Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

mals eine große Gesellschaft geben. Und -- jetzt kommt
der dumme Einfall -- um unserer albernen Sippe
einen Possen zu spielen, denn das war doch der eigent¬
liche Grund, kleide ich die Isabel in das prächtigste
Kleid, das ich in meiner Garderobe auffinden kann,
lasse die Czika von meiner Kammerfrau herausputzen
und präsentire sie der Gesellschaft als Isabella Gräfin
von Kryvan mit ihrem Töchterchen Czika, die ich im
vorigen Jahre in Marienbad kennen gelernt hätte und
die so eben aus dem fernen Ungarland mich zu be¬
suchen gekommen sei."

"Und was sagte die Gesellschaft?"

"Sie war entzückt. Ich hatte ihr vorher angekün¬
digt, daß Isabella von dem streng nationalen ungari¬
schen Adel sei, der sich das Wort gegeben habe, nie
etwas Anderes, wie die Nationalsprache und außerdem
nur noch Lateinisch zu sprechen."

"Glaubte die Gesellschaft denn das? und versuchten
die Herren nicht, eine lateinische Conversation zu be¬
ginnen?"

"Unserer Gesellschaft kann man Alles aufbinden,
und was unsere Herren betrifft, so ist lateinisch ihnen
spanisch. Isabella, das muß man ihr lassen, füllte
ihren Platz auf dem Sopha mit wahrhaft königlichem
Anstande aus, und die Griebens, die Trantows, die

mals eine große Geſellſchaft geben. Und — jetzt kommt
der dumme Einfall — um unſerer albernen Sippe
einen Poſſen zu ſpielen, denn das war doch der eigent¬
liche Grund, kleide ich die Iſabel in das prächtigſte
Kleid, das ich in meiner Garderobe auffinden kann,
laſſe die Czika von meiner Kammerfrau herausputzen
und präſentire ſie der Geſellſchaft als Iſabella Gräfin
von Kryvan mit ihrem Töchterchen Czika, die ich im
vorigen Jahre in Marienbad kennen gelernt hätte und
die ſo eben aus dem fernen Ungarland mich zu be¬
ſuchen gekommen ſei.“

„Und was ſagte die Geſellſchaft?“

„Sie war entzückt. Ich hatte ihr vorher angekün¬
digt, daß Iſabella von dem ſtreng nationalen ungari¬
ſchen Adel ſei, der ſich das Wort gegeben habe, nie
etwas Anderes, wie die Nationalſprache und außerdem
nur noch Lateiniſch zu ſprechen.“

„Glaubte die Geſellſchaft denn das? und verſuchten
die Herren nicht, eine lateiniſche Converſation zu be¬
ginnen?“

„Unſerer Geſellſchaft kann man Alles aufbinden,
und was unſere Herren betrifft, ſo iſt lateiniſch ihnen
ſpaniſch. Iſabella, das muß man ihr laſſen, füllte
ihren Platz auf dem Sopha mit wahrhaft königlichem
Anſtande aus, und die Griebens, die Trantows, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0163" n="153"/>
mals eine große Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft geben. Und &#x2014; jetzt kommt<lb/>
der dumme Einfall &#x2014; um un&#x017F;erer albernen Sippe<lb/>
einen Po&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;pielen, denn das war doch der eigent¬<lb/>
liche Grund, kleide ich die I&#x017F;abel in das prächtig&#x017F;te<lb/>
Kleid, das ich in meiner Garderobe auffinden kann,<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e die Czika von meiner Kammerfrau herausputzen<lb/>
und prä&#x017F;entire &#x017F;ie der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft als I&#x017F;abella Gräfin<lb/>
von Kryvan mit ihrem Töchterchen Czika, die ich im<lb/>
vorigen Jahre in Marienbad kennen gelernt hätte und<lb/>
die &#x017F;o eben aus dem fernen Ungarland mich zu be¬<lb/>
&#x017F;uchen gekommen &#x017F;ei.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und was &#x017F;agte die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie war entzückt. Ich hatte ihr vorher angekün¬<lb/>
digt, daß I&#x017F;abella von dem &#x017F;treng nationalen ungari¬<lb/>
&#x017F;chen Adel &#x017F;ei, der &#x017F;ich das Wort gegeben habe, nie<lb/>
etwas Anderes, wie die National&#x017F;prache und außerdem<lb/>
nur noch Lateini&#x017F;ch zu &#x017F;prechen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Glaubte die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft denn das? und ver&#x017F;uchten<lb/>
die Herren nicht, eine lateini&#x017F;che Conver&#x017F;ation zu be¬<lb/>
ginnen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Un&#x017F;erer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft kann man Alles aufbinden,<lb/>
und was un&#x017F;ere Herren betrifft, &#x017F;o i&#x017F;t lateini&#x017F;ch ihnen<lb/>
&#x017F;pani&#x017F;ch. I&#x017F;abella, das muß man ihr la&#x017F;&#x017F;en, füllte<lb/>
ihren Platz auf dem Sopha mit wahrhaft königlichem<lb/>
An&#x017F;tande aus, und die Griebens, die Trantows, die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0163] mals eine große Geſellſchaft geben. Und — jetzt kommt der dumme Einfall — um unſerer albernen Sippe einen Poſſen zu ſpielen, denn das war doch der eigent¬ liche Grund, kleide ich die Iſabel in das prächtigſte Kleid, das ich in meiner Garderobe auffinden kann, laſſe die Czika von meiner Kammerfrau herausputzen und präſentire ſie der Geſellſchaft als Iſabella Gräfin von Kryvan mit ihrem Töchterchen Czika, die ich im vorigen Jahre in Marienbad kennen gelernt hätte und die ſo eben aus dem fernen Ungarland mich zu be¬ ſuchen gekommen ſei.“ „Und was ſagte die Geſellſchaft?“ „Sie war entzückt. Ich hatte ihr vorher angekün¬ digt, daß Iſabella von dem ſtreng nationalen ungari¬ ſchen Adel ſei, der ſich das Wort gegeben habe, nie etwas Anderes, wie die Nationalſprache und außerdem nur noch Lateiniſch zu ſprechen.“ „Glaubte die Geſellſchaft denn das? und verſuchten die Herren nicht, eine lateiniſche Converſation zu be¬ ginnen?“ „Unſerer Geſellſchaft kann man Alles aufbinden, und was unſere Herren betrifft, ſo iſt lateiniſch ihnen ſpaniſch. Iſabella, das muß man ihr laſſen, füllte ihren Platz auf dem Sopha mit wahrhaft königlichem Anſtande aus, und die Griebens, die Trantows, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/163
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/163>, abgerufen am 22.11.2024.