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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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Exempeln der Ersten Christlichen Kirche/
welche in solchem seligen Stand gestanden/
daß man nach der ersten Epistel Johannis/
die Christen ins gemein an ihrem gottse-
ligen leben erkannt/ und von andern leu-
ten unterscheiden hat; Wie daselbst ge-
nugsame zeugnüssen angeführet werden/
und sonst aller Orten zu finden sind. Wie
nun der zustand der Christlichen Kirchen
solcher Zeit unser laues und kaltes We-
sen gantz zu schanden machet/ als schliesset
gedachter liebe Mann ferner wol/ daß das
jenige so wir suchen nicht unmüglich sey/
wie ihnen viel die einbildung machen/
weilen ja eben der Heilige Geist/ welcher
vor dem in solchen ersten Christen alles
gewürcket/ in der heiligen Tauff über uns
alle gleich reichlich außgegossen worden/
und heut zu tag weder unvermöglicher
noch säumiger ist/ das Werck der heili-
gung in uns zu verrichten. Daß also ein
gantz ungegründete außflucht ist/ wann
man unser Schein- Christenthumb zu be-
mänteln vorgiebet/ die heroische Christen-
Tugenden der Ersten Kirch seyen auß dem
Sonder- und Wunder - Glauben geflossen/

welcher

Exempeln der Erſten Chriſtlichen Kirche/
welche in ſolchem ſeligen Stand geſtanden/
daß man nach der erſten Epiſtel Johannis/
die Chriſten ins gemein an ihrem gottſe-
ligen leben erkannt/ und von andern leu-
ten unterſcheiden hat; Wie daſelbſt ge-
nugſame zeugnuͤſſen angefuͤhret werden/
und ſonſt aller Orten zu finden ſind. Wie
nun der zuſtand der Chriſtlichen Kirchen
ſolcher Zeit unſer laues und kaltes We-
ſen gantz zu ſchanden machet/ als ſchlieſſet
gedachter liebe Mann ferner wol/ daß das
jenige ſo wir ſuchen nicht unmuͤglich ſey/
wie ihnen viel die einbildung machen/
weilen ja eben der Heilige Geiſt/ welcher
vor dem in ſolchen erſten Chriſten alles
gewuͤrcket/ in der heiligen Tauff uͤber uns
alle gleich reichlich außgegoſſen worden/
und heut zu tag weder unvermoͤglicher
noch ſaͤumiger iſt/ das Werck der heili-
gung in uns zu verrichten. Daß alſo ein
gantz ungegründete außflucht iſt/ wann
man unſer Schein- Chriſtenthumb zu be-
maͤnteln vorgiebet/ die heroiſche Chriſten-
Tugenden der Erſten Kirch ſeyen auß dem
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[238/0264] Exempeln der Erſten Chriſtlichen Kirche/ welche in ſolchem ſeligen Stand geſtanden/ daß man nach der erſten Epiſtel Johannis/ die Chriſten ins gemein an ihrem gottſe- ligen leben erkannt/ und von andern leu- ten unterſcheiden hat; Wie daſelbſt ge- nugſame zeugnuͤſſen angefuͤhret werden/ und ſonſt aller Orten zu finden ſind. Wie nun der zuſtand der Chriſtlichen Kirchen ſolcher Zeit unſer laues und kaltes We- ſen gantz zu ſchanden machet/ als ſchlieſſet gedachter liebe Mann ferner wol/ daß das jenige ſo wir ſuchen nicht unmuͤglich ſey/ wie ihnen viel die einbildung machen/ weilen ja eben der Heilige Geiſt/ welcher vor dem in ſolchen erſten Chriſten alles gewuͤrcket/ in der heiligen Tauff uͤber uns alle gleich reichlich außgegoſſen worden/ und heut zu tag weder unvermoͤglicher noch ſaͤumiger iſt/ das Werck der heili- gung in uns zu verrichten. Daß alſo ein gantz ungegründete außflucht iſt/ wann man unſer Schein- Chriſtenthumb zu be- maͤnteln vorgiebet/ die heroiſche Chriſten- Tugenden der Erſten Kirch ſeyen auß dem Sonder- und Wunder - Glauben gefloſſen/ welcher

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/264>, abgerufen am 27.11.2024.