deshalb nicht für einen sentimentalen Gesellen halten werden."
"Ich kann Sie nur versichern, daß Sie Ihr Ver¬ trauen keinem Unwürdigen schenken, Herr Bemperlein, auch wenn Sie mir nicht erlauben wollen, mit Ihnen ganz zu sympathisiren."
"Ich Ihnen das nicht erlauben? Es ist mein innig¬ ster Wunsch, daß Sie das nicht vermöchten, um so mehr, als ich, offen gestanden, hauptsächlich in der ganz egoistischen Absicht herübergekommen bin, Sie in einer für mich hochwichtigen Angelegenheit um Rath zu fragen."
"Mich?"
"Ja, Sie! Ich will Ihnen auch ganz offen sagen, wie Sie dazu kommen, bei mir die Stelle des weisen Einsiedlers im Walde, zu dem sich die vom Zweifel ge¬ plagte Creatur flüchtet, einzunehmen. Sie sind zu diesem verantwortlichen Amte durch eine Stimme er¬ hoben, gegen die für mich kein Appel existirt; ich meine durch die Stimme der Frau von Berkow. Ich ver¬ suchte ihr heute Morgen auseinanderzusetzen, was ich Ihnen alsbald mit Ihrer gütigen Erlaubniß mittheilen will; sie hörte mich mit himmlischer Geduld von An¬ fang bis zu Ende an und sagte dann, ihre Hand für einen Augenblick auf die meinige legend: "Lieber Bem¬ perlein, sagte sie, wollen Sie meinen Rath hören?
deshalb nicht für einen ſentimentalen Geſellen halten werden.“
„Ich kann Sie nur verſichern, daß Sie Ihr Ver¬ trauen keinem Unwürdigen ſchenken, Herr Bemperlein, auch wenn Sie mir nicht erlauben wollen, mit Ihnen ganz zu ſympathiſiren.“
„Ich Ihnen das nicht erlauben? Es iſt mein innig¬ ſter Wunſch, daß Sie das nicht vermöchten, um ſo mehr, als ich, offen geſtanden, hauptſächlich in der ganz egoiſtiſchen Abſicht herübergekommen bin, Sie in einer für mich hochwichtigen Angelegenheit um Rath zu fragen.“
„Mich?“
„Ja, Sie! Ich will Ihnen auch ganz offen ſagen, wie Sie dazu kommen, bei mir die Stelle des weiſen Einſiedlers im Walde, zu dem ſich die vom Zweifel ge¬ plagte Creatur flüchtet, einzunehmen. Sie ſind zu dieſem verantwortlichen Amte durch eine Stimme er¬ hoben, gegen die für mich kein Appel exiſtirt; ich meine durch die Stimme der Frau von Berkow. Ich ver¬ ſuchte ihr heute Morgen auseinanderzuſetzen, was ich Ihnen alsbald mit Ihrer gütigen Erlaubniß mittheilen will; ſie hörte mich mit himmliſcher Geduld von An¬ fang bis zu Ende an und ſagte dann, ihre Hand für einen Augenblick auf die meinige legend: „Lieber Bem¬ perlein, ſagte ſie, wollen Sie meinen Rath hören?
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deshalb nicht für einen ſentimentalen Geſellen halten
werden.“
„Ich kann Sie nur verſichern, daß Sie Ihr Ver¬
trauen keinem Unwürdigen ſchenken, Herr Bemperlein,
auch wenn Sie mir nicht erlauben wollen, mit Ihnen
ganz zu ſympathiſiren.“
„Ich Ihnen das nicht erlauben? Es iſt mein innig¬
ſter Wunſch, daß Sie das nicht vermöchten, um ſo
mehr, als ich, offen geſtanden, hauptſächlich in der ganz
egoiſtiſchen Abſicht herübergekommen bin, Sie in einer
für mich hochwichtigen Angelegenheit um Rath zu fragen.“
„Mich?“
„Ja, Sie! Ich will Ihnen auch ganz offen ſagen,
wie Sie dazu kommen, bei mir die Stelle des weiſen
Einſiedlers im Walde, zu dem ſich die vom Zweifel ge¬
plagte Creatur flüchtet, einzunehmen. Sie ſind zu
dieſem verantwortlichen Amte durch eine Stimme er¬
hoben, gegen die für mich kein Appel exiſtirt; ich meine
durch die Stimme der Frau von Berkow. Ich ver¬
ſuchte ihr heute Morgen auseinanderzuſetzen, was ich
Ihnen alsbald mit Ihrer gütigen Erlaubniß mittheilen
will; ſie hörte mich mit himmliſcher Geduld von An¬
fang bis zu Ende an und ſagte dann, ihre Hand für
einen Augenblick auf die meinige legend: „Lieber Bem¬
perlein, ſagte ſie, wollen Sie meinen Rath hören?
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/238>, abgerufen am 16.02.2025.
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