Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.Cülows überschütteten die Standesgenossin mit Auf¬ "Offen gestanden nur halb, gnädige Frau. Ihrer Melitta sah Oswald voll in die Augen und ant¬ "Sehen Sie, das ist hübsch, daß Sie so denken; Cülows überſchütteten die Standesgenoſſin mit Auf¬ „Offen geſtanden nur halb, gnädige Frau. Ihrer Melitta ſah Oswald voll in die Augen und ant¬ „Sehen Sie, das iſt hübſch, daß Sie ſo denken; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0164" n="154"/> Cülows überſchütteten die Standesgenoſſin mit Auf¬<lb/> merkſamkeiten und bedauerten einmal über das andere<lb/> ihre Unkenntniß der lateiniſchen Sprache, die es ihnen<lb/> unmöglich mache, ſich mit der fremden Dame in eine,<lb/> jedenfalls höchſt geiſtreiche und intereſſante Converſa¬<lb/> tion einzulaſſen. Die kleine Czika wanderte von einem<lb/> Schooß auf den andern, und wurde mit Leckerbiſſen<lb/> und Küſſen faſt erſtickt. — Kurz, die Comödie ſpielte<lb/> zu meiner größten Zufriedenheit bis zu Ende, und in<lb/> den nächſten Tagen war die ganze Nachbarſchaft voll<lb/> von „der braunen Gräfin,“ wie man die Freundin<lb/> Melitta's von Berkow kurzweg zu nennen beliebte.<lb/> Nun wie gefällt Ihnen die Geſchichte?“</p><lb/> <p>„Offen geſtanden nur halb, gnädige Frau. Ihrer<lb/> vornehmen Geſellſchaft gönne ich die Myſtification von<lb/> ganzem Herzen, aber es thut mir weh, wenn ich ſehe,<lb/> wie der Arme und Hülfloſe, eben weil er arm und<lb/> hülflos iſt, ſich zum Spielding des Reichen und Mäch¬<lb/> tigen hergeben muß.“</p><lb/> <p>Melitta ſah Oswald voll in die Augen und ant¬<lb/> wortete ohne die mindeſte Spur von Empfindlichkeit:</p><lb/> <p>„Sehen Sie, das iſt hübſch, daß Sie ſo denken;<lb/> und noch hübſcher finde ich es, daß Sie es mir ſo<lb/> geradezu ſagen. Aber ich habe Ihnen ja von vorn¬<lb/> herein zugeſtanden: es war ein dummer Streich, den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0164]
Cülows überſchütteten die Standesgenoſſin mit Auf¬
merkſamkeiten und bedauerten einmal über das andere
ihre Unkenntniß der lateiniſchen Sprache, die es ihnen
unmöglich mache, ſich mit der fremden Dame in eine,
jedenfalls höchſt geiſtreiche und intereſſante Converſa¬
tion einzulaſſen. Die kleine Czika wanderte von einem
Schooß auf den andern, und wurde mit Leckerbiſſen
und Küſſen faſt erſtickt. — Kurz, die Comödie ſpielte
zu meiner größten Zufriedenheit bis zu Ende, und in
den nächſten Tagen war die ganze Nachbarſchaft voll
von „der braunen Gräfin,“ wie man die Freundin
Melitta's von Berkow kurzweg zu nennen beliebte.
Nun wie gefällt Ihnen die Geſchichte?“
„Offen geſtanden nur halb, gnädige Frau. Ihrer
vornehmen Geſellſchaft gönne ich die Myſtification von
ganzem Herzen, aber es thut mir weh, wenn ich ſehe,
wie der Arme und Hülfloſe, eben weil er arm und
hülflos iſt, ſich zum Spielding des Reichen und Mäch¬
tigen hergeben muß.“
Melitta ſah Oswald voll in die Augen und ant¬
wortete ohne die mindeſte Spur von Empfindlichkeit:
„Sehen Sie, das iſt hübſch, daß Sie ſo denken;
und noch hübſcher finde ich es, daß Sie es mir ſo
geradezu ſagen. Aber ich habe Ihnen ja von vorn¬
herein zugeſtanden: es war ein dummer Streich, den
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