Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.ich war froh, wenn ich ihr möglichst weit aus dem "Und wie lebte Fräulein Marie unterdessen?" "Sie war fast immer in Harald's Gesellschaft. ich war froh, wenn ich ihr möglichſt weit aus dem „Und wie lebte Fräulein Marie unterdeſſen?“ „Sie war faſt immer in Harald's Geſellſchaft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0244" n="234"/> ich war froh, wenn ich ihr möglichſt weit aus dem<lb/> Wege gehen konnte.“</p><lb/> <p>„Und wie lebte Fräulein Marie unterdeſſen?“</p><lb/> <p>„Sie war faſt immer in Harald's Geſellſchaft.<lb/> Ich ſah ſie des Morgens zuſammen zwiſchen den<lb/> thaufriſchen Beeten des Gartens umherſchweifen, Arm<lb/> in Arm, ſie die Augen verſchämt niederſchlagend und<lb/> Harald, eifrig und leiſe zu ihr ſprechend. Ich ſah<lb/> ſie des Nachmittags in den kühlen Zimmern, die nach<lb/> dem Park hinausliegen, ſitzen, ſie, mit einer Arbeit<lb/> beſchäftigt, die aber oft müßig in ihrem Schooß lag;<lb/> ihn, aus einem Buche vorleſend, noch öfter aber den<lb/> Arm auf die Lehne ihres Stuhles geſtützt, während<lb/> ſie ſelig lächelnd zu ihm emporſchaute, ſie mit glü¬<lb/> henden Blicken verſchlingend und ihr von Zeit zu<lb/> Zeit das ſeidenweiche braune Haar aus der ſchönen<lb/> Stirn ſtreichend. Ich ſah ſie des Abends wieder<lb/> draußen umherſchweifen, oder in den hellerleuchteten<lb/> Zimmern, Arm in Arm, langſam auf- und abwandeln,<lb/> während Tante Grenwitz auf dem Sopha ſaß und<lb/> las, oder doch that, als ob ſie läſe. — Ach! es war<lb/> eine köſtliche Zeit für das arme Kind; und ſie ſah<lb/> ſtets ſo glücklich und ſelig aus, daß es einem angſt<lb/> und bange wurde, wie das enden ſolle; und wenn ſie<lb/> mich traf, hatte ſie ſtets ein freundliches Wort für<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [234/0244]
ich war froh, wenn ich ihr möglichſt weit aus dem
Wege gehen konnte.“
„Und wie lebte Fräulein Marie unterdeſſen?“
„Sie war faſt immer in Harald's Geſellſchaft.
Ich ſah ſie des Morgens zuſammen zwiſchen den
thaufriſchen Beeten des Gartens umherſchweifen, Arm
in Arm, ſie die Augen verſchämt niederſchlagend und
Harald, eifrig und leiſe zu ihr ſprechend. Ich ſah
ſie des Nachmittags in den kühlen Zimmern, die nach
dem Park hinausliegen, ſitzen, ſie, mit einer Arbeit
beſchäftigt, die aber oft müßig in ihrem Schooß lag;
ihn, aus einem Buche vorleſend, noch öfter aber den
Arm auf die Lehne ihres Stuhles geſtützt, während
ſie ſelig lächelnd zu ihm emporſchaute, ſie mit glü¬
henden Blicken verſchlingend und ihr von Zeit zu
Zeit das ſeidenweiche braune Haar aus der ſchönen
Stirn ſtreichend. Ich ſah ſie des Abends wieder
draußen umherſchweifen, oder in den hellerleuchteten
Zimmern, Arm in Arm, langſam auf- und abwandeln,
während Tante Grenwitz auf dem Sopha ſaß und
las, oder doch that, als ob ſie läſe. — Ach! es war
eine köſtliche Zeit für das arme Kind; und ſie ſah
ſtets ſo glücklich und ſelig aus, daß es einem angſt
und bange wurde, wie das enden ſolle; und wenn ſie
mich traf, hatte ſie ſtets ein freundliches Wort für
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