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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.

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"Natürlich, gnädige Frau!" sagte ich. "Nun denn,"
sagte sie, lieber Bemperlein, gehen Sie hinüber nach
Grenwitz, bringen Sie Herrn Doctor Stein eine Empfeh¬
lung von mir, und erzählen Sie ihm ganz ausführlich,
was Sie mir eben gesagt haben; und was er Ihnen
dann antwortet, das nehmen Sie für meine Antwort."

Auf Oswalds Lippen schwebte ein stolzes Lächeln.
Er sah in dieser Demuth Melitta's eine ihm darge¬
brachte Huldigung; er fühlte, daß sie ihrer Liebe keinen
reineren Ausdruck geben konnte, als durch dieses Geständ¬
niß, wie fortan ihre Existenz in der ihres Geliebten aufgehe.

"Wie Sie sich aus dieser Verlegenheit ziehen wer¬
den," fuhr Herr Bemperlein fort, "ist Ihre Sache;
die Stelle des Vertrauten ist Ihnen einmal zugetheilt,
und Sie müssen dieselbe herunterspielen, so gut Sie
können. Die Sache ist nämlich einfach die, oder viel¬
mehr gar nicht einfach, sondern sehr complicirter Weise,
auf alle Fälle indessen ist die Sache die: Ich bin näm¬
lich -- ich habe nämlich -- Aber hier kann ich Ihnen
das nicht erzählen, ich muß dazu den Himmel über
mir haben, denn unter dem Himmel sind mir die Ge¬
danken gekommen, die eine solche Revolution in meinem
Innern hervorbrachten. Sie thäten mir also einen
Gefallen, Herr Collega, wenn Sie mir nach Berkow
das Geleit geben wollten. Unterwegs lege ich Ihnen

„Natürlich, gnädige Frau!“ ſagte ich. „Nun denn,“
ſagte ſie, lieber Bemperlein, gehen Sie hinüber nach
Grenwitz, bringen Sie Herrn Doctor Stein eine Empfeh¬
lung von mir, und erzählen Sie ihm ganz ausführlich,
was Sie mir eben geſagt haben; und was er Ihnen
dann antwortet, das nehmen Sie für meine Antwort.“

Auf Oswalds Lippen ſchwebte ein ſtolzes Lächeln.
Er ſah in dieſer Demuth Melitta's eine ihm darge¬
brachte Huldigung; er fühlte, daß ſie ihrer Liebe keinen
reineren Ausdruck geben konnte, als durch dieſes Geſtänd¬
niß, wie fortan ihre Exiſtenz in der ihres Geliebten aufgehe.

„Wie Sie ſich aus dieſer Verlegenheit ziehen wer¬
den,“ fuhr Herr Bemperlein fort, „iſt Ihre Sache;
die Stelle des Vertrauten iſt Ihnen einmal zugetheilt,
und Sie müſſen dieſelbe herunterſpielen, ſo gut Sie
können. Die Sache iſt nämlich einfach die, oder viel¬
mehr gar nicht einfach, ſondern ſehr complicirter Weiſe,
auf alle Fälle indeſſen iſt die Sache die: Ich bin näm¬
lich — ich habe nämlich — Aber hier kann ich Ihnen
das nicht erzählen, ich muß dazu den Himmel über
mir haben, denn unter dem Himmel ſind mir die Ge¬
danken gekommen, die eine ſolche Revolution in meinem
Innern hervorbrachten. Sie thäten mir alſo einen
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[229/0239] „Natürlich, gnädige Frau!“ ſagte ich. „Nun denn,“ ſagte ſie, lieber Bemperlein, gehen Sie hinüber nach Grenwitz, bringen Sie Herrn Doctor Stein eine Empfeh¬ lung von mir, und erzählen Sie ihm ganz ausführlich, was Sie mir eben geſagt haben; und was er Ihnen dann antwortet, das nehmen Sie für meine Antwort.“ Auf Oswalds Lippen ſchwebte ein ſtolzes Lächeln. Er ſah in dieſer Demuth Melitta's eine ihm darge¬ brachte Huldigung; er fühlte, daß ſie ihrer Liebe keinen reineren Ausdruck geben konnte, als durch dieſes Geſtänd¬ niß, wie fortan ihre Exiſtenz in der ihres Geliebten aufgehe. „Wie Sie ſich aus dieſer Verlegenheit ziehen wer¬ den,“ fuhr Herr Bemperlein fort, „iſt Ihre Sache; die Stelle des Vertrauten iſt Ihnen einmal zugetheilt, und Sie müſſen dieſelbe herunterſpielen, ſo gut Sie können. Die Sache iſt nämlich einfach die, oder viel¬ mehr gar nicht einfach, ſondern ſehr complicirter Weiſe, auf alle Fälle indeſſen iſt die Sache die: Ich bin näm¬ lich — ich habe nämlich — Aber hier kann ich Ihnen das nicht erzählen, ich muß dazu den Himmel über mir haben, denn unter dem Himmel ſind mir die Ge¬ danken gekommen, die eine ſolche Revolution in meinem Innern hervorbrachten. Sie thäten mir alſo einen Gefallen, Herr Collega, wenn Sie mir nach Berkow das Geleit geben wollten. Unterwegs lege ich Ihnen

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/239>, abgerufen am 24.11.2024.