Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Marguerite im Sparkassenbuche hat, kämen mir wirklich
gelegen. Es wäre am Ende nur zu ihrem Vortheil,
wenn ich sie darum ärmer machte. Denn daß ich mein
Versprechen, sie zu 'eirathen, ohne die dringendste Noth
nicht halten werde, liegt doch für jeden Verständigen auf
der Hand. Fühle ich mich nun ihr gegenüber nicht blos
moralisch, sondern auch anderweitig verpflichtet, so hat
sie immerhin eine Chance mehr. Ich kann ihr ja vor¬
schwindeln, ich könne das Geld besser anlegen oder der¬
gleichen. Wenn die dummen Dinger verliebt sind,
glauben sie ja Alles, was man ihnen aufbindet. Und
kann sie das Geld besser anlegen, als wenn sie sich
damit einen charmanten Kerl von Mann erkauft, der
sie im andern Falle nicht 'eirathen würde? Me her¬
culem!
ich fühle mich ordentlich gehoben durch den
Gedanken, auf diese Weise der Wohlthäter des Mäd¬
chens zu werden. Ich will die Kleine doch gleich ein¬
mal in's Gebet nehmen. Weigert sie sich, so werde
ich sie freilich ihrer Klugheit wegen achten müssen,
aber mit unserer Liebe ist es aus!"

Albert erhob sich und ging, die Hände auf dem
Rücken, wie es seine Gewohnheit war, wenn sein
scharfsinniger Kopf an der Lösung eines Problems
arbeitete, langsam nach dem Schlosse. Marguerite
schaltete noch in der Küchenregion; Albert verfügte

Marguerite im Sparkaſſenbuche hat, kämen mir wirklich
gelegen. Es wäre am Ende nur zu ihrem Vortheil,
wenn ich ſie darum ärmer machte. Denn daß ich mein
Verſprechen, ſie zu 'eirathen, ohne die dringendſte Noth
nicht halten werde, liegt doch für jeden Verſtändigen auf
der Hand. Fühle ich mich nun ihr gegenüber nicht blos
moraliſch, ſondern auch anderweitig verpflichtet, ſo hat
ſie immerhin eine Chance mehr. Ich kann ihr ja vor¬
ſchwindeln, ich könne das Geld beſſer anlegen oder der¬
gleichen. Wenn die dummen Dinger verliebt ſind,
glauben ſie ja Alles, was man ihnen aufbindet. Und
kann ſie das Geld beſſer anlegen, als wenn ſie ſich
damit einen charmanten Kerl von Mann erkauft, der
ſie im andern Falle nicht 'eirathen würde? Me her¬
culem!
ich fühle mich ordentlich gehoben durch den
Gedanken, auf dieſe Weiſe der Wohlthäter des Mäd¬
chens zu werden. Ich will die Kleine doch gleich ein¬
mal in's Gebet nehmen. Weigert ſie ſich, ſo werde
ich ſie freilich ihrer Klugheit wegen achten müſſen,
aber mit unſerer Liebe iſt es aus!“

Albert erhob ſich und ging, die Hände auf dem
Rücken, wie es ſeine Gewohnheit war, wenn ſein
ſcharfſinniger Kopf an der Löſung eines Problems
arbeitete, langſam nach dem Schloſſe. Marguerite
ſchaltete noch in der Küchenregion; Albert verfügte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0100" n="90"/>
Marguerite im Sparka&#x017F;&#x017F;enbuche hat, kämen mir wirklich<lb/>
gelegen. Es wäre am Ende nur zu ihrem Vortheil,<lb/>
wenn ich &#x017F;ie darum ärmer machte. Denn daß ich mein<lb/>
Ver&#x017F;prechen, &#x017F;ie zu 'eirathen, ohne die dringend&#x017F;te Noth<lb/>
nicht halten werde, liegt doch für jeden Ver&#x017F;tändigen auf<lb/>
der Hand. Fühle ich mich nun ihr gegenüber nicht blos<lb/>
morali&#x017F;ch, &#x017F;ondern auch anderweitig verpflichtet, &#x017F;o hat<lb/>
&#x017F;ie immerhin eine Chance mehr. Ich kann ihr ja vor¬<lb/>
&#x017F;chwindeln, ich könne das Geld be&#x017F;&#x017F;er anlegen oder der¬<lb/>
gleichen. Wenn die dummen Dinger verliebt &#x017F;ind,<lb/>
glauben &#x017F;ie ja Alles, was man ihnen aufbindet. Und<lb/>
kann &#x017F;ie das Geld be&#x017F;&#x017F;er anlegen, als wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
damit einen charmanten Kerl von Mann erkauft, der<lb/>
&#x017F;ie im andern Falle nicht 'eirathen würde? <hi rendition="#aq">Me her¬<lb/>
culem!</hi> ich fühle mich ordentlich gehoben durch den<lb/>
Gedanken, auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e der Wohlthäter des Mäd¬<lb/>
chens zu werden. Ich will die Kleine doch gleich ein¬<lb/>
mal in's Gebet nehmen. Weigert &#x017F;ie &#x017F;ich, &#x017F;o werde<lb/>
ich &#x017F;ie freilich ihrer Klugheit wegen achten mü&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
aber mit un&#x017F;erer Liebe i&#x017F;t es aus!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Albert erhob &#x017F;ich und ging, die Hände auf dem<lb/>
Rücken, wie es &#x017F;eine Gewohnheit war, wenn &#x017F;ein<lb/>
&#x017F;charf&#x017F;inniger Kopf an der Lö&#x017F;ung eines Problems<lb/>
arbeitete, lang&#x017F;am nach dem Schlo&#x017F;&#x017F;e. Marguerite<lb/>
&#x017F;chaltete noch in der Küchenregion; Albert verfügte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0100] Marguerite im Sparkaſſenbuche hat, kämen mir wirklich gelegen. Es wäre am Ende nur zu ihrem Vortheil, wenn ich ſie darum ärmer machte. Denn daß ich mein Verſprechen, ſie zu 'eirathen, ohne die dringendſte Noth nicht halten werde, liegt doch für jeden Verſtändigen auf der Hand. Fühle ich mich nun ihr gegenüber nicht blos moraliſch, ſondern auch anderweitig verpflichtet, ſo hat ſie immerhin eine Chance mehr. Ich kann ihr ja vor¬ ſchwindeln, ich könne das Geld beſſer anlegen oder der¬ gleichen. Wenn die dummen Dinger verliebt ſind, glauben ſie ja Alles, was man ihnen aufbindet. Und kann ſie das Geld beſſer anlegen, als wenn ſie ſich damit einen charmanten Kerl von Mann erkauft, der ſie im andern Falle nicht 'eirathen würde? Me her¬ culem! ich fühle mich ordentlich gehoben durch den Gedanken, auf dieſe Weiſe der Wohlthäter des Mäd¬ chens zu werden. Ich will die Kleine doch gleich ein¬ mal in's Gebet nehmen. Weigert ſie ſich, ſo werde ich ſie freilich ihrer Klugheit wegen achten müſſen, aber mit unſerer Liebe iſt es aus!“ Albert erhob ſich und ging, die Hände auf dem Rücken, wie es ſeine Gewohnheit war, wenn ſein ſcharfſinniger Kopf an der Löſung eines Problems arbeitete, langſam nach dem Schloſſe. Marguerite ſchaltete noch in der Küchenregion; Albert verfügte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/100
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/100>, abgerufen am 06.05.2024.