schon seit einem Vierteljahre leben, noch so gut wie nichts wissen. Die Sache ist die: Anna-Maria lebt in beständiger Furcht vor dem Tode des alten Barons, weil, wenn der Baron stirbt, sie nicht nur einen alten Gemahl, sondern auch die angenehme Aussicht verliert, sich aus dem Ueberschuß der Revenüen nach und nach ein bedeutendes Vermögen zurücklegen zu können. Deshalb ist ihr Malte lange nicht so wichtig. Den¬ noch fürchtet sie auch für den, da bei seinem Tod das Majorat ganz aus dieser Linie heraus an eine noch jüngere fallen würde, die durch Felix von Grenwitz, einen Ex-Lieutenant und notorischen Roue, repräsentirt wird. Und nun kommt die Teufelei: um, wenn auch der Baron und selbst Malte vor der Zeit sterben sollten, doch immer noch, so zu sagen, die Hand im Spiele zu haben, hat Anna-Maria eine Heirath zwischen Fräulein Helene und dem ausgezeichneten Vetter Felix projectirt. Das arme Kind weiß nichts von diesem interessanten Plan, desto mehr aber, fürchte ich, der ausgezeichnete Felix, der in wenigen Tagen nach Gren¬ witz kommen wird, um fern von dem aufregenden städtischen Treiben in der Stille des Landlebens ganz seiner angegriffenen Gesundheit zu leben, wie die Baronin sagt. Mit einem Worte: es ist die alltäg¬ liche Misere von Soll und Haben, das ganz gemeine
ſchon ſeit einem Vierteljahre leben, noch ſo gut wie nichts wiſſen. Die Sache iſt die: Anna-Maria lebt in beſtändiger Furcht vor dem Tode des alten Barons, weil, wenn der Baron ſtirbt, ſie nicht nur einen alten Gemahl, ſondern auch die angenehme Ausſicht verliert, ſich aus dem Ueberſchuß der Revenüen nach und nach ein bedeutendes Vermögen zurücklegen zu können. Deshalb iſt ihr Malte lange nicht ſo wichtig. Den¬ noch fürchtet ſie auch für den, da bei ſeinem Tod das Majorat ganz aus dieſer Linie heraus an eine noch jüngere fallen würde, die durch Felix von Grenwitz, einen Ex-Lieutenant und notoriſchen Roué, repräſentirt wird. Und nun kommt die Teufelei: um, wenn auch der Baron und ſelbſt Malte vor der Zeit ſterben ſollten, doch immer noch, ſo zu ſagen, die Hand im Spiele zu haben, hat Anna-Maria eine Heirath zwiſchen Fräulein Helene und dem ausgezeichneten Vetter Felix projectirt. Das arme Kind weiß nichts von dieſem intereſſanten Plan, deſto mehr aber, fürchte ich, der ausgezeichnete Felix, der in wenigen Tagen nach Gren¬ witz kommen wird, um fern von dem aufregenden ſtädtiſchen Treiben in der Stille des Landlebens ganz ſeiner angegriffenen Geſundheit zu leben, wie die Baronin ſagt. Mit einem Worte: es iſt die alltäg¬ liche Miſère von Soll und Haben, das ganz gemeine
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ſchon ſeit einem Vierteljahre leben, noch ſo gut wie
nichts wiſſen. Die Sache iſt die: Anna-Maria lebt
in beſtändiger Furcht vor dem Tode des alten Barons,
weil, wenn der Baron ſtirbt, ſie nicht nur einen alten
Gemahl, ſondern auch die angenehme Ausſicht verliert,
ſich aus dem Ueberſchuß der Revenüen nach und nach
ein bedeutendes Vermögen zurücklegen zu können.
Deshalb iſt ihr Malte lange nicht ſo wichtig. Den¬
noch fürchtet ſie auch für den, da bei ſeinem Tod das
Majorat ganz aus dieſer Linie heraus an eine noch
jüngere fallen würde, die durch Felix von Grenwitz,
einen Ex-Lieutenant und notoriſchen Roué, repräſentirt
wird. Und nun kommt die Teufelei: um, wenn auch
der Baron und ſelbſt Malte vor der Zeit ſterben
ſollten, doch immer noch, ſo zu ſagen, die Hand im
Spiele zu haben, hat Anna-Maria eine Heirath zwiſchen
Fräulein Helene und dem ausgezeichneten Vetter Felix
projectirt. Das arme Kind weiß nichts von dieſem
intereſſanten Plan, deſto mehr aber, fürchte ich, der
ausgezeichnete Felix, der in wenigen Tagen nach Gren¬
witz kommen wird, um fern von dem aufregenden
ſtädtiſchen Treiben in der Stille des Landlebens ganz
ſeiner angegriffenen Geſundheit zu leben, wie die
Baronin ſagt. Mit einem Worte: es iſt die alltäg¬
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/127>, abgerufen am 18.07.2024.
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