der im Grase gelegen hatte, richtete sich langsam empor, als er die Thür in den Angeln kreischen hörte und kam Oswald wedelnd entgegen. "Nun, das ist wenig¬ stens ein freundlicher Willkomm!" sprach der junge Mann bei sich, während er, das prachtvolle Thier streichelnd, weiter schritt. Rechts blickte er über ein niedriges Stacket in einen blühenden Garten. Mit dem Stacket in einer Linie war die Front des Herren¬ hauses, ein zweistöckiges, schmuckloses Gebäude, das sich indessen mit seiner altersgrauen Farbe, dem großen steinernen Balkon über der Thür und den zwei gewal¬ tigen Linden davor, recht stattlich ausnahm. Die drei anderen Seiten des geräumigen Hofes waren von den Wirthschaftsgebäuden eingenommen. Ein Stacket und eine Reihe junger Obstbäume war parallel mit dem Wohnhause quer über den Hof gezogen, als Schranke zwischen diesem und dem Rasenplatz vor dem Hause. Oswald blickte, an der Front desselben hinschreitend, durch die offenen Fenster in schöne Zimmer. Es war Niemand darin. Er blickte durch die ebenfalls offen¬ stehende Hausthür auf den mit Steinfließen ausgelegten Flur. Eine große Wanduhr schwatzte in der lautlosen Stille. Auch auf dem Hofe regte sich nichts. Der ganze Platz war wie ausgestorben, nur die Spatzen zwitscherten und lärmten in den Linden, und die
der im Graſe gelegen hatte, richtete ſich langſam empor, als er die Thür in den Angeln kreiſchen hörte und kam Oswald wedelnd entgegen. „Nun, das iſt wenig¬ ſtens ein freundlicher Willkomm!“ ſprach der junge Mann bei ſich, während er, das prachtvolle Thier ſtreichelnd, weiter ſchritt. Rechts blickte er über ein niedriges Stacket in einen blühenden Garten. Mit dem Stacket in einer Linie war die Front des Herren¬ hauſes, ein zweiſtöckiges, ſchmuckloſes Gebäude, das ſich indeſſen mit ſeiner altersgrauen Farbe, dem großen ſteinernen Balkon über der Thür und den zwei gewal¬ tigen Linden davor, recht ſtattlich ausnahm. Die drei anderen Seiten des geräumigen Hofes waren von den Wirthſchaftsgebäuden eingenommen. Ein Stacket und eine Reihe junger Obſtbäume war parallel mit dem Wohnhauſe quer über den Hof gezogen, als Schranke zwiſchen dieſem und dem Raſenplatz vor dem Hauſe. Oswald blickte, an der Front deſſelben hinſchreitend, durch die offenen Fenſter in ſchöne Zimmer. Es war Niemand darin. Er blickte durch die ebenfalls offen¬ ſtehende Hausthür auf den mit Steinfließen ausgelegten Flur. Eine große Wanduhr ſchwatzte in der lautloſen Stille. Auch auf dem Hofe regte ſich nichts. Der ganze Platz war wie ausgeſtorben, nur die Spatzen zwitſcherten und lärmten in den Linden, und die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0156"n="146"/>
der im Graſe gelegen hatte, richtete ſich langſam empor,<lb/>
als er die Thür in den Angeln kreiſchen hörte und<lb/>
kam Oswald wedelnd entgegen. „Nun, das iſt wenig¬<lb/>ſtens ein freundlicher Willkomm!“ſprach der junge<lb/>
Mann bei ſich, während er, das prachtvolle Thier<lb/>ſtreichelnd, weiter ſchritt. Rechts blickte er über ein<lb/>
niedriges Stacket in einen blühenden Garten. Mit<lb/>
dem Stacket in einer Linie war die Front des Herren¬<lb/>
hauſes, ein zweiſtöckiges, ſchmuckloſes Gebäude, das ſich<lb/>
indeſſen mit ſeiner altersgrauen Farbe, dem großen<lb/>ſteinernen Balkon über der Thür und den zwei gewal¬<lb/>
tigen Linden davor, recht ſtattlich ausnahm. Die drei<lb/>
anderen Seiten des geräumigen Hofes waren von den<lb/>
Wirthſchaftsgebäuden eingenommen. Ein Stacket und<lb/>
eine Reihe junger Obſtbäume war parallel mit dem<lb/>
Wohnhauſe quer über den Hof gezogen, als Schranke<lb/>
zwiſchen dieſem und dem Raſenplatz vor dem Hauſe.<lb/>
Oswald blickte, an der Front deſſelben hinſchreitend,<lb/>
durch die offenen Fenſter in ſchöne Zimmer. Es war<lb/>
Niemand darin. Er blickte durch die ebenfalls offen¬<lb/>ſtehende Hausthür auf den mit Steinfließen ausgelegten<lb/>
Flur. Eine große Wanduhr ſchwatzte in der lautloſen<lb/>
Stille. Auch auf dem Hofe regte ſich nichts. Der<lb/>
ganze Platz war wie ausgeſtorben, nur die Spatzen<lb/>
zwitſcherten und lärmten in den Linden, und die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[146/0156]
der im Graſe gelegen hatte, richtete ſich langſam empor,
als er die Thür in den Angeln kreiſchen hörte und
kam Oswald wedelnd entgegen. „Nun, das iſt wenig¬
ſtens ein freundlicher Willkomm!“ ſprach der junge
Mann bei ſich, während er, das prachtvolle Thier
ſtreichelnd, weiter ſchritt. Rechts blickte er über ein
niedriges Stacket in einen blühenden Garten. Mit
dem Stacket in einer Linie war die Front des Herren¬
hauſes, ein zweiſtöckiges, ſchmuckloſes Gebäude, das ſich
indeſſen mit ſeiner altersgrauen Farbe, dem großen
ſteinernen Balkon über der Thür und den zwei gewal¬
tigen Linden davor, recht ſtattlich ausnahm. Die drei
anderen Seiten des geräumigen Hofes waren von den
Wirthſchaftsgebäuden eingenommen. Ein Stacket und
eine Reihe junger Obſtbäume war parallel mit dem
Wohnhauſe quer über den Hof gezogen, als Schranke
zwiſchen dieſem und dem Raſenplatz vor dem Hauſe.
Oswald blickte, an der Front deſſelben hinſchreitend,
durch die offenen Fenſter in ſchöne Zimmer. Es war
Niemand darin. Er blickte durch die ebenfalls offen¬
ſtehende Hausthür auf den mit Steinfließen ausgelegten
Flur. Eine große Wanduhr ſchwatzte in der lautloſen
Stille. Auch auf dem Hofe regte ſich nichts. Der
ganze Platz war wie ausgeſtorben, nur die Spatzen
zwitſcherten und lärmten in den Linden, und die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/156>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.