"In der That!" sagte Oswald, den die unver¬ wüstliche Ruhe, mit welcher ihm der Baron dies Märchen aufzuheften suchte, ein wenig ärgerte: "also bei Palermo? ich war schon versucht, das Original weniger weit zu suchen."
"Sie meinen im Berliner Museum?" sagte der Baron; "es existirt dort allerdings eine Muse, die mit diesem Bilde große Aehnlichkeit hat, aber der Unter¬ schied ist doch, wenn sie genauer vergleichen, sehr bedeutend."
"Allerdings," sagte Oswald; "die Nase ist an jenem Bilde energischer; auch ist die Haltung des Kopfes eine andere, und überhaupt die Aehnlichkeit mit Frau von Berkow, die an dieser Büste so frappant ist, weniger auffallend."
"Finden Sie?" sagte der Baron, aufstehend und vor das Bild tretend. "Wahrhaftig, Sie haben Recht. Es ist wirklich eine flüchtige Aehnlichkeit zwischen diesem Bilde und Frau von Berkow. Nun, das macht mir das Bild nicht schlechter, denn ich ge¬ stehe, daß es wenige Damen auf der Welt giebt, an die ich mich so gern erinnern ließe, als an diese, ebenso liebenswürdige wie geistreiche Frau."
Der Baron zog den Vorhang wieder über das
„In der That!“ sagte Oswald, den die unver¬ wüſtliche Ruhe, mit welcher ihm der Baron dies Märchen aufzuheften ſuchte, ein wenig ärgerte: „alſo bei Palermo? ich war ſchon verſucht, das Original weniger weit zu ſuchen.“
„Sie meinen im Berliner Muſeum?“ ſagte der Baron; „es exiſtirt dort allerdings eine Muſe, die mit dieſem Bilde große Aehnlichkeit hat, aber der Unter¬ ſchied iſt doch, wenn ſie genauer vergleichen, ſehr bedeutend.“
„Allerdings,“ ſagte Oswald; „die Naſe iſt an jenem Bilde energiſcher; auch iſt die Haltung des Kopfes eine andere, und überhaupt die Aehnlichkeit mit Frau von Berkow, die an dieſer Büſte ſo frappant iſt, weniger auffallend.“
„Finden Sie?“ ſagte der Baron, aufſtehend und vor das Bild tretend. „Wahrhaftig, Sie haben Recht. Es iſt wirklich eine flüchtige Aehnlichkeit zwiſchen dieſem Bilde und Frau von Berkow. Nun, das macht mir das Bild nicht ſchlechter, denn ich ge¬ ſtehe, daß es wenige Damen auf der Welt giebt, an die ich mich ſo gern erinnern ließe, als an dieſe, ebenſo liebenswürdige wie geiſtreiche Frau.“
Der Baron zog den Vorhang wieder über das
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„In der That!“ sagte Oswald, den die unver¬
wüſtliche Ruhe, mit welcher ihm der Baron dies
Märchen aufzuheften ſuchte, ein wenig ärgerte: „alſo
bei Palermo? ich war ſchon verſucht, das Original
weniger weit zu ſuchen.“
„Sie meinen im Berliner Muſeum?“ ſagte der
Baron; „es exiſtirt dort allerdings eine Muſe, die mit
dieſem Bilde große Aehnlichkeit hat, aber der Unter¬
ſchied iſt doch, wenn ſie genauer vergleichen, ſehr
bedeutend.“
„Allerdings,“ ſagte Oswald; „die Naſe iſt an
jenem Bilde energiſcher; auch iſt die Haltung des
Kopfes eine andere, und überhaupt die Aehnlichkeit
mit Frau von Berkow, die an dieſer Büſte ſo frappant
iſt, weniger auffallend.“
„Finden Sie?“ ſagte der Baron, aufſtehend und
vor das Bild tretend. „Wahrhaftig, Sie haben
Recht. Es iſt wirklich eine flüchtige Aehnlichkeit
zwiſchen dieſem Bilde und Frau von Berkow. Nun,
das macht mir das Bild nicht ſchlechter, denn ich ge¬
ſtehe, daß es wenige Damen auf der Welt giebt, an
die ich mich ſo gern erinnern ließe, als an dieſe, ebenſo
liebenswürdige wie geiſtreiche Frau.“
Der Baron zog den Vorhang wieder über das
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/52>, abgerufen am 16.07.2024.
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