit imponiren zu laſſen, gehörte nicht zu Alberts Schwächen, — mit etwa zwei Fingern ſeiner Hand berührend; „ich glaubte ſchon, Sie (mit Beto¬ nung) würden mich bis auf den Namen vergeſſen haben.“ „Bewahre,“ ſagte Felix, „fiel mir heute Morgen ſogleich auf, als Jean mir die Geſellſchaft hier her¬ zählte. — Aber wie gottvoll Sie ſich in Civil aus¬ nehmen! hahaha! wenn Sie ſo die Kameraden ſähen! wirklich gottvoll, auf Ehre!“ und Felix blieb, eine Bürſte in der einen und einen kleinen Toilettenſpiegel in der andern Hand, vor Albert ſtehen, ſich ihn von Kopf bis zu den Füßen wie ein fremdes merkwürdi¬ ges Thier anſehend. „Meinen Sie?“ ſagte Albert trocken; „freut mich! kann Ihnen leider das Compliment nicht zurückgeben, da ich erſt die folgenden Stadien Ihrer Toilette ab¬ warten muß. Aber das Eine kann ich Ihnen ſagen — jünger ſind Sie unterdeſſen nicht geworden. Haben Sie nicht noch eine Cigarre? oder iſt die Havana, die Sie rauchen, die letzte Ihres Geſchlechts?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/14
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/14>, abgerufen am 27.11.2024.